Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
IT-Spezialist, die nächsten drei Wochen in Urlaub. Irgendwo am Strand in Thailand, glaube ich.«
»Schön für ihn«, sagte die Frau mit dem rostroten Haar mit einem Anflug von Neid in der Stimme. »Ich wünschte, ich könnte auch Sonne und Meer genießen.« Sie seufzte. »Schauen Sie, ich weiß nicht, warum Sie nicht die richtigen Unterlagen haben. Da muss irgendjemand irgendwo geschlampt haben. Wiesbaden sollte gestern eigentlich alles hergefaxt haben.«
Sie wühlte in einer Innentasche ihres Aktenkoffers herum und zog ein gefaltetes Blatt Papier hervor. »Hier ist meine Kopie. Sehen Sie?«
Nervös auf der Unterlippe kauend erhob sich der Wachmann von seinem Stuhl. Schnell überflog er die Kopie, die sie ihm gereicht hatte. Es war eine Anweisung an die Computerspezialistin Petra Vogel – auf offiziellem Briefpapier gedruckt und unterschrieben vom Leiter der Abteilung für Informationstechnik –, die Software der BKA-Büros im Nikolaiviertel auf den neuesten Stand zu bringen.
Als ihm eine Ungereimtheit auffiel, erhellte sich Fromms Miene.
»Da haben wir das Problem!«, sagte er, indem er auf die Telefonnummer oben im Dokument zeigte. »Es wurde an die falsche Adresse geschickt. Unsere Faxnummer endet mit 46 46. Aber Ihr Büro in Wiesbaden hat es stattdessen an die 46 47 geschickt. Wahrscheinlich ist es bei einer Bäckerei oder einem Blumenladen oder einem anderen Laden in der Nachbarschaft gelandet.«
Die junge Frau beugte sich vor, um das Dokument genauer zu betrachten, und brachte ihr Gesicht sehr nah an seines heran. Fromm schluckte schwer, plötzlich fühlte er sich, als würden Hemdkragen und Krawatte ihn ersticken. Der frische, saubere Blumenduft ihres Parfums stieg ihm in die Nase.
»Unglaublich«, murmelte sie. »Sie haben es verpatzt. Und um diese Zeit ist das Büro in Wiesbaden geschlossen, bis morgen früh.« Sie seufzte. »Was soll ich denn jetzt machen? In mein Hotel zurückgehen, die Beine hochlegen und darauf warten, dass die dusselige Sekretärin des Direktors das Durcheinander, das sie angerichtet hat, wieder ins Reine bringt?«
Fromm zuckte hilflos die Achseln. »Tut mir leid«, sagte er. »Aber ich wüsste nicht, was Sie sonst tun könnten.«
Die Frau mit den rostroten Haaren stöhnte enttäuscht. »Schade.« Sie zog einen kleinen Schmollmund und machte Anstalten, ihren Koffer wieder zuzuklappen. »Wissen Sie, ich wollte diesen Auftrag gern heute Abend erledigen, damit ich morgen einen Tag frei nehmen kann, um etwas mehr von Berlin zu sehen.«
Fromm bemerkte etwas, was er für einen gewissen Unterton hielt. Er räusperte sich. »Haben Sie hier Freunde? Oder vielleicht Familie?«
»Nein, nichts von beidem.« Unter ihren langen, halb gesenkten Wimpern hervor sah sie ihn vielsagend an. »Ich hatte gehofft, hier einen Freund zu finden. Jemanden, der sich in Berlin gut auskennt. Jemanden, der mich herumführen könnte … mich vielleicht sogar in die aufregendsten neuen Clubs mitnehmen würde.« Dann seufzte sie. »Aber ich schätze, stattdessen werde ich hier hocken
und versuchen, den Auftrag zu Ende zu bringen, ehe mein Zug fährt …«
»Nein, nein, Fräulein«, sagte Fromm mit erstickter Stimme. »Das wird nicht nötig sein.« Er hielt ihren Erlaubnisschein hoch. »Schauen Sie, es ist doch ganz leicht. Ich mache jetzt hiervon eine Kopie für unsere Unterlagen. Dann tun wir einfach so, als wäre die Genehmigung, wie vorgesehen, per Fax eingetroffen. Und Sie können loslegen und Ihre Arbeit noch heute Abend beenden, wie geplant.«
»Das würden Sie für mich tun? Die Vorschriften umgehen, meine ich«, fragte die junge Frau.
»Aber ja«, erwiderte Fromm angeberisch und plusterte sich auf. »Natürlich. Ich bin der diensthabende Sicherheitschef. Also ist das kein Problem. Ganz und gar nicht.«
»Das wäre wunderbar«, flötete sie, und dabei strahlte sie ihn auf eine Art an, die ihn nervös schlucken ließ.
Zwanzig Minuten später stand die Frau, die sich Petra Vogel nannte, auf einem Treppenabsatz im menschenleeren fünften Stock des Gebäudes und beobachtete Fromm, wie er schwerfällig die Haupttreppe ins Erdgeschoss hinunterstapfte.
Sobald er außer Sichtweite war, rümpfte CIA-Agentin Randi Russell verächtlich die Nase. »Ein echter Trottel«, murmelte sie. »Aber ein Geschenk für mich.«
Dann holte sie tief Luft und konzentrierte sich auf den riskanten Einsatz, der vor ihr lag. Nun, da sie mit den Waffen der Frau die Festung gestürmt hatte, war es an der Zeit, in den
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