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Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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schlich ich zur Küchentür und öffnete sie einen Spalt. Mr. Rensdale und Vera saßen im Wohnzimmer. Ein Feuer prasselte im Kamin, Funken sprühten. Es war November und gerade kalt genug, um ein Feuer anzumachen. Dieser Nachmittag war feucht und düster, aber das Feuer verbreitete Gemütlichkeit in diesem kleinen Raum, als Lámar Rensdale jetzt aufstand, um eine Platte aufzulegen. Schuberts ›Serenade‹ erfüllte das Zimmer mit süßer Musik, und jetzt wußte ich, daß ich heimlich einer Verführungsszene zuschaute.
    Da stand ich, unfähig zu entscheiden, was ich tun sollte. Eine Stunde mußte noch vergehen, ehe Arden michabholen würde. Der Weg nach Hause war lang und auf der Schnellstraße zu Fuß nicht ungefährlich. Andererseits würde ich nicht so dumm sein, per Anhalter heimzukommen. Nein, ich wollte mich wieder auf die Veranda setzen, trotz der Kälte. Doch statt mich zu bewegen, überlegte ich hin und her, um mit ansehen zu können, was im Wohnzimmer vor sich ging.
    »Du tanzt einfach prachtvoll«, sagte Lámar Rensdale. »Ich habe dir doch gesagt, daß man kaum merkt, daß du hinkst. Du machst aus einer Mücke einen Elefanten, Vera. Wenn ein Mädchen so hübsch ist wie du und deine Figur hat, dann wird kein Mann einen so kleinen Fehler bemerken…«
    »Dann ist mein Hinken ein Fehler? Lámar, ich hatte gehofft, du würdest mich perfekt finden.«
    Ihre Stimme klang klagend und süß, vorwurfsvoll und doch rührend. Liebte sie ihn wirklich? Konnte sie das? Sie war letzte Woche doch erst sechzehn geworden.
    »Wirklich, Vera, du bist sehr hübsch und reizvoll und sehr verführerisch. Aber du bist zu jung für einen Mann meines Alters. Zwei Jahre lang haben wir wundervolle Stunden miteinander verbracht, und ich hoffe, du wirst niemals auch nur eine Sekunde davon bereuen. Aber jetzt reise ich ab. Du solltest dir einen Jungen in deinem Alter suchen, einen Jungen, der dich heiratet und dich von dem Haus fortholt, das du so sehr zu hassen scheinst.«
    »Du hast gesagt, du liebst mich, und jetzt redest du so, als wäre das nicht der Fall«, heulte Vera, und Tränen liefen über ihr Gesicht. »Du hast mich nie geliebt, oder? Du hast das nur gesagt, damit ich mit dir ins Bett gehe…Und jetzt, wo du meiner müde bist, willst du eine andere, eine neue. Und dabei liebe ich dich so sehr!«
    »Aber natürlich liebe ich dich, Vera. Nur bin ich nichtbereit zum Heiraten. Du weißt, daß mir diese Professur sehr wichtig ist. Ich habe in New York gesagt, daß ich nicht verheiratet bin, und das hat ihnen gefallen. Sie dachten, daß ich deshalb mehr Energie für den Unterricht haben würde. Bitte, Vera, vergiß nicht, daß ich nicht der einzige Mann auf der Welt bin.«
    »Für mich bist du das aber!«
    Ihr Heulen wurde lauter. »Ich würde für dich sterben! Ich habe mich dir geschenkt. Du hast mich verführt und mir geschworen, daß du mich immer lieben würdest, und jetzt, wo ich schwanger bin, willst du mich nicht!«
    Zutiefst entsetzt fuhr ich zurück.
    Mr. Rensdale zwang sich zu einem beherrschten Lachen. »Mein liebes Mädchen, du kannst unmöglich schwanger sein. Versuche nicht diesen alten Trick mit mir.«
    »Aber ich bin es«, jammerte sie. Als das keine Wirkung zu haben schien, bewegte sie sich, schmollte, vergrub sich dann noch tiefer in seine Arme. Sie preßte sich so eng an ihn, daß die beiden zu einer Person zu verschmelzen schienen. »Lámar, du liebst mich, ich weiß, daß du mich liebst. Liebe mich noch einmal, jetzt, auf der Stelle. Laß mich noch einmal beweisen, wie sehr ich dich erregen kann…«
    Ich stöhnte auf, als ich sah, wie ihre Hände über seinen Rücken glitten, dann hinab zu seinem Gesäß, während sich ihre Lippen öffneten und sie ihn mit wilder Leidenschaft küßte. Mir wurde allein vom Zuschauen schon fast schwindlig. Dann tat sie etwas, was ich nicht sehen konnte. Noch immer spielte die Musik, brannte das Feuer.
    »Nicht…«, bat er, als sie aggressiver wurde und an dem Reißverschluß seiner Hose zerrte. »Audrina hat gestern irgendwas davon erwähnt, sie würde vielleicht vorbeischauen, um sich zu verabschieden…«
    »Bringst du ihr auch bei, was du mir beigebracht hast?« fragte Vera leise. »Ich wette, ich bin zehnmal besser als sie–«
    Er packte sie und schüttelte sie an den Schultern, und dabei rief er: »Hör auf, so etwas zu sagen! Audrina ist ein reizendes, unschuldiges Mädchen! Gott allein weiß, wie es kommt, daß ihr beiden euch so verschieden entwickelt habt.«
    Als er

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