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Das Nest

Titel: Das Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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das alles so geheimnisvoll.«
    »Ich fand es in einer Sammlung von Papieren aus Rupert Crabtrees Besitz, das ist der Mann, der ermordet worden ist.
    Seinem Sohn gehört eine kleine Softwarefirma in Fordham. Es befand sich an einem derart sonderbaren Platz, daß ich dachte, es könnte wichtig werden. Und jetzt, nach allem, was du mir erzählt hast, enthält es vielleicht mehr als einen Hinweis in einem Mordfall. Hast du eine Kopie des Bandes?«
    »Das mach’ ich immer, als Vorsichtsmaßnahme.«
    »Dann schlage ich vor, du nennst es Beethovens Streichquartette oder so ähnlich und versteckst es zwischen deinen anderen Kassetten. Ich finde es gut, wenn zur Sicherheit eine zweite existiert, falls meiner – oder mir – etwas zustößt.«
    Annie zog verwundert die Augenbrauen hoch. »Leicht übertrieben, was?«
    Lindsay lächelte. »Das hoffe ich.«
    »Mit einem HiFi-Doppeldeckrecorder kannst du dir übrigens selber eine Kopie anfertigen«, bemerkte Annie nebenbei. »Und heute abend fährst du nach Hause, ja?«
    Lindsay grinste. »Ja, Annie. Ich fahr’ nach Hause. Aber vorher hab’ ich noch einiges zu erledigen.« Sie stand auf. »Danke für die viele Arbeit. Sobald diese Geschichte vorbei ist, lad’ ich dich zum Abendessen ein, das verspreche ich.«
    »Hoffen wir, daß es sich dabei nicht um eine Phrase aus dem Standardwerk ›Berühmte letzte Worte‹ handelt. Sei vorsichtig, Lindsay, wenn es das ist, was ich vermute, dann ist es alles andere als ein Kinderspiel.« Plötzlich stand sie auf und schlang die Arme um Lindsay. »Paß auf dich auf«, warnte sie, als die Freundin sich löste und zur Tür schritt.
    Lindsay wandte sich um und zwinkerte Annie zu. »Ich pack’s schon, wirst sehen«, sagte sie.
    Der doppelte Horror von Einbahnsystem und öffentlichen Fernsprechern in Oxford festigte ihren Entschluß, in einen mobilen Telefonanschluß zu investieren, koste es was es wolle. Frustriert fuhr sie weiter Richtung Autobahn und fand schließlich in Headington einen funktionierenden Apparat. Sie kramte ihr Adreßbuch hervor und suchte die Nummer von Socialism Today, einem kleinen radikalen Monatsmagazin, in dem Dick McAndrew arbeitete. Sie wählte die Nummer und wartete auf die Verbindung. Dick war ein alter Freund von den Glasgower Sozialistinnen. Er hatte sich vor ein paar Jahren mit einer Reportage über genetische Schäden bei den Kindern britischer Armeeveteranen, die in den 50er Jahren an Atombombentests teilnehmen mußten, einen Ruf als fortschrittlicher Journalist gemacht. Dem hartnäckigen Glasgower haftete das Image des verwirrten Ex-Boxers an, hinter dem sich jedoch ein scharfen Verstand und ein verbissener Appetit auf die Wahrheit verbarg. Lindsay war zu Ohren gekommen, daß er kürzlich starkes Interesse am Geheimdienst und dessen Zentrale in Cheltenham bekundet hatte. Wenn es sich bei dem Papier um eine Aufzeichnung von Funksprüchen handelte, würde er es wissen.
    Das Glück war immer noch auf ihrer Seite. Sie erreichte Dick an seinem Schreibtisch und verabredete sich mit ihm zum Mittagessen in einem kleinen Pub in Clerkenwell. Das ließ ihr gerade genug Zeit, um nach Hause zu fahren und die Schmutzwäsche gegen eine Garnitur sauberer Sachen auszuwechseln. Auf der Autobahn ging’s zügig dahin, dafür brauchte sie im dichten Stadtverkehr des Londoner Westends um so länger. Hinter dem Lenkrad ihres MG zu sitzen, entspannte sie, und trotz der verstopften Straßen tat es ihr fast leid, als sie in die Highbury Fields einbog und vor dem Haus einparkte.
    Sie warf einen Blick auf die Uhr und beschloß, sich zur Abwechslung einmal etwas Zeit zu nehmen. Raus aus den Klamotten und unter die wunderbar heiße Dusche – ahh! Als sie wieder zum Vorschein kam, wählte sie nach reiflicher Überlegung ein knitterfreies Baumwollhemd und eine gefütterte Wollhose frisch aus der Reinigung. Sie zog sich rasch an und warf schließlich eine ältere Jacke aus Harris Tweed über, die sie ihrem Vater abgeluchst hatte. In der Küche hinterließ sie an der Pinnwand eine Nachricht: »Don. 12.45: Bin abends um acht wieder da, ruf sonst an. Kuß.«
    Sie schlüpfte in ein Paar weiche graue Mokkasins – eine echte Erleichterung nach den Stiefeln – und rannte auf die Straße hinunter. Dort sprang sie in ein vorbeikommendes Taxi, das sie vor dem Pub absetzte. Mit Hilfe ihrer Ellbogen kämpfte sie sich durch die mittäglichen Massen, bis sie Dick entdeckte, der in einer Ecke saß und verdrießlich in ein Glas Guinness starrte. »Du

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