Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)
höflich,
wobei er ihn von oben bis unten musterte, als wolle er abschätzen, ob er einen
lukrativen Kunden vor sich hatte.
„Zunächst einmal würde ich mir gern den Staub der Straße
abwaschen“, erwiderte Conrad vorsichtig. „Ich habe einen weiten Weg hinter
mir.“
Sein neuer Waffenrock, der Überwurf mit Kapuze aus gutem
Stoff und seine gute Ausrüstung mit dem wertvollen Schwert schienen Eindruck
auf den Schwarzen zu machen, denn er trat beiseite und ließ ihn ein.
„Ich bin Hassan“, sagte der muskelbepackte Diener mit wohl
tönender Stimme, „ich werde Euch zeigen, wo Ihr Euch Eurer Kleider und Waffen
entledigen könnt, Herr.“
Erstaunlicher Weise sprach der schwarze Diener völlig
akzentfrei.
Obwohl Conrad jetzt tatsächlich nichts gegen ein wohltuendes
Bad einzuwenden hätte, sagte er nun gerade heraus: „Eigentlich bin ich hier, um
mit Bella zu sprechen.“
Der Diener blieb stehen und musterte ihn skeptisch. Dann
sagte er etwas distanziert: „Ich werde sehen, ob sie frei ist.“
Also war er hier richtig. Conrad atmete auf. Da Hassan
weiter ging, folgte er ihm einfach. Zunächst musste er bei der Dame des Hauses,
die sich mit Martha vorstellte, einen unverschämten Obolus entrichten, um
überhaupt in die Badestube eingelassen zu werden. Glücklicherweise hatte seine
umsichtige Schwester ihn mit einer gut gefüllten Geldkatze ausgestattet.
Wie sich herausstellte, gab es im Umkleideraum mehrere
kleine abgetrennte Nischen, in denen die Gäste ihre Habe lassen konnten.
Ergeben entledigte Conrad sich seiner Waffen und Kleidung, die er in der Obhut
der Gewandhüterin ließ, einer korpulenten Frau, die ihre besten Jahre bereits
hinter sich hatte und einen sehr energischen Eindruck machte.
Er bekam ein leinenes Badetuch, das er sich um den Leib
schlang und betrat durch einen Durchgang den Baderaum. Hier herrschte eine
ausgelassene Stimmung. Mit dem Lärm im Hurenhaus, aus dem er gerade kam, war
die Atmosphäre jedoch keineswegs zu vergleichen.
Bratenduft mischte sich mit aromatischen, sündhaft teuren
Badezusätzen und die Stimmen der Gäste waren verhalten, das Gekicher der Dirnen
nicht ordinär.
Conrad wunderte sich darüber, wie gut das Haus besucht war,
obwohl die Woche gerade erst begonnen hatte. Üblicherweise waren die meisten
Kunden am Samstag zu erwarten, da der Sonntag arbeitsfrei war.
Von einem erhöhten Mittelsteg aus konnte man bequem in einen
der auf beiden Seiten aufgereihten Badezuber steigen, die groß genug für zwei
bis vier Personen waren.
Viele der Holzzuber waren bereits mit ein bis zwei Herren
besetzt. Sie wurden von überwiegend jungen, sehr dürftig bekleideten Dirnen
bedient, von denen sich einige zu ihnen in den Zuber gesellt hatten.
Ein stattlicher Herr verschwand gerade mit einem der Mädchen
im Arm durch eine Tür in einen Nebenraum.
Einige der anwesenden Herren rekelten sich schwitzend auf
Holzbänken, die sich am Ende des Raumes befanden. Durch den dichten
Wasserdampf, der von den mit Wasser übergossenen heißen Steinen aufstieg, waren
sie kaum zu erkennen.
Eine zarte Hand berührte ihn und führte ihn zu einem noch
unbesetzten Zuber. Sie gehörte zu einem schlanken, blonden Mädchen mit einem
herzförmigen Gesicht, das nicht viel älter als Line sein konnte, aber ihre
Formen waren ausgeprägter und weiblicher.
Mit einer Geste forderte das Mädchen Conrad auf, hinein zu
steigen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als ihrem Wunsch nachzukommen. Sie
reichte ihm einen Becher Wein und fragte lächelnd, ob er noch einen Wunsch
hätte.
„Bist du Bella?“, fragte er.
Statt einer Antwort raffte sie ihr Hemd und stieg kurzerhand
zu ihm in das warme Wasser. Bevor er sich versah, saß er zusammen mit dem
bildhübschen Mädchen im Zuber. Sie trug nur ein dünnes Hemdchen, welches im
Wasser völlig durchsichtig wurde und sich an ihren Körper schmiegte wie eine
zweite Haut.
Verlegen versuchte der junge Ritter, seine erwachende
Männlichkeit zwischen den angezogenen Beinen zu verbergen, was dem erfahrenen
Mädchen natürlich nicht entging.
Conrad räusperte sich, weil er seiner Stimme nicht traute,
bevor er das Mädchen ansprach. „Bist du Bella?“, fragte er noch einmal,
plötzlich etwas heiser.
„Ja. Du hast nach mir verlangt, sagt Hassan – und da bin
ich. Aber ich kenne dich nicht. Darf ich erfahren, warum du gerade nach mir
verlangt hast, schöner Ritter?“
Es irritierte ihn, von einer Dirne mit dem vertraulichen du angesprochen zu werden,
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