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Das Netz der Chozen

Titel: Das Netz der Chozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack L. Chalker
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Angelegenheit mit Moses' Vertreibung nicht für erledigt ansehen.«
    »Kannst du sagen, wann sie weggehen?« fragte Eva neugierig.
    Meine Verbindung mit dem Schiff erschien allen dreien als ein tiefes Mysterium; es verlieh mir eine Macht, die sie nicht teilten.
    »Ich habe die Energiedetektoren eingeschaltet. Wenn sie in den L-Sprung gehen, werde ich es merken. Man braucht eine Menge Energie dafür.«
    Ein paar Zyklen später rief mich das Schiff auf die Brücke. Ich war überrascht. Obwohl ich über keinerlei Zeitgefühl mehr verfügte, schien es mir viel früher, als ich ihren L-Sprung erwartet hatte. Sie waren auch nicht im L-Sprung. Die Energieleistung war zu gering für einen L-Sprung, und zu unregelmäßig. Diese Signale kamen von irgendwo aus dem System, und ich hatte so etwas noch nie gesehen. Das machte mich ziemlich nervös — und beunruhigte mich.
    Der Puls hörte nach einer Weile auf, aber die Energie war noch immer da, wenn auch etwas schwächer. Das war mir völlig rätselhaft. Signale wie diese hatte ich bisher nur von weit entfernten Sonnen empfangen.

    Etwas später kam dann der Energiestoß eines L-Sprungs. Es war ein gewaltiger Stoß. Baby Seiglein wollte bei Moses kein Risiko eingehen, daß er die Relaisstation nicht erreichte, bevor ihm der Kraftstoff für den konventionellen Antrieb ausging.
    »Sie sind fort«, seufzte ich, machte aber nicht sofort den Sprung, um zu Patmos zurückzukehren. Irgend etwas beunruhigte mich, irgend etwas hielt mich zurück, riet mir, nicht zurückzukehren, hierzubleiben, alles mögliche zu tun, aber nicht ins Christmas-System zurückzukehren.
    George fühlte meine Bedenken.
    »Wir müssen zurück«, sagte er leise. »Sie müssen es tun, Bar.
    Kommen Sie, wir wollen es hinter uns bringen.«
    Wir brauchten eine Stunde bis zum Christmas-System. Ich bin sehr vorsichtig bei L-Sprüngen. Immer. Ich möchte nicht einmal das astronomisch winzige Risiko eingehen, in irgendeiner Sonne zu landen.
    Die Strahlenschutzschilde des Schiffes klickten ein, ein automatischer Routinevorgang, der mich aber trotzdem zusammenzucken ließ. Es hätte so weit im Raum nicht geschehen dürfen, überlegte ich, und meine Nerven zitterten noch ein wenig mehr.
    Wir näherten uns Patmos, aber nicht zu sehen, nur auf fünfzigtausend Kilometer. Aber wenn die Sensoren nicht im Eimer waren, sah ich aus dieser Entfernung genug.
    Der Strahlungsanzeiger schoß über das Skalenende hinaus, die Oberflächentemperatur des Planeten betrug im Durchschnitt fünfhundert Grad, an einigen Stellen war sie noch höher. Es gab keine Eiskappen mehr, nichts. Ich konnte die Atmosphäre ohne Sonde nicht testen, aber die Instrumente deuteten mir an, daß sie kaum noch Ähnlichkeit mit der früheren hatte.
    Ich glaube, ich habe geschrien. Die anderen stürzten zu mir herauf, versuchten, mich zu beruhigen. Ich benahm mich wie ein Wilder, ich schlug um mich, keilte aus, spuckte Gewebefaden, rammte die Vorderhufe gegen die Wand. Zu dritt schafften sie es nach mehreren Minuten, mich zu Boden zu drücken, und ich lag erschöpft und keuchend vor der Konsole.
    Ich dachte an die Leute im Dorf — Guz, Mara —, alle ausgelöscht, alle tot, alle radioaktiver Staub.
    »Was ist geschehen?« fragte George ruhig. »Sag es uns, wenn du wieder ruhiger geworden bist.« Aber ich glaube, daß er die Antwort schon kannte. Ich atmete tief durch. Ich war schweiß-
    naß, und meine Brust hob und senkte sich mit meinen ange-strengten Atemzügen.
    Ich konnte nicht sprechen. George verstand, sah meine Aura, und sagte die Worte, die ich nicht fand. »Er hat sie alle umgebracht, nicht wahr?« Trauer schwang in seiner Stimme, doch sie klang trotzdem irgendwie klinisch.
    Ich nickte. »Dieser Bastard!« Und schwieg eine Weile, und dann sagte ich: »Nein, George. Ich habe sie umgebracht. Ich habe Seiglein hergeholt.«
    George schüttelte den Kopf. »Nein, Bar.« Sein Tonfall klang nicht mehr klinisch. »Sie waren bei Moses ohnehin so gut wie tot. Sie haben den einzigen Ausweg gewählt. Sie haben das einzig Richtige getan, das einzige, was Sie tun konnten. Außerdem war es ein gemeinsamer Entschluß. Ich war genau so gut daran beteiligt. Wir kannten die Risiken, und wir haben sie auf uns genommen.«
    Ich mußte ständig an die zerstörte Welt denken, an die grünen Ebenen, an ihre Hügel und Berge, an die schäumenden Flüsse — und an eine Milliarde Chozen. Zu Schlacke verbrannt.
    »Offen gestanden, habe ich etwas Ähnliches erwartet«, sagte George

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