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Das Nest

Titel: Das Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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kommst reichlich spät«, beklagte er sich.
    »Mein Gott, zehn Minuten«, protestierte sie.
    »Das ist der Job«, gab er gereizt zurück. »Da wirst du paranoid. Was nimmst du?« Lindsay versuchte, selber zu bestellen, aber er war total versessen darauf, sie einzuladen. »Eine so fitte Kollegin trinkt kein kleines Bier neben mir«, erklärte er. »Wenn ich ein großes sauf, dann hast du das gefälligst auch zu tun. Nur so werd’ ich weniger leicht reingelegt.«
    Er kehrte mit den Getränken zurück und schnorrte Lindsay sofort um eine Zigarette an. »Also«, sagte er. »Was tut sich? Schaust ja total grauenhaft aus.«
    »Mit Schmeichelei erreichst du bei mir gar nichts, McAndrew. Aber wenn du’s unbedingt wissen willst – ich steck’ mitten in den Nachforschungen zu einem Mord, meine Ex-Freundin erholt sich gerade von einem Anschlag, bei dem sie fast ums Leben gekommen wäre, Cordelia ist sauer auf mich und Duncan Morris guckt seit gestern in den Mond. Abgesehen davon ist das Leben einfach wunderbar. Und wie geht’s dir?« ratterte sie herunter.
    »Ach, ganz gut, weißt eh…« seufzte er ausgiebig vor sich hin.
    »So gut – was?«
    »Na ja… also Lindsay, was hast du für mich auf Lager? Was steckt hinter diesem Treffen? Muß ja hochinteressant sein, wenn du nicht einmal am Telefon einen Hinweis fallen läßt und dir sogar die Trottel vom Abhördienst ein zu hohes Risiko waren. Zum Teufel mit denen.«
    »Die Frage ist weniger, was ich für dich habe, als vielmehr, was du für mich tun kannst.«
    »Aber Lindsay, darüber haben wir doch schon geredet: So einer bin ich nicht!«
    »Wie schön für dich, McAndrew. Hör zu, es ist ernst. Vergiß den Simon Dupree aus der Schwulennummer. Ich hab’ da einen Computerausdruck, der möglicherweise verschlüsselte Funksprüche beinhaltet. Falls das zutrifft, könntest du’s rauskriegen?«
    Dick sah plötzlich aufmerksam und gespannt aus. »Wo ist das her, Lindsay?«
    »Das kann ich dir noch nicht sagen, Dick. Aber ich versprech’ dir, sobald alles dechiffriert ist, kriegst du jede Erklärung, die du willst.«
    Er schüttelte langsam den Kopf. »Du verlangst viel, Lindsay.«
    »Deshalb hab’ ich mich auch an dich gewandt«, meinte sie. »Willst du’s sehen?« Er nickte und sie übergab ihm den Ausdruck. Er nahm sich noch eine Zigarette und studierte die Papiere. Zehn Minuten später legte er sie wieder säuberlich zusammen und stopfte den Stapel in ihre Handtasche. »Na?« erkundigte sie sich behutsam.
    »Ich bin kein Experte«, begann er vorsichtig, »aber, wie du genau weißt, beobachte ich jetzt schon eine Weile interessiert undichte Stellen im Geheimdienstnetz. Und das sieht mir ganz nach dem Code einer amerikanischen Militärbasis aus. Zum Beispiel in Upper Heyford, Mildenhall.«
    »Oder Brownlow Common?«
    »Oder Brownlow Common.«
    »Und das bedeutet?«
    »Herrgott, Lindsay: Ich weiß es nicht. Ich bin doch kein Spezialist für Codes. Ich kenn’ schon jemanden, der es dechiffrieren könnte, wenn dir der Inhalt so furchtbar wichtig ist. Aber ich hätte gedacht, dir würde es genügen, zu wissen, daß du Top Secret Unterlagen in der Handtasche spazieren trägst. Das allein dürfte reichen, um dich für ziemlich lange Zeit von der Bildfläche verschwinden zu lassen.«
    »So empfindlich ist es?«
    »Lindsay, die östlichen Geheimdienste zahlen Hunderttausende Rubel für derartiges Material. Ehrlich gesagt, will ich gar nicht wissen, woher du das Zeug hast. Am liebsten würd’ ich vergessen, daß ich’s je gesehen hab’.«
    »Aber wenn du weißt, was es ist, muß dir doch sowas ähnliches schon einmal untergekommen sein.«
    Dick nickte und nahm einen großen Schluck aus seinem Glas. »Das stimmt, ja. Aber nichts, was auch nur annähernd diese Sicherheitsebene erreicht hätte. Es gibt ein System von Sicherheitscodes an der Spitze jeder Gruppe. Ich hab’ jedenfalls noch nie mit einem so diffizilen Code zu tun gehabt. Es ist wie der Unterschied zwischen dem, was die offizielle Parlamentsberichterstattung verlauten läßt und was die Premierministerin jeden Morgen ihrem Spiegelbild anvertraut. Du spielst da eine Nummer zu hoch, Lindsay.« Er stand plötzlich auf, ging an die Bar und kam mit zwei großen Whiskys zurück.
    »Zu Mittag schon Schnaps? Niemals«, verwahrte sie sich.
    »Niemals außer heute«, widersprach er. »Willst du meinen Rat? Fahr nach Hause und verbrenn diesen Ausdruck, geh mit Cordelia ins Bett und vergiß es. Das bringt dir nur Schwierigkeiten,

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