Das Netz der Chozen
nicht einschlafen konnte. Ich wandte den Kopf und blickte zu Marsha hinüber.
Während der kurzen Zeit, die ich fort gewesen war, hatte sie sich bereits stark verändert. Sie lag ausgestreckt im Gras, in einer Art Koma. Sie trug noch immer den leichten Pilotenoverall, aber der Stoff spannte sich bereits an einigen Stellen, an denen er sich sonst nicht spannt, und ihr Gesicht kam mir breiter vor, etwas gedehnt. Ihr kurzgeschnittenes Haar begann auszufallen, und ich sah mehrere kahle Stellen an ihrem Kopf.
Ich lag reglos und starrte sie an, und dann fiel ich in eine tiefe Bewußtlosigkeit.
Ich fuhr aus dem Schlaf, als lauter Lärm an meine Ohren drang, die Stimmen von George und Eva.
Mein erster Blick fiel auf Marsha, die jetzt im Gras hockte und aß. Die Veränderung war erheblich fortgeschritten. Die Vorderläufe waren bereits gut entwickelt, die Ohren hatten fast ihre endgültige Länge erreicht, auch die Hinterläufe. Ihr Körper war noch etwas mager, zeigte jedoch schon die richtigen Proportio-nen für einen Chozen, und die Behaarung war bereits vollständig.
Und sie hatte eine grüne Färbung.
Nachdem ich diese Entwicklung mit einem kurzen Blick registriert hatte, sah ich zur Konsole des Biolabors hinüber. Sie bot einen verblüffenden Anblick.
George und Eva untersuchten Proben. Ich kannte die meisten davon und wußte, daß fast alle ohne meine Mithilfe bearbeitet werden konnten; aber nur ich konnte durch den Computer die Proben in Schallbilder übertragen, die George erkennen konnte.
George schien jetzt aber ohne diese Hilfe zurechtzukommen.
Eine riesige, spinnenförmige Gestalt hing an der Decke, und sie sprach.
»Das rote Areal von Nummer siebenundzwanzig, Kette drei, entwickelt jetzt Pseudopoden im Winkel von acht Grad, Färbung stabil im weiß-blauen Bereich«, sagte eine Stimme.
George nickte, anscheinend zufrieden.
»Dann wird es Zeit, daß wir Musik machen«, murmelte er.
Ich sprang auf. »Was ist hier los?« fragte ich verwirrt.
George warf mir einen raschen Blick zu. »Oh. Hallo, Bar. Ich habe mich schon gefragt, ob Sie jemals wieder aufwachen würden. Sie sollten etwas essen. Sie sind schon seit zwei Zyklen abgetaucht. Wie fühlen Sie sich?«
»Gut«, murmelte ich, noch immer durcheinander. Ich blickte zu dem Roboter hinauf, und mir fiel ein, daß ich einen von ihnen schon in einer ähnlichen Position erlebt hatte. Die Erinnerung daran war nicht gerade angenehm, und sie machte mich nervös.
»Was soll das Ding hier?« fragte ich mißtrauisch.
»Es hilft uns, das Virus in den Blutproben zu analysieren«, antwortete Eva an seiner Stelle. »Es kann so sehen wie ein Mensch.«
Natürlich konnte der Roboter das. »Aber — er ist ein Gärtner!«
»Nein, er ist ein Allzweckroboter, der zum Gärtner programmiert worden ist«, sagte George. »Es ist billiger, ein Standardmodell herzustellen und nur die Programmierungen zu variieren.
Das müßten Sie eigentlich wissen. Roboter waren doch wichtige Bestandteile Ihres täglichen Lebens, nehme ich an.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nicht solche wie der da. Ich kenne Roboter auf Rädern, auf Laufketten, sogar einige, die menschliche Gestalt besaßen, aber keine Spinnen.«
»Vermutlich eine Neuentwicklung«, erwiderte George. »Und Sie haben eine tiefsitzende Phobie gegenüber Spinnen.«
Es stimmt, daß ich sie nicht mochte, aber ich ersparte mir eine Antwort. Ich aß etwas, um wieder zu Kräften zu kommen.
»Schon Fortschritte?« fragte ich zwischen zwei Knollen.
»Wir sind auf dem besten Wege«, sagte er.
»Wozu diese Bescheidenheit!« protestierte Eva. »Er hat es fast geschafft, Bar! Er macht mit ihren Blutproben, was er will. Die Viren hören auf seine Befehle wie folgsame Kinder!«
Ich starrte den Biologen an. »Ist das wahr?«
»Nicht ganz«, sagte er vorsichtig. »Was ich brauchte — und was Sie mir nicht geben konnten —, war eine genaue Beschreibung der Molekularstruktur des Virus in seiner ersten Entwicklungsphase. Ich war natürlich sehr behindert, weil ich kein Muster des ursprünglichen Darmvirus mehr hatte, von dem Moses ausgegangen war. Und ich konnte mich auch nicht mehr daran erinnern — schließlich liegt das gut zwanzig Jahre zurück —, aber es war kein kompliziertes Virus, soweit reicht meine Erinnerung noch. Ich ging davon aus, daß die von Moses bewirkten Veränderungen mathematische Abwandlungen der Grundstruktur waren und nicht eine vollständige Mutation. Denken Sie daran, daß es nur fünfzig Jahre —
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