Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

einem Dutzend
Sarazenen aufnehmen kann“, meinte der Otzberger.
    „Auf jeden Kämpfer des Kreuzfahrerheeres kamen mehr als ein
Dutzend Sarazenen, das könnt Ihr mir glauben, Otzberg. Die sind wie Gras, wenn
man es niederdrückt, richtet es sich wieder auf. Wenn man ein Grasbüs-hel
herausreißt, wachsen mehrere nach. Hätten wir Jerusalem mit dem S-hwert
erobert, wären uns nicht genügend Männer geblieben, es lange zu verteidigen.“
    „Wenn das ein Anderer gesagt hätte, würde ich ihm vielleicht
mangelnden Mut vorwerfen“, sagte der alte Ritter von Otzberg nachdenklich. „Aber
leider ist es so. Die Vergangenheit hat es gezeigt. Eine zeitlang waren wir die
Herren im Heiligen Land, aber nachdem Jerusalem fiel sind wir mehrmals daran
gescheitert, die Stadt zurück zu erobern. Selbst Kaiser Friedrich Barbarossa,
Gott sei seiner Seele gnädig, hat nicht geschafft, was sein Enkel Friedrich II.
vollbracht hat. Unser Kaiser ist König von Jerusalem und das Grab Christi ist
frei für alle christlichen Pilger.“
    „Aber um den Preis, dass dort auch die Moslems ein und
ausgehen können, wie es ihnen beliebt“, warf wieder der junge Hitzkopf ein.
    „Was ist s-hlecht daran?“, wollte Sven wissen.
    Einige der jüngeren Ritter wollten aufbrausen, aber Conrad von
Breuberg hob die Hand und brachte sie damit zum Schweigen.
    „Keine Sorge, meine Herren Heißsporne. Es wird noch genügend
Gelegenheit geben, das Kreuz zu nehmen, um für die Sache der Christenheit zu
streiten. Und das nicht nur im Heiligen Land. Noch vor gar nicht langer Zeit
habe ich mit meinem besten Freund, Heinrich von der Lühe, dem Vater dieses
jungen Ritters dort, an der Niederschlagung eines Aufstandes der slawischen
Stämme im Mecklenburgischen teilgenommen und sie in die rauen Wälder im Osten
zurückgetrieben.“
    Er machte eine kleine Pause, bevor er weiter sprach: „Das
Heilige Land ist weit weg, aber die Heiden sind viel näher, als die meisten
denken. Im Osten des Deutschen Reiches ist es momentan wieder ruhig, aber die
südlichen Grenzen der christlichen Welt werden von den Mauren bedroht. Es geht
nicht nur um das Heilige Land und Jerusalem, sondern um den Erhalt und die
Ausdehnung der gesamten christlichen Welt.“
    Der Burgherr schaute in die Runde. Dann erhob er sein Glas.
„Lasst uns heute Abend auf die beiden Männer trinken, die gerade von einem
erfolgreichen Feldzug aus dem Heiligen Land zurückgekehrt sind, auf Ritter Sven
Erikson von Skaane und Ritter Conrad von der Lühe!“ 
    Alle Ritter erhoben sich, tranken ihre Becher aus und ließen
die beiden Freunde hochleben.

XX
Aufbruch
    Wonnemond Anno 1230    
                                                                                                                  
    Die Heilerin Caroline aus Herbishofen wird eine Dienstmagd
brauchen, wenn sie Ritter Conrad begleitet“, sagte Agnes von
Jagersberg-Ebersberg am Morgen des Abschieds zu Constance.
    Diese stimmte ihrer Base zu. „Ich habe auch schon eine Idee,
wer diese Aufgabe übernehmen könnte.“
    Sie wusste, dass sie Antonia um diese Zeit am ehesten in der
Küche finden würde. Die Luft war von Rauch erfüllt, als Constance den
Küchentrakt betrat. Erschrocken hielten der Koch und seine Küchenhilfen in
ihrer Arbeit inne und sanken mit gesenkten Köpfen auf die Knie.
    „Lasst euch nicht stören“, sagte die junge Edeldame
aufgeräumt und trat auf Antonia zu. „Ich wollte dich fragen, ob du uns auf
unserer Heimreise begleiten möchtest. Caroline aus Herbishofen braucht eine
Dienstmagd“, sagte sie beinahe förmlich.
    „Natürlich“, rief Antonia erfreut, aber dann senkte sie den Kopf,
„es ist nur, mein kleiner Bruder…“
    „Selbstverständlich werden wir auch Geronimo mitnehmen“,
fiel Constance ihr ins Wort. „Wir haben bestimmt Verwendung für einen
aufgeweckten Jungen.“
    Antonia strahlte und sagte freudig zu. Dankbar sank sie in
einen tiefen Knicks.   
    Line war überglücklich, als sie hörte, Antonia würde sie
begleiten und auch Conrad war froh darüber. Das Mädchen mit den widerspenstigen
Haaren war Line auf ihrer gemeinsamen Reise eine gute Freundin geworden und
wenn er ehrlich war, musste er sich eingestehen, dass auch er Antonia vermisst
hätte. Auch für Geronimo fand sich sicher eine Aufgabe.
    Genauso wie Antonia hatte auch er ein besonderes Verhältnis
zu Tieren, er könnte also mit der