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Das München-Komplott

Das München-Komplott

Titel: Das München-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Das ist ja die Kunst bei meinem Beruf. Trübe Gedanken hat jeder einmal. Und neue Herausforderungen stellen sich wohl den meisten in der heutigen Zeit. Lies mal die Waage.«
    »Bitte?«
    »Lies mal die Waage. Der Text ist wirklich neu.«
    Klein lehnte sich etwas zurück, sodass Dengler besser auf den Bildschirm blicken konnte.
    »Sie stehen vor einer entscheidenden Wendung in Ihrem Leben. Endlich ist Ihnen der Partner Ihres Lebens begegnet. Vielleicht haben Sie ihn noch nicht erkannt. Gehen Sie noch einmal an einen Ort, an dem Sie neulich inspirierende Stunden verbracht haben.«
    Dengler lachte. »Was soll denn das sein? Ein Ort, an dem Sie …«
    Plötzlich hielt er inne.
    »Martin, du hast das für diese Frau geschrieben, die neulich bei uns am Tisch saß. Gib es zu.«
    »Betty heißt sie. Sie hat einen Namen, Georg: Betty. Klingt dieser Name nicht wie Musik: Betty?«
    »Du missbrauchst dein Horoskop, um dich mit einer Frau zu treffen?«
    Klein sprang wütend auf.
    »Georg, was heißt hier ›du missbrauchst‹? Zum ersten Mal, seit ich diese Dinger schreibe, hat ein Horoskop einen Sinn. Einen guten Zweck. Ich würde sie gern wiedersehen. Und sag selbst: Ist sie nicht wunderschön?«
    »Ja, aber …«
    »Hast du ihre Augen gesehen? Erinnerst du dich an ihre Augen? Dunkelbraun. Wach. Intelligent. Und sehr sinnlich.«
    Klein lief im Zimmer auf und ab. Dengler dachte, dass er nun nichts Falsches sagen dürfe.
    »Und diese offene Art, Georg. Wie sie auf die Menschen zugeht.«
    »Martin. Hör mal …«
    »Von der Figur will ich gar nicht erst reden. Es ist einfach die perfekte Frau. Hast du bemerkt, wie sie …«
    »Martin! Verdammt noch mal. Hör mir mal zu.«
    Klein blieb abrupt stehen.
    »Ich weiß, dass ich zu alt für sie bin. Meinst du, ich hätte darüber nicht schon tausendmal nachgedacht?«
    »Martin, um Gottes willen, komm zur Vernunft. Du kennst diese Frau doch überhaupt nicht.«
    »Vernunft, Vernunft, immer nur die Vernunft. Ich bin Krebs, was soll da die Vernunft …«
    »Martin, nein, jetzt fängst du noch an, an das Zeug zu glauben.«
    »Wird die Vernunft nicht überschätzt? Sind rationale Entscheidungen oft nicht einfach falsch? Denk nur an die Finanzkrise, die durch Bündel von rationalen Entscheidungen herbeigeführt wurde. Und jetzt?«
    »Martin, ich will doch nur sagen …«
    »Hören wir nicht alle zu wenig auf unsere inneren Stimmen?«
    »Du hörst innere Stimmen?«
    »Georg, hören wir nicht alle zu wenig auf die Stimme unseres Herzens?«
    Er legte die Hand aufs Herz.
    Dengler schwieg.
    »Georg, hören wir nicht alle zu viel auf unseren Kopf und zu wenig auf unseren Bauch?«
    Er legte die Hand auf den Bauch.
    »Wenn das so ist, solltest du abnehmen.«
    »Ich weiß«, sagte Klein und blinzelte listig hinter seinen Brillengläsern hervor. »Ab morgen gehen wir beide joggen. Schadet dir auch nicht.«
    »Um Himmels willen«, sagte Dengler.

Feigheit zahlt sich nicht aus
    »Feigheit zahlt sich nicht aus.« Seit Anfang des Jahres dachte Charlotte immer öfter an den Ausspruch der Großmutter.
    War sie nicht auch feige? War nicht ihre ganze Familie feige, wenn sie die Vergangenheit immer weiter verklärte? Aber war es nicht wichtiger, in der Gegenwart die richtige Position einzunehmen?
    Vier Jahre Staatssekretärin. Vier Jahre habe ich mich für wichtig gehalten und war es nicht. Vier Jahre lang habe ich gedacht, ich würde die Gesellschaft gestalten und habe doch nur laut vom Blatt abgelesen, was die Bürokratie mir aufgeschrieben hat. Vier Jahre lang benutzte ich die schnellsten Transportmittel und kam doch nicht vom Fleck. Vier Jahre lebte ich kaum und alterte um acht.
    Ich kann zynisch werden. Ich kann dem Alkohol verfallen oder dem Kokain, wie so viele hier. Ich kann mir eine Depression einfangen, falls ich sie nicht schon habe.
    Ich kann aber auch den Namen von Schmoltke reinwaschen. Ich kann etwas tun, etwas Bleibendes für die Demokratie, und die bekämpfen, die meinen Großvater ermordet haben.Die alles und jeden vernichten wollen, was nicht so ist wie sie.
    Vor ihr lag die Studie: »Verfassungsfeind NPD, Dokumente eines Kampfes gegen die Demokratie«.
    Wie sollte sie sich verhalten?
    Plötzlich musste sie nicht länger überlegen. Sie nahm den Hörer ab und bat Frau Montag, einen Termin mit dem Präsidenten des Verfassungsschutzes zu vereinbaren. Schnellstmöglich.

Hochgefühl
    Es war eine Zufriedenheit mit sich selbst, die sie schon lange nicht mehr erlebt hatte. Mehr noch: Der Entschluss,

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