Das mysteriöse Pergament 01 - Begegnungen (German Edition)
der eine Nachricht für
dich bereit halten wird“, sagte er zum Abschied. Dann zog mein Vater sein
kostbares Schwert. Mit beiden Händen hielt er es vor sich und legte es mir in
die Hände.
„Dieses Schwert soll dich auf deiner heiligen Mission
begleiten“, sagte er feierlich. „Trage es in Ehren. Möge es deine Freunde
schützen und deine Feinde verderben. Aber benutze immer zuerst deinen Verstand
und erst dann das Schwert.“
Ich musste schlucken. Es war das Familienschwert mit dem Wappen
derer von der Lühe auf dem silbernen Knauf, welches von Generation zu
Generation weitergegeben wurde. Beinahe ehrfürchtig nahm ich es entgegen,
umarmte meinen Vater kurz, trug ihm Grüße für die Meinen auf und verabschiedete
mich von Hannes, der mich wegen seiner Beinverletzung nicht begleiten konnte.
Da die Zeit drängte, brach ich schon am Tag nach der
Schlacht auf, begleitet von Hans und vier Waffenknechten, die mein Vater mir
mitgegeben hatte.
Zunächst wollte ich mich nach Eisenach begeben, um mich dem
Heer des Landgrafen Ludwig von Thüringen anzuschließen, der ebenfalls das Kreuz
genommen hatte. In einem großen Heereskontingent reiste es sich weitaus
sicherer, denn der weite Weg barg selbst für einen Ritter in Begleitung viele
Gefahren. Die größte Herausforderung war dabei die Überquerung der Alpen, wie
ich gehört hatte.
Damals ahnte ich noch nicht das wahre Ausmaß der Strapazen
und Gefahren, die in den Alpen auf uns warteten.
III
Der Ruf des Kaisers
Heuertmond Anno 1227
Majestätisch thronte die gewaltige Wartburg hoch oben auf
dem Bergrücken. Uneinnehmbar schien sie mit ihren dicken, hohen Mauern. Anders
als bei allen anderen Burgen, die ich kannte, hatte der Palas auch zur
Außenseite hin verzierte Bogenfenster, die so hoch über dem Boden waren, dass
sie für Pfeile unerreichbar waren.
Die Vorburg war nur über eine schwere Zugbrücke über den
breiten Burggraben zu erreichen, die bei Bedarf an armdicken Ketten hochgezogen
werden konnte. Die Mauern hinter dem Burggraben waren so hoch, dass sie selbst
mit langen Sturmleitern nur schwer erreichbar waren. Wegen des steilen,
zerklüfteten Geländes war es zudem unmöglich Belagerungstürme aufstellen. Diese
Burg war so gut wie uneinnehmbar und wirkte trotzdem nicht abweisend, wie ich
anerkennend feststellte.
Ein Blick zum Bergfried hinauf verriet mir, dass wir zu spät
gekommen waren, denn bei Anwesenheit des Landgrafen hätte man die Flagge mit
dem rot-weiß gestreiften thüringischen Löwen gehisst. Trotzdem ritten wir den
gewundenen Weg zum Tor hinauf, denn vom Burgvogt hoffte ich die Marschroute des
Heereskontingents zu erfahren.
Wir wurden sofort eingelassen und durch die Vorburg zum
Haupthof geführt, wo wir vor dem prächtigen Palas warteten.
Ein riesiger Brunnen in der Mitte des Hofes weckte unsere
Neugierde. Ich beugte mich über den Rand, konnte aber die Wasserfläche nicht
sehen. Nur ein schwarzes Loch gähnte mich an. Die unglaublich dicke Seilwinde
ließ erahnen, wie tief man den Wassereimer herunterlassen musste, um an das
kostbare Nass zu gelangen. Eine Meisterleistung der Steinmetze, die den Brunnen
viele Ellen in den Fels getrieben hatten.
Von einem Diener wurde ich schließlich zum Burgvogt geführt,
der mich zu meiner Verwunderung so herzlich begrüßte wie einen guten Freund. Zu
der Zeit wusste ich noch nicht, dass sein Verhalten der Mentalität der Menschen
im Thüringischen entsprach und war etwas irritiert. Ich hatte Mühe, mich der
Gastfreundschaft des Burgvogts zu entziehen, der mir und meinen Begleitern
freimütig Unterkunft und Verpflegung anbot. Aber nachdem ich erfuhr, dass der
Landgraf bereits vor einigen Wochen aufgebrochen war, um seine Vasallen in der
nahe gelegenen Creuzburg zu sammeln, wollte ich keine Zeit verlieren und
bedankte mich so höflich wie möglich.
Da die Creuzburg keine zwei Meilen entfernt war, brachen wir
sofort wieder auf. Wir wandten uns nach Norden und erreichten noch vor dem
Abend die trutzige Creuzburg. Aber auch hier kamen wir zu spät. Das Heer war
bereits aufgebrochen.
Zu meinem Erstaunen wurde ich im Palas nicht vom Burgvogt
empfangen, sondern von einer zierlichen, jungen Frau in einem kostbaren Kleid
und einem weißen Schleier unter einem silbernen Schapel, die sich als Elisabeth
von Thüringen vorstellte, die Gemahlin
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