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Das mysteriöse Pergament 01 - Begegnungen (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 01 - Begegnungen (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 01 - Begegnungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Rolfs
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Fliege aus zehn
Fuß Entfernung.“
    „Im Flug?“, konnte sich Conrad nicht verkneifen, zu fragen.
    Dafür erntete er einen strafenden Blick von Line, die den
Jungen offenbar zu ihrem Schützling auserkoren hatte.
    Dieser schien aber nicht beleidigt. Grinsend steckte er das
Messer weg.
    „Eigentlich bin ich mehr darauf spezialisiert, knapp daneben
zu werfen“, bemerkte er. „Auf eine Holzscheibe, vor der mein kleiner Bruder
Geronimo stand.“ Bei diesen Worten senkte er die Stimme und blickte betrübt drein.
    „Seit wann bist du allein unterwegs?“, wollte Line wissen.
    „Es sind jetzt vier Monde.“ Antonio rülpste vernehmlich. Er
hatte keinen Bissen übrig gelassen. Etwas verlegen wischte er sich die Hände an
seinem Kittel ab. „Natürlich, äh, werde ich das Essen auch abarbeiten.“
    „Du glaubst wirklich, wir hätten eine Verwendung für dich?“,
fragte Conrad mit skeptischem Blick auf die schmächtige Gestalt.
    „Ich kann alles, Herr“, beteuerte Antonio eifrig, „ich kann
die Pferde versorgen, Botendienste machen, arbeiten wie ein Knecht – und ich
will keinen Lohn.“
    Sven schaute Conrad an. „Was hältst du davon?“
    Dieser hielt eigentlich nicht viel davon. Sie hatten noch
einen weiten Weg vor sich und jetzt noch einen Esser mehr mitzuschleppen
erschwerte die Reise nur. Nutzen konnte der Junge ihnen sicher nicht viel,
selbst wenn er sich als ehrlich und zuverlässig erweisen sollte.
    Antonio sah forschend von Einem zum Anderen und schien die
Gesichtszüge der Ritter zu studieren.
    Conrad bemühte sich, eine finstere Mine aufzusetzen. So
leicht wollte er es dem Jungen nicht machen. Aber im Grunde seines Herzens
hatte er sich bereits damit abgefunden, den Jungen mitzunehmen. Mit ihrem
Eingreifen hatten sie ungewollt die Verantwortung für ihn übernommen. Außerdem
würde Line es ihm übel nehmen, wenn er den Bengel davon jagte.
    Antonio beobachtete jede Regung im Gesicht des jungen
Ritters, während er unruhig auf der Bank hin und her rutschte. Plötzlich hellte
sich die Mine des Gauklerjungen auf und er strahlte Conrad an.
    „Was grinst du so blöd?“, fragte dieser etwas irritiert.
    „Ich danke Euch, Herr“, sagte der Bengel, als wäre die
Entscheidung bereits gefallen.
    „Wofür? Ich habe noch nicht zugestimmt.“
    „Doch. Eure Augen haben es gesagt, nur Euer Mund noch
nicht.“
    „Gut. Dann ist es also ents-hieden. Deine Augen haben
ges-prochen“, konstatierte Sven und grinste den verdutzt dreinblickenden Conrad
an.
    Er wartete keine Antwort ab, sondern wandte sich an seinen
neuen Knecht.
    „Du kannst gleich nach den Pferden sehen. Aber nimm dich vor
dem s-hwarzen Hengst in Acht. Hektor mag keine Fremden. Der Braune dagegen ist
gutmütig.“
    Sofort sprang Antonio auf und rannte los. An der Tür hielt
er kurz inne, drehte sich noch einmal um und dienerte linkisch in Richtung
seiner Retter.
    Mit den Worten „Der geht aufs Haus!“, stellte der Wirt einen
neuen Krug Wein auf den Tisch. „Euer Knecht kann im Stall schlafen. Dort ist es
warm und trocken.“ Dabei zwinkerte er dem Jungen zu, der sich bedankte und den
Gastraum verließ.
    Im Gegensatz zu Conrad schien Sven keine Bedenken zu haben,
dem Burschen die Tiere anzuvertrauen.
    Da sie früh aufbrechen wollten, tranken sie aus und begaben
sich zur Ruhe.
    Während Conrad und Sven sich eine Kammer teilten, hatte Line
eine für sich allein zur Verfügung. Es störte sie nicht, dass die Strohsäcke
durchgelegen und das Stroh schon lange nicht mehr gewechselt worden war. Schon
lange hatten sie nicht mehr so komfortabel genächtigt.
    In der Nacht prasselte der Regen auf das weit überhängende
Schilfdach und der Wind ließ die Fensterläden klappern. Während Sven genüsslich
schnarchte, konnte Conrad lange nicht einschlafen.
    Er dachte an Line. Wieder war ein Tag verstrichen und er
hatte nicht den Mut aufgebracht, sich ihr zu offenbaren. Wovor hatte er Angst?
    Angst. Er hatte geglaubt, dieses Wort gehöre nicht mehr zu
seinem Wortschatz. Er hasste dieses hilflose, lähmende Gefühl. Sein Vater hatte
ihm einmal gesagt, es wäre keine Schande, Angst zu haben, solange man sich
nicht von ihr besiegen ließe. Dumm und gefährlich wäre es dagegen, Tollkühnheit
mit Mut und Vernunft mit Feigheit zu verwechseln.
    Schon als Kind stellte er sich immer dem, was er fürchtete,
ob es nun Spinnen waren, dunkle Räume  oder ältere Kinder, die ihn hänselten.
    Wenn ältere Knaben sich einen Spaß daraus machten, seine
Schwester zu ärgern,

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