Das mysteriöse Pergament 03 - Heimkehr (German Edition)
Augen.
Lisbeth sah sie erstaunt an. „Warum nicht?“, wollte sie
wissen.
„Er - ich habe ihn - eingesperrt - er ist im Vorratskeller“,
wisperte Antonia, „wenn du die Tür öffnest, tötet er mich.“
Die Köchin glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. „Du hast
was?“
Antonia nickte nur.
„War er es? Hat Arnulf dich so zugerichtet, Kind?“ Lisbeth
starrte ungläubig auf Antonias Hände, an denen drei Fingernägel fehlten. Die
aus dem Überwurf herausschauenden Unterarme waren völlig zerschnitten und
wiesen zudem kleine Brandwunden auf.
Wieder nickte Antonia.
„Nun, wenn ich nicht in den Keller gehe, wird es früher oder
später ein Anderer tun“, sagte Lisbeth kopfschüttelnd.
„Ja, zweifellos. Geh in den Keller, Lisbeth. Ich will nicht,
dass du Schwierigkeiten bekommst.“
„Wir werden dich erst einmal in dem Verschlag hinterm Stall
verstecken. Dann sehen wir weiter“, sagte die Köchin bestimmt.
„Ich muss zu Wenzel. Er ist bei Ritter Conrad. Er ist …“
Antonia brach ab, als sie Lisbeths Blick sah. „Das Zeltlager
ist abgeschlagen, die Belagerung aufgehoben. Ich weiß nicht, wo die Herrin und
Ritter Conrad sind“, sagte die Köchin betrübt. „Wir hatten gehofft, er …“
„Was sagst du da? Sie sind weg?“, Antonias Stimme überschlug
sich vor Verzweiflung. Ungläubig starrte sie die alte Köchin an. „Das kann nicht
sein.“
In diesem Moment war draußen ein ohrenbetäubendes Krachen zu
hören, welches die Außentür erzittern ließ. Das Geräusch war lauter, als wäre
ein Blitz eingeschlagen.
Die beiden Frauen sahen sich erschrocken an.
Kurz darauf stürmte die junge Magd Tine herein, die Lisbeth
regelmäßig beim Kochen half. „Das Tor - das Tor ist zertrümmert!“, rief sie
völlig außer sich.
„Was? Wie zertrümmert?“, fragte Lisbeth verständnislos.
„Es ist einfach auseinander geflogen, Flammen sind in den
Himmel geschossen und dann wurde ich zu Boden geworfen, wie von einer großen
Welle erfasst - aber ohne Wasser.“
„Was redest du da für wirres Zeug? War es ein Blitzschlag?
Aber wir haben doch kein Gewitter!“
Von draußen war plötzlich Kampfeslärm zu hören.
„Das ist der Teufel“, jammerte Tine ängstlich.
„Nein“, sagte Antonia sarkastisch, „der sitzt im Keller.“
Erst jetzt bemerkte Tine die Gestalt, die in Lisbeths Umhang
am Tisch kauerte.
„Das ist Ritter Conrad, er muss es sein“, sagte Antonia
beinahe beschwörend. „Hört ihr nicht das Klirren von Schwertern? Es ist ein
Überfall! Ritter Conrad kommt, uns zu retten.“ Sie wollte aufspringen und wäre
dabei beinahe hingestürzt.
„Ich hoffe, du hast recht“, meinte Lisbeth hoffnungsvoll und
half ihr wieder auf den Schemel. „Aber du kannst jetzt nicht einfach auf den
Hof hinauslaufen. Wir verriegeln die Tür und warten ab, was passieren wird.“
„Wie kommst du denn hier her?“, fragte Tine verständnislos.
„Ich dachte, du bist im Kerker, haben sie dich freigelas…“
Sie sprach nicht weiter, als sie die Verletzungen sah und
zog scharf die Luft ein. „Wir müssen dich verbinden, du blutest ja. Hast du
Schmerzen?“
„Nein.“ Antonia spürte ihre Schmerzen vor Aufregung kaum
noch. Sie stand auf und wankte zur Tür.
„Du wirst doch jetzt nicht hinausgehen?“, fragte Tine
ängstlich. „Hör auf Lisbeth, bleib hier.“
Aber Antonia ließ sich nicht zurückhalten. „Ich muss sehen,
was dort los ist“, sagte sie, öffnete die Tür und schlüpfte in die Dunkelheit
hinaus, während die beiden Frauen ihr ängstlich hinterher sahen.
Am Tor brannte es. Im Schein von züngelnden Flammen sah
Antonia Gestalten hin und her rennen. Schwerter klirrten aufeinander, Schreie
übertönten das Prasseln des Feuers.
Durch das zerstörte Tor kamen Bewaffnete auf den Hof
gestürmt und schnitten Arnulfs Männern den Weg ab, die sich in den Wehrturm
flüchten wollten.
Dann sah sie ihn. Auf seinem prachtvollen schwarzen
Schlachtross preschte Ritter Conrad von der
Lühe über den Hof, direkt auf den Wehrturm zu, dicht gefolgt von Manfred und
seinen Männern.
Antonia wollte zu ihm, wollte ihm sagen, dass sie Arnulf im
Vorratskeller eingesperrt hatte, aber ihre Beine wollten ihr kaum noch
gehorchen. Außerdem musste sie immer wieder fliehenden und kämpfenden Männern
ausweichen. Sie sah, wie Conrad vom Pferd sprang und gefolgt von seinen Männern
mit dem Schwert in der Hand in den Turm stürmte.
Antonia wankte auf die Tür zu und schlüpfte hinter ihnen
hinein. Aus der
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