Das Mysterium der Wölfe: Die Reise zu Kyrion (German Edition)
mit dem Messer in der Hand rein. Wir alle starren sie gebannt an und warten auf eine Antwort. Als sie uns aber keine gibt, bricht Christopher die Stille: "Das ging aber schnell! Haben Sie gute Nachrichten für uns?"
Kopfschüttelnd und mit ernster Miene setzt sie sich auf den Stuhl neben mir und legt das Messer auf den Tisch: "Ja, es hat in der Tat nicht lange gedauert...leider." Ich bin geschockt. Auch Christophers Miene hat sich nun verfinstert. Jake kann ich fast nicht ansehen, denn sonst erdrückt mich die Trauer und Verzweiflung in seinen Augen. "Ich habe nicht sonderlich lange gebraucht, um zu sehen, dass dieses Gift eines der stärksten ist, mit denen ich es jemals zu tun hatte. Es gleicht fast einem Wunder, dass du noch lebst. Eigentlich sollte dieses Toxikum einen ausgewachsenen Bären in die Knie zwingen." Einen ausgewachsenen Bären, oder auch eine Wölfin, die bereits am Ende ihrer Kräfte ist...
Jake will es offensichtlich noch nicht wahrhaben: "Soll das etwa heißen, dass sie gar nichts für uns tun können?"
"Das habe ich nicht gesagt...normalerweise würde ich bei solchen Fällen aufgeben. Wenn ich ehrlich bin, glaube ich auch nicht, dass ich viel für euch tun kann. Trotz allem werde ich euch helfen so gut ich kann." Sie dreht sich zu mir und nimmt meine Hände. "Ich spüre einen starken Willen in dir, Mädchen. Auf das kommt es an. Wenn du nicht aufgibst und dich nicht geschlagen gibst, kannst du es vielleicht schaffen. Aber es wird nicht leicht werden, das sage ich dir gleich. Du wirst große Schmerzen haben, die so manchen schon in den Wahnsinn getrieben haben. Es besteht nur eine geringe Chance, dass du überlebst und selbst dann wirst du vermutlich nicht mehr dieselbe sein, wie zuvor. Die Entscheidung liegt bei dir." Alle schauen mich erwartungsvoll an. Wie soll ich mich in so kurzer Zeit nur entscheiden? Ich bin bereits am Ende meiner Kräfte angelangt und soll mich nochmal einer so schmerzhaften Prozedur unterziehen? Macht das wirklich Sinn? Die Chancen stehen immerhin schlecht...und wenn ich die Hilfe jetzt verweigere, ist es mit mir bestimmt schneller vorbei...und weniger schmerzhaft...
Keiner sagt etwas. Niemand wagt die Stille zu brechen. Ich bin kurz davor mich gegen die Hilfe zu entscheiden...es einfach zu beenden...ohne großen Aufwand...aber dann sehe ich in Jakes Augen und alles ändert sich: diese wunderschönen bernsteinfarbenen Augen, die sich gerade mit Tränen zu füllen beginnen, lassen mich meine Meinung nochmal überdenken. Das kann ich Jake nicht antun, das kann ich mir nicht antun! Früher hätte ich bei so einer Entscheidung nicht allzu lange nachgedacht. Ich war unglücklich und hatte nichts für das sich das Weitermachen wirklich lohnen würde, aber nun ist das anders. Jetzt weiß ich endlich, wer ich wirklich bin. Das erste Mal in meinem Leben habe ich ein Ziel. Ich will unbedingt die Geheimnisse um meine Vergangenheit lüften und das geht nicht, wenn ich nicht mehr lebe. Also muss ich kämpfen! Ich muss weitermachen! So schnell gebe ich nicht auf! Ich bin eine Wölfin und habe auch vor noch lange eine zu bleiben!
Fest drücke ich die Hände der alten Frau: "Versuchen wir es!" Und mit diesen drei Worten habe ich jedem, der sich in diesem Raum befindet, neue Hoffnung geschenkt. Jake wischt sich unauffällig über die nassen Augen, Chris hat ein breites Grinsen im Gesicht und sogar bei der Besitzerin des Ladens sieht man die Freude.
"Dann packen wir es an, Mädchen! Gewöhn dich schon mal an dieses Zimmer, denn in den nächsten Wochen wirst du hier nicht so schnell rauskommen. Meine bescheidene Behausung wird vorübergehend auch euer neues Heim werden." Sie wendet sich zu Jake und Chris. "Und ihr beiden werdet nicht von ihrer Seite weichen, habt ihr das verstanden?" Beide nicken eifrig. "Dieses Mädchen braucht die tatkräftige Unterstützung von uns allen. Fürs Erste solltest du noch Kräfte sammeln und dich ausruhen. Dann beginnt die sorgfältige Recherche."
Chris fragt nach: "Recherche? Heißt das, dass Sie noch gar kein konkretes Heilmittel haben?"
"Du hast es erfasst, Junge! Während sie sich hier vorerst einmal ausruht, werden du und dein Freund mir beim Recherchieren helfen. Wir werden alles daran setzten, ein Gegenmittel zu finden. Dazu ist wirklich jede Hilfe nötig. Ihr werdet euch also ebenfalls mit der Kunst der Alchemie bekanntmachen müssen." Sie klingt fast schon ein bisschen euphorisch, als sie das sagt. Scheint so, als würde sie sich auf diese
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