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Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Rolfs
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Conrad
noch einmal seine Erlebnisse in Qutremer sowie in Apulien und Sizilien
erzählen. Aber er tat es diesmal in Kurzform und ließ die blutigen Einzelheiten
weg, denn die Kinder waren noch wach und lauschten von ihrem Platz auf der
Ofenbank aus beinahe andächtig den Erzählungen des jungen Ritters. Conrad kam
ihnen vor wie ein Prinz aus einem der Märchen, die sie so liebten.
    „Wenn du in Jerusalem warst, hast du auch das Grab unseres
Herrn besucht?“, wollte Eva wissen und sah ihn mit großen Augen an.
    „Selbstverständlich. Ich glaube nicht, dass jemals ein
Christ in Jerusalem war, ohne am Grab Jesu zu beten.“
    „Es ist sicherlich prachtvoll“, schwärmte die Müllerin mit
glänzenden Augen.
    „Es ist eher unscheinbar. Ein Felsengrab, eine kleine Höhle
unter der Kirche des heiligen Grabes. Unser Heiland war nicht prunksüchtig,
auch im Tode kann er auf solchen weltlichen Tand verzichten“, entgegnete
Conrad. „Aber wenn man dort betet, erfasst auch den schlimmsten Sünder
Ehrfurcht und man glaubt fast körperlich Jesus Nähe zu spüren.“
    Eine Weile war es still. Matthes und Eva hatten die Hände
gefaltet, als würden sie sich vorstellen, in diesem Moment an Jesus Grab zu
beten.
    „Jerusalem ist eine Stadt, die man mit keiner unserer Städte
vergleichen kann“, fuhr Conrad fort, „sie ist von einer riesigen Mauer gänzlich
umschlossen, die unzählige Türme hat. Alle Häuser sind aus hellem Stein gebaut,
auch sämtliche Straßen sind mit Steinen gepflastert. Wenn die Sonne darauf
scheint, leuchten die Straßen und Häuser geradezu.
    Durch das Gemisch der Menschen aus den verschiedensten
Ländern ist es laut und bunt. Man trifft dort ebenso Juden in ihrer dunklen
Tracht und den langen Schläfenlocken wie griechische Patriarchen mit langen
Bärten und reich bestickten Umhängen, Moslems mit riesigen Turbanen und weiten
Mänteln. Christliche Frauen mit Holzschuhen sieht man ebenso wie verschleierte
muslimische Frauen in luftigen Gewändern, die sich lautlos und grazil bewegen,
fast als würden sie schweben.
    Feine Damen, deren Hände kunstvoll mit Henna bemalt sind,
werden mit bunten Sänften durch die Stadt getragen und stolze Herren mit
Turbanen auf dem Kopf schreiten einher, als gehörte ihnen die Welt.“
    „Was ist denn Henna?“, wollte Eva wissen.
    „Was ist ein Turban?“, fragte Matthes fast gleichzeitig.
    „Henna ist ein rotbrauner, sehr intensiver Farbstoff, der
aus einer Pflanze gewonnen wird. Man färbt damit Kleider, die Frauen malen sich
kunstvolle rote Muster auf Hände und Füße“, erklärte Conrad geduldig. „Ein
Turban ist ein Kopfschmuck der Männer, der aus einem langen Tuch gebunden wird.
Man kann ihn als eine Art breites Stirnband tragen oder auch hoch aufgetürmt.
Selbst die Kriegshelme der Sarazenen sind mit solchen Tüchern umwickelt. Bei
den Sultanen, den arabischen Fürsten, sind die Turbane besonders riesig.“ 
    Sven nickte versonnen und schwelgte ebenso wie Conrad in
Erinnerungen. Aber er sagte nichts und hörte lieber seinem jungen Freund zu,
der das Heilige Land in den schillerndsten Farben schilderte.
    „Die Märkte sind viel bunter als bei uns und es gibt süße,
saftige Früchte, die ich nie zuvor gesehen habe“, schwärmte er. „Außerdem gibt
es die verschiedensten Gewürze. Manche sind so scharf, dass sie einem das
Wasser in die Augen treiben.“
    „Und wundersame Tiere gibt es dort, auf denen die
einheimis-hen reiten“, mischte sich jetzt Sven ein. Die Zuhörer sahen ihn
erwartungsvoll an und Conrad nutzte die Gelegenheit, sich Bier nachzufüllen.
    „Sie nennen sie Kamele. Es sind hochbeinige, hässliche
Kreaturen mit Höckern auf dem Rücken. Und sie riechen furchtbar.“ Sven verzog
den Mund.
    Die Kinder lachten. Sie hatten längst ihre Scheu vor dem
Hünen verloren, der zwar Furcht erregend aussah, aber im Grunde seines Herzens
gutmütig war.
    „Aber sie sind ausdauernd und s-tark und können lange Zeit
ohne Wasser auskommen“, fuhr der normannische Ritter fort, „wenn man durch die
Wüste reisen will, sind sie unentbehrlich.“
    „Was ist eine Wüste?“, wollte Matthes Sohn wissen.
    „Gibt es solche Tiere wirklich?“, fragte seine Schwester
skeptisch.
    „Natürlich gibt es diese Tiere“, antwortete Sven mit
gespielter Entrüstung, „denkt ihr, ich binde Euch einen Bären auf?“
    Kurz blickten die Kinder etwas erschrocken drein, aber dann
sahen sie Sven schmunzeln und kicherten.
    „Eine Wüste ist ein weites Land, in dem es nur

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