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Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)
Autoren: Heiko Rolfs
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von ihm
ließ der Wolf sich jetzt streicheln. Er schien sich in einen zahmen Hund
verwandelt zu haben.
    „Was zum Teufel…“, raunte Martin.
    „Er ist ganz zahm“, sagte Line, „es ist ein Wolfshund, kein
Wolf.“
    Die Männer sahen sich zweifelnd an. Da keine Gefahr mehr zu
drohen schien, stiegen die Frauen vom Wagen und kamen langsam näher.
    Der Wolf stand plötzlich auf und ging an den Wegrand.
Von dort aus sah er sich nach Line um und jaulte. Sie folgte ihm und stieß
plötzlich einen unterdrückten Schrei aus, während sie erschrocken die Hände vor
den Mund hielt.
    Conrad, der ihr gefolgt war, sah sofort, was sie so
erschreckt hatte. Direkt am Waldrand lagen Leichen in den Büschen. Conrad
zählte fünf Menschen: Einen älteren Mann, eine Frau, einen halbwüchsigen Jungen
und zwei kleine Kinder. Dem Mann war der Schädel eingeschlagen worden, die Frau
war erwürgt worden und die Kinder wiesen Stichverletzungen auf. Die Familie war
offensichtlich Opfer von Wegelagerern geworden.
    Wieder jaulte das Tier herzzerreißend und sah Line anklagend
an.
    „Du wolltest uns gar nichts tun, nicht wahr? Du hast nur
deine Familie beschützt. Sonst hätten sie schon längst die wilden Tiere
angefressen. Das hast du gut gemacht. Wir werden sie begraben.“
    Der Hund sah sie an, als hätte er jedes Wort verstanden und
wedelte mit dem Schwanz. Jetzt sah er gar nicht mehr so gefährlich aus. Fast
schämten sich die Männer, dass der vermeintliche Wolf ihnen einen solchen
Schrecken eingejagt hatte.
    Sofort machten sie sich daran, die Familie zu begraben. Der
Hund saß daneben, beobachtete jede Bewegung und jaulte ab und zu. Geronimo gab
ihm etwas Speck, den er sofort gierig verschlang.
    Als sie weiter zogen, blieb der Hund auf dem frischen Grab
sitzen. Line, Antonia und Geronimo lockten ihn mitzukommen, aber er folgte
ihnen nur ein paar Schritte und kehrte dann wieder um.
    „Treu bis in den Tod“, sagte Line gerührt und traurig, als
sie noch einmal zurückschaute.
    Noch lange verfolgten sie die Klagerufe des Wolfshundes.
           
    *
        
    Der weitere Tag verlief ohne Zwischenfälle. Das Wetter blieb
wechselhaft. Als sie bis zum Abend in dieser nur dünn besiedelten Gegend keine
Unterkunft finden konnten, beschloss Conrad, wieder einmal im Freien zu
übernachten.
    Die Männer schlugen ihre Zelte auf, die Frauen lagen im
Wagen einigermaßen bequem und wurden von der Plane vor dem schon wieder
einsetzenden Regen geschützt.
    Nur Line schlief nicht bei den anderen Frauen. Wie immer,
wenn sie unter freiem Himmel nächtigten, schlüpfte sie wie selbstverständlich
in Conrads Zelt. Conrad genoss diese Nächte, in denen sich das Mädchen an ihn
kuschelte.
    Die anderen Männer lästerten schon, Conrad wäre jedes Mal
froh, wenn sie für die Nacht keinen Gasthof oder eine andere feste Unterkunft
fanden, denn dort schliefen die Männer getrennt von den Frauen. Den jungen
Ritter störte der gutmütige Neid der anderen nicht.
    Die Nacht war ruhig und die Wachen meldeten keine
Vorkommnisse.
    Noch vor der Morgendämmerung erwachte Conrad mit dem unbestimmten
Gefühl, vor dem Zelt ein Geräusch gehört zu haben. Vorsichtig, um Line nicht zu
wecken, kroch er unter der Decke hervor. Line rekelte sich.
    So leise wie möglich legte Conrad den Waffengurt an und
schlüpfte aus dem Zelt. Dabei wäre er beinahe über eine dunkle Gestalt
gestolpert, die quer vor dem Eingang lag. Schlief hier einer der Männer seinen
Rausch aus? Leise fluchend wollte er den Kerl mit dem Fuß anstoßen. In dem
Moment sprang die Gestalt auf und knurrte ihn an.
    Conrad erstarrte vor Schreck und tastete instinktiv nach dem
Messergriff, wagte aber kaum, sich zu bewegen. Vor ihm stand breitbeinig und mit
drohender Gebärde der große Wolfshund vom Vortag.
    „Zurück!“, rief Line hinter Conrad.
    Das Tier ging tatsächlich ein paar Schritte zurück und
knurrte nicht mehr, blieb aber wachsam stehen und ließ ihn nicht aus den Augen.
    An Conrad vorbei schlüpfte Line aus dem Zelt und ging auf
den Hund zu, der sich sofort entspannte und freudig mit dem Schweif wedelte.
Wieder verwandelte sich die gefährliche Bestie schlagartig in einen harmlosen
Schoßhund und ließ sich genüsslich von Line kraulen.
    Aber Conrad traute dem Frieden nicht. Er hielt weiterhin den
Messergriff umklammert, bereit, jederzeit einzugreifen. Dabei registrierte er,
dass das Blut an der Schnauze des Hundes verschwunden war. Vielleicht hatte er
aus einer Pfütze gesoffen und es sich
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