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Das Multiversum 2 Raum

Das Multiversum 2 Raum

Titel: Das Multiversum 2 Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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einem Park umge-staltet worden. Das Gras, das den Boden bedeckte, spross direkt aus dem nackten Regolith. Es gab sogar einen Hain mit dreißig Meter hohen Palmen und verstreute Kirschbäume. Leute lebten in den massiven Trägertürmen der Kuppel, um die sich Galerien aus Mondbeton spannten. Die unteren Ebenen beherbergten Fabriken, Werkstätten, Schulen, Geschäfte und andere öffentliche Einrichtungen.
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    Hoch über sich erkannte Xenia eine Schar Schulkinder in schwarz-weißen Uniformen, die mit Leonardo-Schwingen wie ein aufgeregter Hühnerhaufen umherflatterten. Es war ein schöner Anblick. Allerdings wurde sie auch daran erinnert, dass es hier keine Vögel gab – und wenn, dann nur in Druckkäfigen. Vögel ermüdeten zu schnell in der dünnen Luft; auf dem Mond vermochte kein Vogel zu fliegen, auch wenn die niedrige Schwerkraft etwas anderes suggerierte.
    Wasser floss in Bächen, Springbrunnen und Becken und befeuchtete die Luft.
    Sie ging an Landsbergs berühmtem Wasserskulptur-Park vorbei.
    Wasser quoll träge in großen schimmernden Sphären aus der Krone eines großen Springbrunnens, die durch die Oberflächenspan-nung zusammengehalten wurden. Die Sphären wurden von flin-ken, wie nach Bonbons haschenden mechanischen Fingern aufgefangen, zu Strängen gezogen und zu streiflichtartigen ästhetischen Skulpturen geformt, von denen keine der anderen glich. Sie fand das bezaubernd, eine Kunstform der ›minimalistischen Gravitation‹, die auf der Erde unmöglich gewesen wäre. Dieses Ensemble hatte sie schon gleich nach der Ankunft in den Bann geschlagen.
    Dann lief eine Schar acht-bis zehnjähriger Kinder mit giraffenarti-gen Mond-Beinen wie Jesus über die Wasseroberfläche des Park-teichs. Sie liefen so schnell, dass sie nicht im Wasser versanken.
    Wasser war hier überall; der Ort mutete nicht trocken an, wie eine Oase in einer sonnendurchglühten Wüste. Über ihr drehten sich unablässig große Lüfter, die der Luft jeden Tropfen Feuchtigkeit entzogen, reinigten, speicherten und wiederverwendeten. Sie war von einer leisen Geräuschkulisse umgeben: Dem Klappern und Surren von Lüftern und Pumpen, dem Blubbern von Aerato-ren. Und als die Kinder verschwunden waren, sah sie kleine glänzende Roboter durch die Luft schwirren und verstreute Wasser-325
    tropfen wie Schmetterlinge einfangen, damit kein Tropfen von dem kostbaren Nass vergeudet wurde.
    Landsberg war eine große Maschine, die ständig in Betrieb gehalten und instandgehalten werden musste. Landsberg war keine dauerhafte Lösung. Die verschiedenen Recyclingprozesse waren höchst effizient – bis hinunter auf die Ebene des Molekülzählens –, aber es traten immer Verluste auf. Das waren die Gesetze der Thermodynamik. Und es bestand keine Möglichkeit, diese Verluste auszugleichen.
    Man hatte nicht das Gefühl einer sterbenden Welt. Stattdessen fühlte sie sich auf dieser kleinen, gemächlichen Welt fast schon heimisch. Aber der menschliche Mond näherte sich langsam, aber sicher dem Ende. Ein paar kleinere Habitate hatte man bereits aufgegeben; kleine Ökosphären waren einfach zu teuer. Und es gab Rationierung. Die Geburtenrate war seit einer Generation rück-läufig, und die Menschheit drängte sich in immer weniger Mond-blasen zusammen. Und sie hatten keine Ausweichmöglichkeit.
    Xenia war intuitiv von der Richtigkeit von Franks Vision überzeugt, trotz seiner fragwürdigen Methoden. Wenigstens unternahm er etwas: Suchte nach einer Möglichkeit, wie die Menschen in diesem System, das sie hervorgebracht hatte, zu überleben vermochten. Irgendjemand musste etwas tun. Von den Aliens, den allmächtigen Gaijin war anscheinend keine Hilfe zu erwarten; sie hockten in ihren Schiffen und schauten zu, wie das Schicksal der Menschen sich erfüllte und die Erde den Bach runterging.
    Wenn die Menschen sich nicht am eigenen Schopf aus dem Sumpf zogen, würden sie bald ganz darin versinken.
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    Auf jeden Fall überzeugte Frank genügend Leute, in sein Projekt zu investieren, und wohlgemut machte er sich an die Arbeit.
    Die Geldbeschaffung erwies sich jedoch als der einfachere Teil.
    Auf dem Mond hatte es nie richtigen Bergbau gegeben. Die entsprechenden Aktivitäten hatten sich auf Regolith-Tagebau beschränkt, den Abbau der zertrümmerten und ausgetrockneten äu-
    ßeren Schicht des Mondes, die von Meteoriten pulverisiert worden war und deshalb nicht mehr zerstoßen und zermahlen werden musste. Und niemand – außer ein paar Wissenschaftlern – hatte

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