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Das Musterbuch (German Edition)

Das Musterbuch (German Edition)

Titel: Das Musterbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Mantovana
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schöne Blume genannt. Dafür, dass die Herzogin noch jung war, hatte sie einen sehr delikaten Geschmack, das erkannte Andrea schnell. Sie plauderten diesen Abend noch über Cicero und Ovid, über die Metamorphosen und Isabella beauftragte den Maler, einen Entwurf zum Thema 'Tugend über die Laster' zu erstellen. Es sollte das erste grosse Gemälde in ihrem neuen studiolo werden. Und er sollte dafür einen auserordentlich grossen Lohn erhalten: feierlich überreichte die Marchesa dem Maler ein dickes Bündel mit Pergamentblättern und ….Andrea traute seinen Augen nicht! Isabella ist also stolze Besitzerin der gestohlenen Blätter gewesen…“Diese Blätter gehören jetzt Ihnen und ich fordere sie nur dann zurück, wenn Sie meine Vorstellungen nicht erfüllen.“ Offenbar hatte Isabella trotz ihrer Drohung keine Ahnung, was das für kostbare Zeichnungen waren!
     
***
     
     
Aber Andrea entspannte sich erst einmal von den Strapazen der Reise, indem er seinen eigenen Palazzo bemalte, und zwar mit Grotesken und fabelhaften Figürchen, nur so zum Spass und im Beisein des kleinen Enkelsohnes Fabrizio.
Bald danach wurde der alternde Maler melancholisch. Er setzte sich an seine Staffelei und nahm die Skizzen seines Freundes Jacopo Bellini heraus, die er nun endlich wieder wie durch ein Wunder bei sich hatte. Er zeichnete einen toten Christus, krass in seinem Verismus und in starker Verkürzung! Dies sollte ein Andenken an seinen treuen Freund sein.
Als Nicolosia ihrem Mann über die Schulter blickte, wusste sie, dass ihr Vater recht gemacht hatte, ihm, dem Schwiegersohn sein Musterbuch – oder gar nur einen Teil vom diesem, wie Andrea ihr gegenüber vermutete - zu vermachen. Andrea verzauberte die wie durch eine Vorsehung zurück gelangten Vorlagen in Pathos und Dynamik - und es war in dieser Zeit, als er viele seiner Entwürfe erstmals in Kupfer stechen liess.
Die Szenen zum 'Triumph Cäsars' gingen ihm leicht von der Hand. Hierin konnte er klassische Formen einbringen, römische Motive antiker Reliefs. Farblich gestaltete er die Leinwandbilder in hellen grisaille-ähnlichen Farbtönen, die er hier und da durch kräftige, eklatante Farben durchbrach.
"Und was ist das für eine traurige Madonna in den Felsen?" wollte Nicolosia noch wissen. "Das ist eine Erinnerung an ein grandioses Werk eines Florentiner Meisters: er nennt sie 'Felsgrotten-Madonna' und sein Name ist Leonardo da Vinci, zurzeit im Dienste der Sforza in Mailand tätig, um eine Reiterstatue zu fertigen!" Von Leonardo sollte man am Hofe von Mantua noch öfters hören.
Antike Gemmen, Bronzestatuen, Medaillen und kleine Vasen - es gab nichts, was der Meister Mantegna von seinem römischen Aufenthalt nicht mitgebracht hatte. Ja, er richtete in seinem schönen Palazzo geradezu eine Art Antikensammlung ein. So kam es, dass viele Freunde, Humanisten, Poeten und Kunstsammler ihn besuchten und mit ihm über Themen der Kunst und Antike diskutierten. Dies kam auch der Marchesa zu Ohren, die eine eigene Antikensammlung aufbauen wollte.
Eines Abends, als Andrea im Kreise seiner Freunde sass, betrat Isabella den Raum. Alle schauten auf, alle verbeugten sich vor ihr. "Nicht nötig, liebe Kunstfreunde, fahrt nur ungezwungen euer Gespräch fort."
Ein junger Mann, so etwa Mitte zwanzig, ergriff das Wort: "Am Hof der Sforza habe ich Kunstwerke gesehen, von denen ein jeder Kunstliebhaber nur träumt! Aber unsere Marchesa kennt ja den auserwählten Geschmack ihrer Schwester Beatrice und ihres Gemahlen Ludovico." Dabei schaute er keck zu ihr hinüber, so dass sie leicht errötete. Beatrice, die Schwester der Marchesa, hatte am 18. Januar des Jahres 1491 den Sforza-Sohn Ludovico, genannt il Moro, geheiratet. Isabella erinnerte sich an den Reichtum im Palast, der nun auch ihrer Schwester gehörte - und an die lange und beschwerliche Reise dorthin, ohne ihren Gatten. "Bramante und Leonardo da Vinci", fuhr er fort, "sind nur zwei Namen, die für eine immense Erneuerung der Hofkunst in Mailand stehen. Ludovico hat gerade eine Grabkapelle für seine Sippe durch Bramante einrichten lassen, dafür musste der ganze alte Altarraum samt Apsis weichen! Und im Refektorium malt Leonardo zurzeit sein schönstes Werk: ein Abendmahl." Isabella musste an den Schwager Ludovico Sforza denken, der ihr hin und wieder Geschenke machte und sich jedes Mal so sehr über ihren Besuch in Mailand freute, und natürlich an ihre Schwester Beatrice, aber auch an Francescos Schwester Elisabetta, letztere war

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