Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
Inhalt der fünf Metallkisten zu untersuchen, die sich darin befanden.
Lange lächelte grimmig, als er die Auswahl tödlicher Waffen sah, die in vier der fünf Transportkisten lagen: Heckler & Koch Maschinenpistolen, Pistolen von H&K und Walther, Ersatzmunition, Blöcke mit Plastiksprengstoff, Sprengkapseln und Zünder. Die fünfte Kiste enthielt kugelsichere Westen, Funkgeräte, schwarze Overalls, Einsatzwesten und tannengrüne Baretts, die denen von der deutschen GSG-9 Anti-Terror-Elitetruppe ähnelten. Offenbar wollte Brandt nichts riskieren. Sein Killerkommando war für beinahe jede Eventualität gerüstet.
»Haben Sie bereits ein Ziel?«, fragte der untersetzte Mann neugierig.
Lange presste die schmalen Lippen aufeinander. »Noch nicht.« Stirnrunzelnd klappte er den Kofferraum zu und trat zurück. »Doch ich rechne damit, die nächsten Befehle aus Moskau schon sehr bald zu erhalten.«
Kasachstan
Eine Reihe langer, karger Hügel erhob sich nördlich des Flusses Derkul. Auf ihren Gipfeln standen verstreut einige Ansammlungen verkrüppelter Bäume, doch die Abhänge waren meist unbewachsen, nur mit einem Teppich aus langem trockenem Gras überzogen. Jenseits des Flusses wurde das Terrain flacher und neigte sich im Süden und Osten dem fernen Horizont zu. Dies war die nordwestliche Ecke der riesigen Steppen, die einen Großteil von Kasachstan ausmachen.
Speznas-Oberleutnant Juri Timofejew lag versteckt in dem hohen toten Gras gleich unterhalb des niedrigen Hügelkamms. Die gedämpften Beige- und Brauntöne seines Tarnanzuges und seiner Sturmhaube verschmolzen nahezu nahtlos mit der natürlichen Umgebung, was ihn für jeden, der weiter als zwanzig Meter entfernt war, komplett unsichtbar machte. Er spähte durch sein Fernglas und kontrollierte die Straße und die Bahntrasse, die parallel zum Fluss unter ihm verliefen, ein weiteres Mal.
Nach einer Minute setzte er das Fernglas ab und wandte sich an den Mann, der neben ihm lag. »Zeit: 07 00 Uhr. Ich sehe zwei Zehntonner, beides Zivilfahrzeuge, und einen Bus, fast voll belegt. Außerdem eine schwarze Wolga-Limousine, wahrscheinlich irgendein offizielles Fahrzeug. Alle bewegen sich mit etwa 80 Stundenkilometern ostwärts Richtung Uralsk. Momentan kein Verkehr aus dem Westen.«
Gehorsam schrieb sein Kamerad, Stabsfeldwebel Pausin, diese Beobachtung in ein kleines Notizbuch und setzte sie ans Ende der langen Liste, in der sie die Einzelheiten des Auto- und Bahnverkehrs aufzählten, den sie in den vergangen achtundvierzig Stunden beobachtet hatten. »Ist vermerkt«, murmelte er.
»Wie lange sollen wir hier noch auf dem Arsch herumsitzen und gottverdammte Autos und Lokomotiven zählen?«, nörgelte ein dritter Speznas-Soldat, der einige Meter neben ihnen versteckt lag.
Er hielt eine AKSU-74 in der Hand, eine Maschinenpistole mit verkürztem Lauf, die kleinere Version des russischen Standard-Sturmgewehrs.
»So lange, wie ich es dir sage, Iwan«, erwiderte Timofejew barsch. Dann zuckte er die Achseln. »Und ich sage, wir bleiben hier, bis das Hauptquartier mir über diese kleine Maschine neue Befehle schickt.«
Damit tätschelte er das tragbare Langwellen-Funkgerät, das neben ihm im verdorrten Gras stand.
Die drei russischen Soldaten, allesamt erfahrene Veteranen des endlosen Tschetschenien-Krieges, gehörten zu einem besonderen vorgeschobenen Spähtrupp. Vor zwei Tagen hatten sie sich über die Grenze nach Kasachstan geschlichen und diesen versteckten Beobachtungsposten eingerichtet, von dem aus sie die Kreuzung der zwei Hauptstraßen und die einzige längere Bahnstrecke an der nordwestlichen kasachischen Grenze übersehen konnten. Laut Befehl sollten sie jede Verkehrsbewegung auf diesen Verbindungslinien überwachen und dabei insbesondere auf eventuelle Militär-oder Grenzschutzeinheiten achten.
Bislang hatten sie jedoch nicht viele zu Gesicht bekommen. Ein Großteil der kleinen, schlecht ausgerüsteten kasachischen Armee war weit im Osten stationiert, an der Grenze zur Volksrepublik China.
»Trotzdem ist es Zeitverschwendung«, meckerte der dritte Soldat, ein Unteroffizier namens Belukow, nach wie vor sichtlich unzufrieden und gelangweilt.
»Würdest du lieber die Mudsch jagen?«, fragte Pausin grinsend, womit er die zähen tschetschenischen Guerillakämpfer meinte.
»Großer Gott, nein«, gestand Belukow schaudernd. Ihr letzter Kampfeinsatz in Tschetschenien war ein einziger Albtraum gewesen, voller unerwarteter, gemeiner Hinterhalte und verlustreicher
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