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Das Mysterium: Roman

Das Mysterium: Roman

Titel: Das Mysterium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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Hängeohren. Sie betrachtete sie, suchte nach einer, die freundschaftlich
     mit dem Schwanz wedelte, um sie zu begrüßen.
    »Schöne Tiere, nicht wahr?« Ein Hundeführer legte ihr den Arm um die Schultern.
    Adeline nickte. Unter der Berührung des Mannes verspannte sich ihr Nacken. Sie wollte den Arm wegschlagen, wagte es aber nicht,
     weil sie fürchtete, den Hundeführer zu erzürnen. Der Mann und sie standen in der Toreinfahrt im Trockenen. Die Hunde schüttelten
     sich den Regen vom Fell.
    »Hast du mal gesehen, wie eine Meute Doggen einen Bären stellt? Die springen ihn an und kämpfen und ringen ihn nieder – das
     ist ein Schauspiel!«
    »Was tun die Bracken?«
    »Bracken hetzen das Rotwild. Der Leithund nimmt die Fährte auf, und dann lassen sie sich nicht mehr davon abbringen. Im besten
     Fall ist ein kräftiger Hirsch dabei. Sie jagen ihm nach und treiben ihn den Jägern vor den Bogen.«
    Vorsichtig befreite sich Adeline vom Arm des Hundeführers. »Verzeiht.«
    »Jaja, ich sollte ein Bad nehmen, ich weiß. Willst du mich ins Badehaus begleiten, Süße?«
    Sie schluckte. »Ich denke nicht. Ich bin hier, um die Bracke zu besuchen, die ich vorgestern hergebracht habe.«
    »Knochen? Den Ausreißer?«
    »Ihr nennt ihn Knochen? Aber warum?«
    »Der dort heißt Kuhblume, der da Hüftstück, die hier nenne ich Mädchen, den da Schurke, und der daneben mit dem braunen Flecken
     im Gesicht heißt Stumpf. Die Namen habe ich mir ausgedacht.«
    »Wo ist Knochen?«
    Der Hundeführer lief auf einen der Käfige zu. Er befahl: »Knochen, hierher!« Im Gewühl der aufgeregten Hunde drängelte sich
     eine Bracke nach vorn zur Käfigtür. »Ihr anderen bleibt!« Der Hundeführer öffnete die Tür um einen kleinen |106| Spalt. Mit Mühe zwängte sich die Bracke hindurch. Sofort schloß er die Tür wieder. Hundegeheul und wütendes Bellen waren die
     Antwort.
    »Du hast ein Glück«, sagte der Mann zur Bracke. »Eine wunderschöne Frau kommt dich besuchen. Da will man glatt Hund sein.«
    Knochen kam schwanzwedelnd angelaufen und steckte seine Nase in das Lederbündel. Wenn er nun zubiß und ihre Hand mit erwischte?
     Adeline hob das Bündel in die Höhe. Der Hund sprang und schnappte danach.
    »Aus!« Der Hundeführer packte ihn am Halsband und drückte ihn zu Boden. Er versetzte ihm einen Hieb mit der Faust. Knochen
     winselte.
    »Verzeiht«, sagte sie. Wegen ihr wurde der Hund geschlagen!
    »Was hast du da drin?«
    »Schlachterabfälle, die ich ihm mitgebracht habe.« Hastig knotete sie das Bündel auf. Sie legte es zu Boden und faltete das
     Leder auseinander. Knochen stürmte voran und grub seine Schnauze in das Fleisch. Er fraß so hastig, daß man meinen konnte,
     er habe wochenlang nichts bekommen. Einen Bissen nach dem anderen warf er sich mit ruckhaften Kopfbewegungen im Maul zurecht
     und schlang ihn hinunter.
    Über den Hof hallte das Wutgebell der anderen Hunde. Der Hundeführer lachte. »Das findet ihr ungerecht, was? Und du, Knochen?
     Wie hast du die Süße beeindruckt?«
    »Ich habe Hunde nie gemocht. Aber er war gut zu mir. Darf ich ihn morgen ein wenig spazieren führen?«
    »Durch die Stadt? Der läuft dir weg, kaum daß du durch dieses Tor gegangen bist. Einmal war er für drei Wochen verschwunden.
     Dann ist er verlaust und halb verhungert bei den Seelfrauen von Sankt Christoph aufgetaucht, und die haben ihn uns zurückgebracht.
     Knochen hat eine Vorliebe für Frauen.« Der Hundeführer grinste und entblößte faulige Zähne.
    Knochen leckte die letzten Reste vom Leder. Dann hob er den Kopf und schnupperte an Adelines Hand.
    |107| Adeline streichelte über den warmen, muskulösen Hunderücken. »Schön, dich zu sehen«, sage sie leise. Sie zog das rote Tuch
     hervor und band es ihm um den Hals. »Für dich. Gefällt es dir?«
    »Wo die Liebe hinfällt.« Der Hundeführer rollte die Augen.
    Adeline erhob sich. Sie fühlte sich unwohl in seiner Gegenwart. »Kann ich ihn trotzdem morgen abholen?«
    »Es steht keine Jagd an. Ich könnte ihn dir an die Leine legen, dann kann er nicht weglaufen. Überleg dir das mit dem Badehaus.«
    Sie sah zu Boden. »Ja.« Eilig ging sie zum Tor.
    Knochen folgte ihr. Er wedelte mit dem Schwanz.
    »Du mußt hierbleiben«, sagte sie. Sie zeigte auf den Hof. »Bleib! Ich hole dich morgen, dann laufen wir ein bißchen durch
     die Stadt, ja?«
    Der Hundeführer befahl: »Knochen, hierher!«
    Der Hund zögerte.
    »Geh schon, sonst kriegst du Ärger.« Sie mußte sich eingestehen,

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