Das Netz
Schwesterntracht verfolgt.«
39
»Das darf doch nicht wahr sein«, schäumte Tweed. »Sie haben trotz meiner ausdrücklichen Befehle das Krankenhaus betreten? Was haben Sie sich denn dabei gedacht? Das Wichtigste bei unserer Operation ist doch, dass die El Kaida nicht weiß, dass wir ihr auf der Spur sind.«
Newman stand mit vorgerecktem Kinn und trotzig funkelnden Augen vor Tweeds Schreibtisch. Er war wütend. Gerade hatte er Tweed erzählt, wie Nield und er Mrs Proctor befreit hatten, aber Tweed hatte sich lediglich an der Tatsache aufgehängt, dass er seine Anweisungen nicht befolgt hatte.
»Jetzt machen Sie mal halblang, und sagen Sie mir doch bitte, woher Sie wussten, dass die El Kaida sich in dem Kohlekraftwerk eingenistet hat«, sagte er. »Sie haben angenommen, dass sie dort ist, aber das ist etwas anderes. Solche Annahmen können verdammt gefährlich sein...«
»Und was ist mit den Lieferwagen, die wir im Fluss gefunden haben?«
»Deshalb müssen die Terroristen noch lange nicht in einem Kraftwerk am anderen Ufer sein. Die könnten sich doch sonst wo aufhalten und die Lieferwagen trotzdem in der Themse versenkt haben. Das beweist gar nichts.«
»Sie vergessen den Lastkarren, den Mrs Wharton gesehen hat.«
»Und was schließen Sie daraus? Dass sie das mysteriöse Gerät irgendwo an den Fluss geschafft haben. Okay, da gab es einen Steg, was wiederum darauf hinweist, dass der Lastkarren von einem Schiff aufgenommen wurde. Aber wo ist das Schiff dann hin? Flussaufwärts? Flussabwärts? Oder hinüber zu dem Kohlekraftwerk? Bislang hatten wir keinen einzigen stichhaltigen Beweis dafür, dass Letzteres der Fall war. Und deshalb basierten Ihre ganzen Überlegungen bisher auf einer bloßen Annahme. Sehe ich das richtig?«
Paula saß hinter ihrem Schreibtisch und lauschte gebannt der Auseinandersetzung zwischen den beiden Männern. Bisher hatte sie nur ein einziges Mal mitbekommen, wie Newman und Tweed sich angeschrien hatten, aber damals war sie die einzige Zeugin gewesen. Jetzt geschah das vor großem Publikum: Buchanan, der wieder zurück war, hockte auf der Kante ihres Schreibtisches, Beaurain saß entspannt in einem der Sessel, und Nield hatte auf einem Stuhl neben Monicas Schreibtisch Platz genommen. In diesem Augenblick kam auch noch Marler herein, der sofort spürte, wie aufgeladen die Atmosphäre war, und sich, ohne ein Wort zu sagen, mit dem Rücken an die Wand lehnte. Der Einzige, der fehlte, war Harry Butler.
Tweed sah Newman, der sich weit über seinen Schreibtisch gebeugt hatte, mit harten, kalten Augen an.
»Ja, das sehen Sie richtig, Bob«, antwortete er leise. »Ich habe alles auf einer Vermutung aufgebaut, aber das wird mir erst jetzt so richtig bewusst. Vielleicht setzen Sie sich also wieder und erzählen mir alles noch einmal von vorn. Ich verspreche, dass ich Ihnen diesmal aufmerksamer zuhören werde.«
Newman trat vom Schreibtisch zurück und ließ sich in seinen Sessel fallen. Monica brachte ihm ein Glas Wasser, das er auch sofort in einem Zug austrank. Und dann erzählte er Tweed alles der Reihe nach, angefangen mit der Befreiung von Mrs Proctor aus den Händen ihres Peinigers.
»Die arme Frau muss Furchtbares durchgemacht haben«, sagte er. »Aber durch sie wissen wir jetzt genau, dass die El Kaida sich des Kohlekraftwerks bemächtigt hat. Ob ihr Mann wohl noch am Leben ist?«
Es klopfte an der Tür. Einer der Eierköpfe kam herein und brachte Newman die Abzüge der Fotos, die er mit der Spezialkamera vom zweiten Stock des Krankenhauses aus gemacht hatte.
Newman legte die Bilder auf Tweeds Schreibtisch, und alle scharten sich um ihn. Eines der Bilder, auf dem die Ladeluke in der Mitte des Kahns zu sehen war, betrachtete Tweed lange mit einer Lupe, bevor er es an Buchanan und Beaurain weitergab.
»Sehen Sie sich das einmal an«, sagte er und wandte sich an Newman. »Sie haben uns mit Ihrem mutigen und außergewöhnlichen Einsatz äußerst wichtiges Material beschafft, Bob. Jetzt bin ich richtig froh, dass Sie meine Befehle missachtet haben, diese Fotos zeigen uns nämlich genau, was die El-Kaida-Zelle mit den Lastkähnen vorhat.«
Newman nickte zufrieden. Der Streit mit Tweed war ihm sichtlich unter die Haut gegangen.
»Marler, gibt es was Neues von Eva Brand?«, fragte Tweed.
»Ja und nein...«
Während Marler die Unterhaltung zwischen Eva und Palfry Wort für Wort wiedergab, hörte Tweed aufmerksam zu.
»Erstaunlich«, sagte er, als Marler mit seinem Bericht fertig war.
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