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Das Netz der Chozen

Titel: Das Netz der Chozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack L. Chalker
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Fehler. Außerdem solltest du dir überlegen, was passiert, wenn sie sich nicht damit abfindet . . . «
    »Sei still, Eva«, unterbrach ich sie. Man soll nicht alles aussprechen.
    Aber im Prinzip hatte sie recht. Marsha war sozusagen auf Bewährung bei uns. Sie war ein Außenseiter. Wir konnten sie aufnehmen oder verstoßen. Ich hoffte, daß uns das erspart bleiben würde. Dieser Job war auch so schon schwierig genug, und irgendwie gefiel mir diese Frau. Sie besaß dieses gewisse Etwas, das sie von Nadya und den anderen Mitgliedern der Herde unterschied. Sie hatte sich die Fähigkeit des Denkens erhalten, der Anpassung an veränderte Umstände. Sie war eine Persönlichkeit.
    Und sie war ein ausgebildeter Pilot.
    Wir hatten es geschafft, aber etwas Schuldgefühl war zurückgeblieben, bei mir wenigstens.
    Ham und Eva wollten den neuen Raum entdecken, der unendlich viel größer war als die kleine Welt, die sie bisher kannten.
    Ich gab ihnen die Erlaubnis, sich auf dem anderen Schiff umzusehen, aber nur unter der Bedingung, daß sie zusammenblieben.
    Ich warnte sie vor den Gefahren der Gänge und Luken und ver-bot ihnen, die Laderäume zu betreten. Ich würde etwas später nachkommen.
    Ich ging zu meinem Schiff zurück und stieg ins untere Deck.
    Marsha hockte noch immer auf dem Boden, den Kopf in die Hände gestützt. George graste in ihrer Nähe.
    »Hat sie schon gegessen?« fragte ich ihn.
    »Nein. — Und sehen Sie sie doch einmal an. Wie mager sie geworden ist. Man kann fast die Knochen zählen! Die Veränderung kann nur die vorhandene Substanz beeinflussen, und davon ist nicht viel da. Wenn sie nicht bald ißt, wird sie verhungern.«

    »Marsha?« sagte ich leise. Sie blickte zu mir auf. »Sie müssen essen. Versuchen Sie die Knollen. Sie sind wirklich ausgezeichnet. Wenn Sie nichts essen, werden Sie verhungern.«
    »Nadya ...«, sagte sie zögernd. »Sie ist . . . fort?«
    »Ja«, sagte ich leise. »Uns blieb keine andere Wahl, Marsha.
    Und Sie müssen essen. Sie müssen!«
    »Sie hat eine Blutprobe für mich gemacht«, sagte George. »Ich habe die Schachtel mit den Injektionsspritzen mit dem Mund herausgeholt, und sie hat begriffen, was ich von ihr wollte.«
    Ich nickte. »Gut. Wenn sie nur endlich anfangen würde zu kooperieren. Dieser Zustand macht mich nervös!«
    »Sie hat es in jeder Beziehung nicht leicht gehabt«, sagte George. »Mein Gott! Was für eine Willenskraft diese Frau haben muß!«
    »Die könnten wir brauchen«, sagte ich. »Es wäre schade, wenn wir sie auch durch die Schleuse nach draußen schieben müßten.«
    Ich schaltete mich wieder in den Audioteil des Computers.
    »Kommen Sie, Marsha«, sagte ich drängend. »Selbstmord ist bei Ihnen nicht drin. Das weiß ich.«
    Sie starrte eine Weile zu Boden. Dann hob sie den Kopf. »Das kleinere — das mit den geraden Hörnern . . . ist das ein Weibchen?«
    Ich nickte. »Meine Tochter Eva.«
    »Und ich . . . ich werde so aussehen wie sie?« fragte sie zögernd.
    »Ungefähr.«
    »Es kommt mir alles so unwirklich vor, wie ein Creativisions-Horrorfilm!« Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann es einfach nicht glauben!«
    »Haben Sie Nadya lange gekannt?«
    »Nein. Eigentlich habe ich sie überhaupt nicht gekannt. Wir sind nicht gut miteinander ausgekommen. Sie war zwanzig Jahre älter, müssen Sie wissen, und das hat sie mich nicht eine Minute vergessen lassen.«
    »So wie sie wären Sie auch geworden, früher oder später«, sagte ich. »Zuerst die Milchmannrouten, jahrelang, immer hin und her; dann die besseren Strecken, bei besserem Gehalt, die goldenen Sterne auf der Karte der Corporation. Langweilig.
    Geisttötend. Entweder wären Sie bei einem Unfall umgekommen, oder Sie wären zu einem geistigen Wrack geworden, wie Nadya. Jetzt haben Sie eine Chance, jetzt gibt es für Sie einen Ausweg aus dem Labyrinth. Jetzt können Sie ein neues Leben beginnen, ein interessantes, aufregendes Leben. Kommen Sie zu uns, Marsha! Bringen Sie sich nicht um!«
    Sie streckte die Hand aus und brach eine Knolle ab. Sie blickte sie mißtrauisch an, drehte sie einige Male in den Händen . . .
    »Mein Gott, bin ich hungrig!« schrie sie und biß hinein.
    Nach dem ersten Biß — daran erinnerte ich mich noch sehr gut — gab es kein Zurück mehr. Sie hatte eine lange Zeit durchgehalten. Vielleicht hätte ich das auch geschafft, wenn ich wie sie vorher gewußt hätte, welche Konsequenzen er haben würde.
    Verwundert und etwas erschrocken sah ich, welche Wirkung er auf sie

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