Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Netz der Chozen

Titel: Das Netz der Chozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack L. Chalker
Vom Netzwerk:
Garten ist unsere Ernährungsgrundlage.«
    »Können wir nicht ein paar Vorräte von unserem Schiff holen?« bat Nadya. »Ich sterbe vor Hunger.«
    Marsha sagte nichts, aber die Erwähnung von Nahrung löste eine unbewußte Reaktion in ihr aus.
    »Sehen Sie sich die Knollen an, an den Graswurzeln«, sagte ich. »Probieren Sie eine. Sie schmecken wirklich ausgezeichnet.«
    »Ich denke nicht daran, das Zeug zu fressen!« protestierte Nadya. »Vielleicht ist es Gift für mich! Wir haben jede Menge Nahrung in unserem Schiff.«
    »Essen Sie die Knollen oder verhungern Sie«, sagte ich kalt.
    »Es ist die schnellste Methode.«
    »Die schnellste Methode wozu?« fragte Marsha nervös.
    Ich seufzte. »Das wissen Sie sehr genau.«
    Sie dachten eine Weile nach, dann hockten sie sich ins Gras. Marsha schnitt sich an den scharfen Halmen.
    »Blicken Sie auf die Schnittwunden«, sagte ich. »Beobachten Sie sie.«
    Sie sah mich verwundert an, tat dann aber, was ich sie geheißen hatte. Die Blutung hörte auf, und Schorf bildete sich über der Wunde.
    »Es heilt mit unglaublicher Geschwindigkeit!« rief sie atemlos.
    »Man merkt überhaupt nichts mehr!«
    »Sehen Sie?« sagte ich. »Sie sind schon unterwegs.«
    Sie hockten reglos im Gras, schweigend. Marsha starrte auf die verheilenden Schnitte. Nadya blickte unsicher umher.
    »Es stinkt hier nach Scheiße«, murmelte sie nach einer Weile.
    »Wie ein verpißter Schafstall.«
    Ich zuckte die Achseln. »Was glauben Sie, womit die Pflanzen gedüngt werden?« sagte ich. »Sie werden sich daran gewöhnen.«
    Als ich hinausging, hörte ich, wie sie sich übergab.
    Wir untersuchten Blut- und Gewebeproben; Ham und Eva grasten und behielten dabei die beiden Frauen im Auge, die von Stunde zu Stunde hungriger wurden. Aber noch widerstanden sie der Verlockung der Knollen — und das erforderte eine enorme Willenskraft, wie ich wußte.
    »Ich sollte mal auf die Nijinski gehen und mich dort umsehen«, sagte ich zu George. Ich wandte mich an die beiden Frauen.
    »Kennt eine von euch die Frachtliste?«
    »Wir haben alles mögliche geladen«, sagte Marsha. »Warum lesen Sie es nicht selbst?«
    Ich wandte mich um und sah sie an. »Blicken Sie mir in die Augen. — Begreifen Sie jetzt?«

    Sie hatte immer wieder unsere Augen angesehen, aber anscheinend nicht die richtigen Schlüsse gezogen. Unsere Erscheinung war so fremdartig, daß sie nicht auf Details geachtet hatte.
    »Sie sind blind!« rief sie erschrocken. »Aber dann . . . wie ...?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nicht blind. Wir sehen nur anders, mittels Schallwellen anstatt Lichtwellen. Ihr System ist besser für Menschen geeignet, das unsere besser für Chozen. Je mehr ich mich daran gewöhne, desto besser gefällt es mir.«
    Ich wandte mich ab und wollte zum Oberdeck hinaufgehen, als ich plötzlich Eva schreien hörte: »George! Paß auf! Sie will . . . «
    Ich fuhr herum und sah, daß Nadya sich bückte und etwas vom Boden aufhob — wahrscheinlich ein Bruchstück der Analysationskammer — und sich auf George stürzte.
    George fuhr ebenfalls herum, und dann erlebte ich etwas, das ich noch niemals zuvor erlebt hatte, weder als Mensch noch als Chozen.
    Vor mir verschwamm alles, und ein durchdringend greller Pfeifton drang in meine Ohren. Die Tonfrequenz war so stark, so hoch, daß der ganze Raum wie voll hochgespannter Elektrizität wirkte.
    Ich gewöhnte mich sofort daran, dämpfte sie auf meine normale Frequenz herab, und zuckte erschrocken zusammen. Es war ein unheimlicher Anblick: der Raum, die Menschen und die Chozen waren scharf umrissene Silhouetten vor einem feurigen Nebel. Der grelle Ton — er kam von George und von Ham! Sie starrten Nadya an, die völlig paralysiert schien, den Mund halb offen vor Schreck und Überraschung, in der Hand noch immer das scharfkantige Plastikstück, bereit zum Zuschlagen.
    Und dann sah ich, daß sie nicht reglos stand. Sie bewegte sich, aber langsam, unendlich langsam, so langsam, daß man es kaum bemerkte. Alles, was in dem Raum geschah, schien in einer irrealen Zeitlupe abzulaufen. Nur George war anscheinend diesem unbegreiflichen Phänomen nicht unterworfen. Er trat rasch einen Schritt zur Seite.
    Marsha, die noch immer im Gras hockte, begann gerade, sich umzudrehen und hob in einer unendlich langsamen Bewegung beide Hände, um sie an die Ohren zu pressen. Es würde eine ganze Weile dauern, bis es so weit war.

    Plötzlich sprang Ham auf Nadya zu — auch er schien der Zeit-dehnung nicht unterworfen

Weitere Kostenlose Bücher