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Das Multiversum 2 Raum

Das Multiversum 2 Raum

Titel: Das Multiversum 2 Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Nemoto?«
    Nemoto drehte sich zu ihr um. Ihr Gesicht war im Dunkel verborgen. »Natürlich kommen sie. Wir sind beide viel zu alt für Illu-619
    sionen, Meacher. Sie schwirren wie Bienen um einen Honigtopf, der in diesem Fall Merkurs dicker Eisenkern ist.«
    Zusammen gingen sie um das große Beet aus Glasblumen, die im Widerschein des Sternenlichts und der Lichter von Alien-Schiffen funkelten.
    Madeleine versuchte Nemoto in ein Gespräch zu verwickeln und aus der Reserve zu locken. Schließlich reichte ihre Bekanntschaft – Freundinnen waren sie indes nie geworden – über sechzehnhundert Jahre bis zu jenem Büro in Kourou und einem Tank zappelnder Chaera auf dem prä-Paulis-Mond zurück. Nemoto wollte nicht über ihr Leben und die Vergangenheit sprechen: Für sie gab es nur die aktuellen Themen des Tages, Merkur und die Zerstörer und die über sie hereinbrechende Kolonisierungswelle – ebenso große wie unpersönliche Themen.
    Madeleine fragte sich, ob das normal war.
    Aber was war schon normal bei einer Frau, die siebzehn Jahrhunderte gelebt hatte. Nemoto war wahrscheinlich der älteste Mensch, der jemals existiert hatte; um zu überleben, hatte Nemoto sich einer ständigen Erneuerung von Körper und Geist unterziehen müssen. Und im Gegensatz zu den einsamen Sternenreisenden hatte sie all die Jahre auf Welten voller Menschen zugebracht: Erde, Mond, Merkur. Ihre Biographie musste sich wie ein roter Faden durch das verworrene Geflecht von anderthalb Jahrtausenden Menschheitsgeschichte ziehen.
    Dennoch wusste Madeleine kaum etwas über diese uralte, geheimnisvolle Frau. Hatte sie sich jemals verliebt oder geheiratet?
    Hatte sie jemals Kinder bekommen? Und wenn ja, lebten sie noch – oder hatte sie Generation um Generation ihrer Nachkommen überlebt? Vielleicht wusste das niemand außer Nemoto selbst. Und Nemoto wollte nicht darüber reden. Sie ließ alle persönlichen Fragen unbeantwortet und widmete sich nur ihren Pflanzen aus Glas.
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    Trotz der Langsamkeit des Alters wirkte sie konzentriert, sagte Madeleine sich. Entschlossen und agil. Fast glücklich. Als ob sie eine Mission hätte.
    Madeleine beschloss, ein wenig auf den Busch zu klopfen.
    Sie ging um die glasigen Blätter herum. Dann bückte sie sich schwerfällig und brach ein schimmerndes Blatt ab. Das ging ganz leicht. Dann zerbrach sie das filigrane Gebilde. Es zerbröselte in der Hand.
    Nemoto machte einen kleinen Schritt auf sie zu. Das sollte wohl eine stumme Ermahnung sein.
    Madeleine ließ die Splitter fallen. »Ich habe mich erkundigt«, sagte sie.
    »Ach ja?«
    »Über Sie. Über Ihre … ähem … Karriere.« Sie wies auf die Blätter. »Ich glaube, ich weiß, was Sie hier tun.«
    »Sagen Sie's mir.«
    »Mondblumen. Sie haben sie hierher zum Merkur gebracht. Es geht nicht nur um das Züchten von Sonnensegeln. Der ganze verdammte Planet ist von Mondblumen überwuchert. Sie haben sie ausgesät, stimmt's?«
    Nemoto ging in die Hocke und betrachtete die Pflanze vor sich.
    »Sie gedeihen hier prächtig. Das liegt am Sonnenlicht, müssen Sie wissen. Ich habe sie gentechnisch verändert – wenn man das so nennen will. Das genetische Material dieser Blumen ist in einem kristallinen Substrat gespeichert, das sich von unsrer Biochemie deutlich unterscheidet. Aber egal. Ich habe ein paar unnötige Merkmale entfernt.«
    »Unnötig?«
    »Das rudimentäre Nervensystem. Die Ansätze von Bewusstsein.«
    »Wieso, Nemoto? Wollen Sie den sterbenden Merkur etwa in einen Garten verwandeln?«
    »Was glauben Sie denn, Meacher?«
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    »Dass Sie einen Gegenangriff planen. Gegen die Zerstörer. Sie sind schon ein Phänomen, Nemoto. Sie wollen den Kampf einfach nicht aufgeben … Und diese Blumen haben etwas damit zu tun.«
    Nemoto war so reglos wie ihre Blumen. Die zarten Glas-Blüten spiegelten sich in ihrem Helmvisier. »Ich frage mich, wie sie angefangen haben«, sagte sie. »Die Zerstörer. Wie sie zu dieser gewaltigen, zerstörerischen Odyssee aufgebrochen sind. Haben Sie sich diese Frage schon einmal gestellt? Es liegt sicher nicht in der Absicht einer Spezies, sich zu einem Schwarm gefräßiger interstellarer Heuschrecken zu entwickeln. Vielleicht waren sie Kolonisten in einem riesigen Sternenschiff, einem Generationenschiff. Als sie ihr Ziel jedoch erreicht hatten, war der Raumflug ihnen zur zweiten Natur geworden. Also bauten sie neue Schiffe und flogen weiter …
    Der Trick, Sonnen für einen Extra-Schub explodieren zu lassen, kam vielleicht später. Und

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