Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Rolfs
Vom Netzwerk:
würde
sie die beiden nicht mehr übertölpeln können. Sie wollte nur noch sterben.
    Als am Nachmittag der Riegel quietsche, erstarrte sie vor
Angst. Aber anstelle der Knechte kam erneut der Henker in seinem grünroten Rock
herein und brachte die versprochene Salbe. Er hatte sogar eine Schüssel mit
Wasser und einen halbwegs sauberen Lappen mitgebracht, so dass sie sich
notdürftig waschen konnte. Nachdem er alles wortlos vor ihr abgestellt hatte,
wandte er sich wieder zum Gehen.
    Als er schon an der Tür war, drehte er sich noch einmal um.
„Bist du wirklich eine Heilerin?“
    „Ich kenne mich ein wenig mit Kräutern aus“, erwiderte Line
ausweichend und schaute zu Boden.
    „Verstehe“, brummte er. „Der Richter hat befohlen,
geständige Gefangene so zu behandeln, dass sie bis zur Urteilsvollstreckung
unversehrt bleiben. Du hast also nichts zu befürchten.“
    Dann sah er sie mit einem undeutbaren Blick an und sagte:
„Meine Knechte sind tüchtige Leute, aber manchmal sind sie zu eifrig.
Ich denke, sie müssen nicht unbedingt wissen, dass es nur die Krätze
ist.“
    Nach einer kurzen Pause setzte er hinzu: „In Kürze wird der
Priester zu dir kommen, um dir die Beichte abzunehmen.“
    Dann verließ der Scharfrichter die Zelle, schlug die schwere
Tür hinter sich zu und schob den eisernen Riegel vor.
    Ungläubig starrte Line auf die Tür. Sie brauchte eine Weile
um zu begreifen, was der Henker gerade gesagt hatte. Er würde sie nicht
verraten. Die beiden Kerle würden sie nicht mehr belästigen. Aufatmend sank sie
in sich zusammen, Tränen der Erleichterung liefen ihr über das Gesicht.
    Was auch immer den Henker bewogen haben mochte, ihr zu
helfen, Pflichtbewusstsein oder Menschlichkeit, es war ihr egal.
    Es tat unendlich gut, in dieser von Menschen geschaffenen
Hölle ein wenig Menschlichkeit zu begegnen, und noch dazu ausgerechnet von dem
Mann, von dem man das am allerwenigsten erwarten konnte.
                  

XI
Wetzlar
    Hartungmond Anno 1230    
            
    Unbarmherzig trieb Conrad seine Tiere an, so dass selbst
Hektor voll gefordert wurde, den er den größten  Teil der  Strecke ritt. Der
hellbraune Wallach hielt tapfer mit dem unermüdlichen Schlachtross mit. In den
Nächten gönnte er sich und den Pferden nur wenige Stunden Ruhe.
    Schon am übernächsten Tag erreichte er ohne Zwischenfälle
die Lahn und sah bereits die Türme von Wetzlar in der Ferne aufragen. Er legte
eine kurze Rast ein und ließ die erschöpften Pferde im Fluss saufen. Auch er
selbst machte sich etwas frisch und zog sein scharfes Messer, um sich zu
rasieren, bevor er das letzte Stück des Weges anging. Er wollte nicht aussehen
wie ein Strauchdieb, wenn er in der Stadt nach Line suchte.
    Ein leichter Nieselregen fiel vom grauen Himmel, als Conrad
durch das südliche Stadttor in die freie Reichsstadt Wetzlar ritt.
    Zunächst musste er diese Dirne finden, die sich Bella
nannte. Bei den Torwächtern erkundigte er sich ohne Umschweife nach dem
städtischen Hurenhaus.
    Gern wiesen ihm die grienenden Männer den Weg und wünschten
ihm ein paar schöne Stunden. Conrad warf ihnen eine Münze zu und trieb sein
Pferd an.
    „Der hat es ja ganz schön eilig“, bemerkte einer der
Stadtwächter amüsiert.
    „Dem muss ganz schön die Hose drücken“, bemerkte der andere
trocken. Beide lachten dröhnend.  
    Die kleine Gasse befand sich direkt hinter der Stadtmauer,
so dass Conrad das Haus leicht finden konnte. Er sprang vom Pferd, band die
Tiere an einer dafür vorgesehenen Stange an und betrat den Schankraum des wenig
einladenden Gebäudes.
    Eine Welle von Gerüchen schlug ihm entgegen und es herrschte
ein fast unerträglicher Lärm. Conrad blieb unschlüssig stehen und suchte mit
den Augen nach dem Hurenwirt. Wie es schien, bestand die Kundschaft überwiegend
aus Handwerksburschen, Steinsetzern und anderen Bürgern aus der unteren
Gesellschaftsschicht.
    „He, schöner Bursche“, wurde er plötzlich von einer nicht
mehr ganz jungen Dirne angesprochen. „Komm, ich zeig dir was, das wird dir
sicher gefallen.“ Sie zog ihn zu einem der Tische und drückte ihn auf eine
derbe Holzbank. Dann setzte sie sich einfach auf seinen Schoß.
    „Ich suche Bella, kennst du sie?“, fragte Conrad. Er musste
fast schreien, um sich verständlich zu machen. Das Gegröle der überwiegend
jungen Männer wurde von dem Gekicher und Gekreische der käuflichen Frauen noch
übertönt.
    Die Dirne verzog den Mund. „Ich kenne keine

Weitere Kostenlose Bücher