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Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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lassen«, sagte er tonlos. »Sie hat mir gesagt, sie würde niemals damit laufen können, aber ich dachte, sie könnte wenigstens hübsche Beine zum Vorzeigen haben, wenn ich mit ihr in die Stadt fuhr. Sie hätten über die Stümpfe gepaßt und gut ausgesehen. Dann hätte sie nicht immer diese langen, weiten Kleider tragen müssen…oh, oh, oh…«
    Er schluchzte. Vorsichtig legte er Billie wieder auf den Boden. Dann sprang er auf die Füße und versuchte, Sylvia zu packen. »Verdammt!« brüllte er, als ich dazwischentrat.
    Ich schob Sylvia hinter mich und hörte, wie sie vor Angst wimmerte. »Warte eine Minute, Papa. Sylvia war die ganze Zeit über bei mir. Wir sind zum Fluß hinuntergegangen, und als wir wiederkamen, lag Billie tot am Boden.«
    »Aber Vera hat doch gerade gesagt–«schrie er. Dann brach er ab, schaute von mir zu Vera.
    »Du kennst Vera ja, Papa. Sie lügt.«
    »Ich habe nicht gelogen!« kreischte Vera. Ihr blasses Gesicht war jetzt sehr weiß, ihr Aprikosenhaar wie flüssiges Feuer. »Ich habe gehört, wie Billie Sylvia angeschrien hat, und dann hörte ich Billie aufschreien. Audrina ist die Lügnerin!«
    Papa kniff die Augen zusammen und versuchte zu erraten, wer von uns die Wahrheit sagte. »Also schön, ihr erzählt beide eine andere Geschichte.«
    Er schniefte und wischte sich die Tränen fort. Achselzuckend wandte er sich dann um, damit er Billie nicht sehen mußte. »Ich weiß, daß Vera eine Lügnerin ist,und ich weiß auch, daß Audrina alles tun würde, um Sylvia zu schützen. Wie auch immer Billie gestorben ist…ich kann Sylvias Anblick jetzt nicht ertragen. Ich werde sie in eine Anstalt bringen müssen, damit sie nie wieder jemandem etwas antun kann.«
    »Nein!« schrie ich, zog Sylvia an mich und hielt sie beschützend in meinen Armen. »Wenn du Sylvia fortbringen willst, dann schick mich mit ihr! Was auch immer geschehen ist, es war ein Unfall.«
    Seine harten Augen wurden zu Schlitzen. »Dann war Sylvia also nicht die ganze Zeit über bei dir?«
    Da fiel mir etwas ein, nahm mir eine schwere Last vom Herzen. »Papa, Sylvia wollte nie auch nur in Billies Nähe gehen. Sie weigerte sich, sich von Billie anfassen zu lassen, und sie hätte Billie niemals freiwillig berührt, auch nicht, um den Karren zu bekommen. Ihre Art war es, Billie den Karren zu stehlen, wenn sie einmal nicht hinsah.«
    »Ich glaube dir nicht«, sagte Papa und schaute Sylvia angewidert an. »Ich hoffe nur, daß die Polizei dir glauben wird–um deinetwillen. Zwei Tote, die dieselbe Treppe hinabgestürzt sind– das wird schwierig zu erklären sein.«
    Papa war es, der die Polizei rief. Als die Beamten eintrafen, hatten wir uns alle wieder in der Gewalt. Nachdem Billie ein dutzendmal fotografiert worden war, wurde sie fortgebracht.
    Papa, der vor dem verschnörkelten Kamin auf und ab schritt, gab eine imposante Gestalt für den Inspektor ab, der mit den beiden selben Polizisten erschienen war, die auch schon den Tod meiner Tante untersucht hatten. Papa erzählte seine Geschichte ohne Umschweife.
    Dann war Vera an der Reihe. Ich staunte darüber, wie sehr sie Sylvia schonte. Mit keiner Silbe erwähnte sie dieRufe oder Schreie, die sie gehört hatte. »Ich habe gebadet, die Haare gewaschen, meine Nägel lackiert, und als ich aus dem Bad kam, hörte ich meine Cousine unten in der Halle weinen. Als ich nach unten kam, sah ich Mrs. Lowe am Fuß der Treppe.«
    »Eine Minute, Miß. Sie sind nicht Mrs. Audrina Lowes Schwester?«
    »Wir sind wie Schwestern in diesem Haus aufgezogen worden, aber in Wirklichkeit sind wir Cousinen ersten Grades.«
    Papa sah sie wütend an, schien aber gleichzeitig erleichtert aufzuatmen.
    Dann war es an mir, zu wiederholen, was ich wußte. Ich dachte über jedes Wort sorgfältig nach, tat mein möglichstes, um Sylvia zu schützen, die in einer fernen Ecke kauerte. Sie ließ den Kopf so tief hängen, daß ihr langes Haar ihr Gesicht völlig verdeckte. Sie erinnerte mich an einen jungen Hund, der sich schlecht benommen hat und sich danach in eine dunkle Ecke verkrochen hat.
    »Meine Schwiegermutter hat sich immer von einer Stufe zur anderen hinabgelassen. Dabei hat sie ihren Karren immer zuerst auf die nächst tiefere Stufe gestellt. Genauso ging sie die Treppen auch hinauf. Ihre Arme waren sehr kräftig. Sie hatte einen Splitter in einem Finger. Sie muß zuviel Gewicht auf die andere Hand verlegt haben, dann hat sie das Gleichgewicht verloren und ist gefallen. Ich bin mir natürlich nicht sicher,

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