Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)
getöteten Männer waren
diejenigen, die zur Bewachung des mittleren Wagens eingeteilt worden waren. Er hatte
zugelassen, dass die Frauen in Bedrängnis gerieten.
Das war ein unverzeihlicher Fehler.
„Es tut mir leid, Herr“, sagte plötzlich Li Chan hinter ihm,
„ich gesehen drei Männer bei Wagen. Habe nur erwischt zwei von ihnen. Aber es
hat zu lange mich aufgehalten. Als ich auf Wagen sprang, war anderer schon
erledigt. Hat Frauen unterschätzt.“
Conrad klopfte dem Chinesen auf die Schulter. Wenigstens war
sein Freund zur Stelle gewesen. Er selbst hatte versagt. Nicht auszudenken,
wenn einer der Frauen etwas passiert wäre.
Dann sah der junge Ritter sich die Gefangenen an. Der mit
dem verfilzten, schwarzen Vollbart schien wohl der Anführer der Bande zu sein.
Er blutete aus einer Kopfplatzwunde und sein Schwertarm schien nur noch aus
Fleischfetzen zu bestehen, die lose am Knochen hingen. Er war von zahlreichen
Messerschnitten geradezu zerfetzt worden. Mit diesem Arm konnte er nie wieder
eine Waffe führen. Aber das würde er ohnehin niemals mehr. Der linke Arm sah
nicht viel besser aus.
Er sollte ihn auf der Stelle erschlagen. Aber das wäre
unritterlich, der Kerl würde seiner gerechten Strafe nicht entgehen. In der
nächsten Ortschaft konnten sie nach dem Vogt fragen, der die Kerle der
Gerichtsbarkeit zuführen konnte, damit sie ihre gerechte Strafe erhielten.
So ließ er zu, dass einer der anderen Gefangenen seinen
ehemaligen Anführer mit einem schmutzigen Stofffetzen notdürftig verband.
Dann trat er auf ihn zu und musterte den schwarzbärtigen
Kerl, dessen Augen ihn hasserfüllt anstarrten.
„Wie ist dein Name, Waldschrat?“
Der Wegelagerer antwortete nicht. Stattdessen spuckte er aus
und fing sich eine Maulschelle von Martin ein, die ihn einen Zahn kostete.
Kopfschüttelnd wandte Conrad sich ab. Von dem Kerl erfuhr er
ganz sicher nichts. Aber eigentlich war es ihm auch egal.
Die Männer entfachten die Lagerfeuer und entzündeten
Fackeln, während die Gefangenen, die noch dazu in der Lage waren, eine Grube
aushoben, um ihre toten Kumpane darin zu verscharrten. Es waren weit mehr als
ein Dutzend.
Die beiden toten Waffenknechte aus Breuberg wurden zusammen
mit ihren Waffen in Decken gehüllt und auf einen der Wagen gelegt, um sie in
der nächsten Ortschaft christlich zu begraben.
Line versorgte mit Bellas Hilfe die eigenen Verwundeten.
Mehrere hatten Fleischwunden, die gesäubert und verbunden werden mussten, einem
renkte sie die ausgekugelte Schulter wieder ein. Nur der vierte bereitete Line
Sogen, er hatte eine Kopfverletzung davongetragen und war kaum ansprechbar.
Antonia kümmerte sich indessen um Geronimo, der sich bei
seinem unfreiwilligen Flug aus dem Wagen einige Prellungen zugezogen hatte.
Conrad ging zu ihm. „Aus dir wird einmal ein großer
Kämpfer“, sagte er und strich dem Jungen über das Haar.
Geronimo grinste schief trotz seiner Schmerzen. Aber die
Schrecken des Erlebten standen ihm noch ins Gesicht geschrieben.
In dieser Nacht schlief kaum jemand. Sobald der Morgen
dämmerte, gab Conrad den Befehl zum Aufbruch.
Von jetzt an wurden verschärfte Vorsichtsmaßnahmen
ergriffen, um nicht noch einmal Gefahr zu laufen, in einen Hinterhalt zu
geraten.
Jeweils zwei Kundschafter ritten voraus, um die Gegend zu
erkunden und die Fußsoldaten flankierten wachsam die Wagen.
Die Gefangenen hatte man gefesselt und auf dem letzten Wagen
zusammengepfercht.
Im Laufe des Tages kam ein kleines Dorf in Sicht. Conrad
schickte einen der Waffenknechte voraus, um zu erfragen, wo sich der Vogt
aufhielt. Der junge Ritter wollte nicht mit allen Männern im Dorf einziehen, um
die Bewohner nicht zu erschrecken. Es konnte leicht eine Panik unter den
Bewohnern ausbrechen, wenn ein Dutzend schwer bewaffneter Männer in ihr Dorf
einzogen.
Der Melder kam zurück und berichtete, sie müssten die
gefangenen Wegelagerer dem Grafen von Holstein übergeben. Aber natürlich wusste
man nicht, wo Adolf IV. sich zurzeit aufhielt. Er konnte genauso gut in Kiel
wie in Hamburg sein. Da sie sich bereits nördlich von Hamburg befanden und
weder umkehren noch bis Kiel reisen wollten, entschlossen sie sich, ihre Last
in der freien Reichsstadt Lübeck abzuliefern, wo man ebenfalls Gericht halten
konnte. Das war kein großer Umweg und dort konnten sie sicher wieder einmal in
einer der besseren Herbergen übernachten.
Jetzt, wo sie sich langsam ihrem Ziel näherten, brauchten
sie nicht mehr so sehr zu
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