Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)
willst“, stellte
Conrad klar, „aber wenn du noch immer eine ordentliche Arbeit suchst - ich – wir könnten eine tüchtige Magd brauchen.“
Das junge Mädchen brauchte einen Augenblick, um zu
begreifen, was Godefroy de Colleoni und der junge Ritter gerade gesagt hatten.
Ungläubig schaute sie von einem zum anderen. Dann sah sie Marga an, die stumm
nickte. Einen Augenblick schien sie zu schwanken, was sie tun sollte.
Dann sah sie Conrad mit einem langen, forschenden Blick an,
den dieser offen erwiderte. „Wer ist wir ?“, fragte sie zaghaft.
„Meine Freunde, die ich dir gerne vorstellen möchte, einen
kennst du bereits“, erwiderte er ausweichend.
Bella sah ihn kritisch an. Sie spürte, dass er ihr etwas
verschwieg. Dann traf sie ihre Entscheidung. So eine Chance würde sie nie
wieder haben. Was konnte sie schon verlieren?
„Ich – ich muss – mein Bündel holen“, stammelte sie.
„Ich warte“, entgegnete Conrad äußerlich gelassen.
Es dauerte nur einige Augenblicke, bis Bella ihre wenigen
Sachen gepackt hatte. Zuletzt holte sie den kleinen Lederbeutel mit ihrem
Ersparten unter dem Strohsack hervor, auf dem sie lange Zeit geschlafen hatte.
Es war nur ein Bruchteil von dem, was Conrad für sie bezahlt hatte.
„Können wir?“, fragte sie etwas unsicher, als sie zurückkam.
Sie schien noch immer skeptisch.
Conrad leerte noch den angebotenen Becher Wein mit Godefroy
und verabschiedete sich dann höflich von dem Badehausbesitzer.
Bella umarmte Marga kurz. Von den anderen Mädchen konnte sie
sich nicht verabschieden, da sie bei der Arbeit waren, aber sie bat Marga, sie
von ihr zu grüßen.
Als sie auf die Straße traten, war es höchste Zeit, die
Stadt zu verlassen. Conrad half Bella auf das Packpferd und sie schafften es
gerade noch, bevor die Tore geschlossen wurden.
Conrad musste langsam reiten, denn Bella war alles andere
als eine gute Reiterin.
Erst viel später fiel Bella ein, dass sie sich ihr letztes
Wocheneinkommen nicht hatte auszahlen lassen. Aber das war ihr egal. Sie war
jetzt frei. Sie konnte gehen, wohin immer sie wollte. Mit ihrem Ersparten würde
sie allerdings nicht allzu weit kommen. Der junge Ritter hatte ihr eine
Anstellung als Magd in Aussicht gestellt. Warum nicht, so würde sie erst einmal
ihr Auskommen haben.
„Warum habt Ihr das getan, Herr?“, fragte sie gerade heraus.
„Es war das Mindeste, was ich für dich tun konnte.
Schließlich hast du mir damals das Leben gerettet.“
„Das habe ich für Caroline getan“, erwiderte Bella traurig.
Tränen traten ihr in die Augen, als sie an ihre Freundin dachte. Dann fragte
sie beinahe zaghaft: „Was ist das für eine Arbeit, die Ihr für mich habt, Herr
Ritter?“
Darüber hatte er noch gar nicht nachgedacht. „Wir haben eine
lange Reise vor“, entgegnete er ausweichend, „da wirst du dich ganz sicher
nützlich machen können.“
Er drehte sich zu ihr um und ergänzte schelmisch lächelnd:
„außerdem bist du so etwas wie eine Überraschung.“
Bella senkte den Kopf. Sie machte sich keine Illusionen, Überraschung für jemanden konnte nur bedeuten, man erwartete Liebesdienste von ihr.
„Für wen?“, fragte sie dennoch und erwartete irgendeinen
nichtssagenden Namen eines fremden Ritters zu hören oder eines Jüngelchens, der
in die Geheimnisse der Liebe eingeführt werden sollte.
„Für eine gute Freundin von dir“, erwiderte Conrad
geheimnisvoll, nach einer Kunstpause ergänzte er: „sie heißt Caroline, genannt
Line und wird sich bestimmt freuen, dich wiederzusehen.“
Bella riss die Augen auf. „Caroline? Ihr meint - aber sie
ist doch…“
„In der Grube erstickt? Das ist es, was alle glauben
sollten. Aber sie lebt. Wir haben sie damals retten können. Sie ist nicht weit
von hier in einem Gasthaus. Wir sind bald dort.“
„Caroline lebt?“ Bella strahlte über das ganze Gesicht. Es
war nicht dieses professionelle Lächeln, das sie während ihrer ersten Begegnung
aufgesetzt hatte. Dieses Lächeln erreichte auch ihre Augen und ließ sie
regelrecht erstrahlen.
„Wir haben alle um sie geweint. Schade, dass die Mädchen es
nie erfahren werden.“
„Es ist besser so“, sagte Conrad ernst.
„Ja“, bestätigte Bella.
Er musste zugeben, dass dieses Mädchen wirklich zauberhaft
aussah, wenn es lächelte. Vor allem dann, wenn das Lächeln echt war.
*
Li Chan wollte seinen Augen nicht trauen, als er vom Abort
kam und gerade wieder in die
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