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Das Multiversum 2 Raum

Das Multiversum 2 Raum

Titel: Das Multiversum 2 Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Meacher durch den interstellaren Raum.
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    ■
    Sie hatte nicht das Gefühl, aufzuwachen – ist es schon vorbei? –, sondern sie war einfach nur da und hörte das übliche Surren und Klicken der Systeme des Weltraumlabors, als ob sie in einer Küche stehen würde.
    Alles war wie immer. Und doch …
    »Meacher.« Das war die Stimme des virtuellen Paulis. »Alles in Ordnung?«
    Nein. Sie fühlte sich hervorragend: Wie neu geboren. Sie erinnerte sich an jede Einzelheit, den stechenden Schmerz, das Gefühl, wieder zusammengesetzt zu werden, das Funkeln. War es möglich, dass sie die Transition mit halbem Bewusstsein erlebt hatte?
    Mein Gott, sagte sie sich. Das kann zur Sucht werden.
    Ein neues komplexes Licht wanderte über den Handrücken.
    Plötzlich erinnerte sie sich wieder, wo sie war und ging zum Teleskop.
    Vom trübe glühenden, leeren Rand des Sonnensystems war sie direkt in einen überfüllten Raumabschnitt katapultiert worden. Sie flog über die Oberfläche eines Sterns hinweg.
    Die Photosphäre kaum zehntausend Kilometer unter ihr war ei-ne endlos weite, flache Landschaft. Sie war mit Körnern übersät, von denen ein jedes so groß war, dass es die Erde verschluckt hät-te. Und die Chromosphäre – die tausend Kilometer dicke Atmosphäre – hüllte wie ein Dunstschleier alles ein. Polarisationsfilter im Teleskop schwächten das Licht zu einem orangefarbenen Glü-
    hen ab. Vor ihren Augen explodierte ein Korn und verteilte seine Substanz über die Oberfläche des Sterns; benachbarte Körner wurden verdrängt, und es entstand eine glühende unstrukturierte Nar-167
    be auf der Photosphäre – eine Narbe, die durch die Eruption weiterer Körner langsam verheilte.
    Eine Instrumentengondel an der Hülle des Blumen-Schiffs bildete ein graziles Pseudopodium aus. Gaijin-Instrumente schauten auf die Umbra eines Sternenflecks unter ihr. »Das ist ein Weißer Zwerg der F-Klasse, Meacher«, sagte Paulis. »Ein naher Verwandter der Sonne, der ›große Bruder‹ des Doppelsterns in diesem System.«
    Ich hätte diese Reise vielleicht doch nicht machen sollen, sagte sie sich und wurde von einer unerklärlichen Angst gepackt. Brind hätte sich jemand anders suchen sollen. Ich hätte auch ablehnen können. Ich wäre gestorben, ohne auch nur eine Ahnung davon zu haben, dass so etwas möglich ist.
    … Und nun habe ich mir nichts, dir nichts achtzehn Jahre verloren. Fast die Hälfte meines Lebens. Einfach so. Sie versuchte sich vorzustellen, was in diesem Moment auf der Erde geschah. Ohne Erfolg.
    Der virtuelle Paulis wurde von eigenen Gedanken umgetrieben.
    »Erstaunlich«, sagte er.
    »Was?«
    »Meacher«, sagte Paulis mit einem sehnsüchtigen Unterton, »wir wollten diesen Punkt vor Ihrem Abflug nicht allzu sehr betonen, aber Sie sind der erste Mensch, der eine Sattelpunkt-Teleportation absolviert hat – nach Malenfant, aber der ist verschollen. Wir wissen nicht, was mit ihm passiert ist.«
    »Vielleicht wäre ich als Fleischklops hier angekommen. Alle Lichter an, aber niemand zu Hause.«
    »Das war eine Möglichkeit. Theoretisch.«
    »Die Gaijin wechseln alle naslang hin und her.«
    »Ja schon, aber vielleicht haben sie auch keine Seele wie wir.«
    »Seele, Frank?«, fragte sie argwöhnisch. »Sie stecken doch nicht allein in dieser Kiste, nicht wahr? Seit wann erörtert Frank Paulis theologische Fragestellungen?«
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    »Ich bin ein Verbund.« Er grinste. »Aber ich – das heißt, Paulis – hat den Kampf um den ersten Platz gewonnen.«
    »Das hört sich allerdings nach Frank an.«
    »Seit Tausenden von Jahren stellen wir uns die Frage nach der Existenz einer Seele. Entspringt das Bewusstsein dem Körper, oder hat die Seele eine eigenständige Existenz, die irgendwie mit dem leiblichen Körper verbunden ist? Betrachten Sie das als Gedankenexperiment. Wenn ich ein exaktes Duplikat von Ihnen erstellen würde, bis hinunter zum letzten Elementarteilchen und Quantenzustand, aber ein paar Meter verschoben – wäre diese Kopie Sie?
    Hätte sie ein Bewusstsein?«
    »Im Grunde haben wir doch genau das getan. Stimmt's? Es waren aber nicht nur ein paar Meter, sondern …«
    »Achtzehn Lichtjahre. Ja ich weiß. Trotzdem sind Sie – ich meine das innere Sie – unbeschadet daraus hervorgegangen, soweit ich das zu sagen vermag. Der Teleportations-Mechanismus ist eine rein physikalische Vorrichtung. Sie hat die Mechanik Ihres Körpers transportiert – und Ihre Seele scheint das auch unversehrt überstanden zu haben. All das

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