Das München-Komplott
sich. Hat er feuchte Hände? Mir hat er noch nie richtig dieHand gegeben. Wie auch immer. Er sollte verschwinden. In den Ruhestand.
Sie wollte endlich auch einmal eine Task Force leiten. Stattdessen kamen immer nur die alten Säcke zum Zug, die kurz vor der Pensionierung standen. Er war nicht einmal Akademiker. Bloß ein Schnüffler von der alten Sorte. Biertrinker. Früher hatte er bestimmt Marlboro geraucht: ein richtiger Mann, ein echter Cowboy eben. Ha!
Die Task Force Berlin war ohnehin ein Witz. Im Grund war es doch egal, ob sich ein Privatschnüffler mit diesem uralten Münchener Attentat beschäftigte. Aber Leitner war nach der Sitzung fast ausgerastet.
Er war laut geworden. Hatte sie angeschrien.
Er wolle alles über den Kerl aus Stuttgart wissen. Wieso sie noch nicht wisse, was der mache, was er plane und so weiter.
Dabei rieb er sich unaufhörlich die Hände an der Hose.
Das war doch nicht normal.
Die Task Force würde ohnehin bald aufgelöst werden.
Warum regte der sich so auf?
Genau. Warum eigentlich? Hat er ein paar dunkle Sachen laufen?
Fährt der irgendeine Privatkiste?
Sie trank einen Schluck Rotwein.
Das wäre doch interessant. Mal sehen, ob sie nicht was herausfinden könnte, was dem Leitner schadet.
Sie würde diesen Dengler fortan lückenlos überwachen lassen.
Das war ihr Beruf.
Wenn es etwas gab, das der Leitner zu verstecken hatte und das mit diesem Dengler zu tun hatte – sie würde es finden. Sie könnte Leitner überwachen lassen. Der Gedanke gefiel ihr.
Dann Gnade ihm Gott, sagte sie vor sich hin und hob das Glas gegen das Licht.
Was für eine wunderbar rote Farbe dieser Wein hat, dachte sie, rot wie Blut.
Tübingen. Im Boulanger
Vor dem Wurstkessel blieb sie einen Augenblick stehen. Die frische Luft tat ihr gut. Sie atmete einmal tief durch.
Langsam dachte sie klarer und lachte über sich selbst.
So was, dachte sie, dass mir so was noch passiert.
Plötzlich stand er da.
»Ich frage mich«, sagte Jan, »ob Sie vielleicht noch eine Einladung auf ein Glas annehmen.«
Sie sah ihn an.
»Sie haben doch drinnen sicher noch viel zu besprechen«, sagte sie und dachte an das blonde Mädchen.
»Aber warum nicht«, hörte sie sich antworten.
»Vielleicht im Boulanger ?«
»Ja. Da war ich noch nie.«
Das Boulanger erwies sich als gemütliche Kneipe. Dunkles Holz. Einige Laternen hingen an der Wand. Es gefiel ihr.
»Was trinkt man hier?«
»Sie hatten doch vorhin einen Merlot. Der ist auch hier nicht schlecht.«
»Gern.«
Jan schien hier bekannt zu sein. Ein paar junge Männer winkten ihm zu, und der Wirt begrüßte ihn mit Handschlag. Sie wirkte in ihrem Kostüm fremd in dieser studentischen Umgebung.
»Sie meinen es ernst mit dem NPD-Verbot?«
»Ich hoffe, Sie haben das bemerkt.«
»Vor der Wahl reden Politiker immer anders.«
»Sie glauben doch nicht, dass mit diesem Thema eine Wahl zu gewinnen ist?«
»Nein – das wohl nicht.«
Dann sprachen sie über Tübingen, über die juristische Fakultät – er studierte bei Professoren, bei denen schon sie gehört hatte –, irgendwann erzählte sie von ihrer Großmutter und er von den vielen Umzügen seiner Familie. Nirgends sei er wirklich heimisch geworden. Jetzt, in Tübingen, vielleicht zum ersten Mal. Und auch sie erzählte und erzählte, weil sie wollte, dass dieser Abend nicht aufhörte. Jetzt konnte sie ihn anschauen, ohne das Gefühl haben zu müssen, dass sie ihn anstarrte. Er hatte eine sehr gerade Nase, eine klassische griechische Nase, wie sie fand, und sofort stellte sie ihn sich als Statue vor. Auf der Akropolis, nein, besser in ihrem Büro, gleich am Fenster, dort wo die Nachmittagssonne hin schien. Nackt natürlich. Sie lächelte bei dieser Vorstellung und freute sich, weil sie sah, dass er ihr Strahlen auf seine Bemerkung bezog.
Sie unterhielten sich immer noch, als der Wirt die Stühle schon hochstellte. Und sie errötete, als er sagte: »Schluss jetzt, ihr Turteltäubchen, ich muss wirklich ins Bett.«
Verlegen standen sie vor der Tür.
»Ja, also dann«, sagte er leise.
Ein Glücksgefühl, wie sie es noch nie erlebt hatte, durchrauschte sie, als sie merkte, dass er den Abschied ebenso hinauszögerte wie sie.
Tränen traten ihr in die Augen.
Und dann lagen sie sich in den Armen.
Harmlos
»Was für eine Idee?«, fragte Klein.
»Ich hab doch mal einen Offizier kennengelernt, erinnerst du dich, bei meinem zweiten großen Fall hier in Stuttgart.«
»Als wir alle auf dieser verrückten
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