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Das Netz der Chozen

Titel: Das Netz der Chozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack L. Chalker
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wie George.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann es nicht glauben. Sie wirken so — selbstsicher, beherrscht. Ich weiß, wie Aufklärer sind, wir hatten zwei davon in meiner Kommune. Allerdings sahen wir sie nicht oft; sie waren wie Sie: psychisch stabil wie Maschinen, die mit jeder Situation fertig wurden. Das war der einzige Grund, warum ich Ihnen glaubte — Ihre Art, Ihre gelassene Sprache, die selbst der Computer durchklingen ließ, Ihre Symbiose mit Ihrem Schiff. Ich wußte gleich, daß Sie die Wahrheit sagen, einfach, weil es Ihre Art ist.«
    »Unsinn«, sagte ich, »dieses Gerede von maschinenartiger Härte und Selbstsicherheit. Die anderen können Ihnen sagen, wie wenig ich davon habe. Es ist weiter nichts als ein Mythos.«
    Sie schüttelte ungläubig den Kopf, dann hob sie ihn und lauschte.
    »Ist George nicht hier?« fragte sie.
    »Nein, er ist drüben auf der Nijinski und hilft den Kindern beim Zuschneiden und Auslegen der Grassoden«, sagte ich.
    »Außer uns beiden ist niemand hier.«
    »Dann hören Sie bitte zu«, sagte sie ernst. »Ich habe mich oft mit George unterhalten. Ich mag ihn. Er ist mir ähnlicher als Sie.
    Wenn er nicht gewesen wäre, hätte ich Sie gebeten, mich aus der Schleuse in den Raum zu stoßen, wie Nadya. Ich habe ihn sogar einmal darum gebeten, aber er hat es mir ausgeredet.«
    Das überraschte mich. Es paßte so gar nicht zu dem Bild, das ich mir von ihr machte. Und das mußte erst vor kurzer Zeit gewesen sein, denn erst im vorletzten Zyklus der Verwandlung war sie in der Lage, George zu hören.
    Aber nein, fiel mir dann ein. Es gab schließlich Kain, der über die trennende Frequenzkluft hinweg den Dolmetscher hatte spielen können.
    »Er hat mir über die Bombardierung von Patmos erzählt«, sagte sie leise. »Er hat mir von eurer Welt berichtet, von der Welt der Chozen, wie schön sie einmal war, wie freundlich ihre Bevölkerung. Und von seiner Tochter — Mara hieß sie, nicht wahr?«
    Ich nickte, obgleich sie es nicht sehen konnte. »Evas Mutter.«

    Sie seufzte. »Ja — und jetzt sind Sie hier. George hätte es nicht schaffen können, Bar, selbst wenn er sich mit diesem Schiff aus-gekannt und eine Verbindung zum Computer hätte herstellen können. Seiglein hätte ihn abgeknallt — er hätte jeden abgeknallt; nur ein trainierter Aufklärer konnte seine Absicht erkennen und ihr ausweichen.« Sie bewegte den Kopf, und ihre blinden Augen blickten mich an.
    »Was haben Sie damals gefühlt, als Sie sahen, was er Ihrer Welt angetan hatte?« fragte sie ruhig.
    »Der Schmerz ist noch genau so stark wie damals«, versicherte ich.
    »Sie haben getobt und geschrien, habe ich gehört.«
    »Und wie«, gab ich zu. »Was sagen Sie jetzt zu meiner Selbstbeherrschung?«
    »George hat mir gesagt, daß er sich und euch drei töten wollte.
    Er hat es nicht getan, weil er wußte, daß Sie es nicht zulassen würden.«
    George? dachte ich erschüttert. Der zuverlässige, ruhige George? Der Mann, der mich damals beruhigt hatte, der meine rasende Wut zu einem dumpfen Schmerz reduziert hatte?
    Hatte ich mir eigentlich irgendwann überlegt, was George durchgemacht haben mußte?
    Ich fühlte mich plötzlich sehr, sehr klein, und ich sagte es Marsha.
    »Das haben Sie nicht nötig!« erwiderte sie fast grob. »Was soll das? Sie haben ihn gerettet, Bar Holliday! Ihn und Ham und Eva.
    Er ist ein großer Mann. Aber das sind Sie auch, auf Ihre Weise.
    Die Tragödie wäre noch größer geworden, wenn auch das geopfert worden wäre.«
    Ich schwieg. Mit ihrem letzten Satz war ich nicht einverstanden, aber mir fiel nichts ein, das ich ihr hätte erwidern können.
    »Deshalb bin ich noch hier und verwandle mich in eine Kreatur wie ihr welche seid«, sagte sie nach einer langen Pause. »Deshalb spreche ich mit Ihnen und George, beobachte Sie, und die Kinder, diese unglaublichen Kinder, die Sie beide geboren haben. Ich weiß, daß Sie etwas vorhaben, Sie und George. Etwas Gewaltiges. Ich fühle es, auch wenn ich es nicht verstehen kann.
    Ich möchte dabei sein, in der Gesellschaft großer Männer, die große Dinge tun, Bar Holliday. Wenn ich sie nicht verstehe, so will ich doch wenigstens Anteil an ihnen haben. Das ist viel großartiger, als eine Roboterexistenz zwischen der Kommune und Creativision auf einer Milchmannroute.«
    Ich lächelte. Ich hatte mich also doch nicht geirrt, als ich glaubte, an dieser Frau das gewisse Etwas entdeckt zu haben.
    »Große Gelegenheiten machen große Menschen und große

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