Das Netz
Terroristen bei ihr.
»War er allein?«, rief er der völlig verängstigten Frau zu, die vor lauter Aufregung kein Wort herausbrachte, dafür aber heftig nickte.
»Beruhigen Sie sich«, sagte Newman. »Wir sind gekommen, um Sie zu befreien. Nur einen Augenblick, dann binden wir Sie los.«
Nachdem Newman und Nield sich im ganzen Haus umgesehen hatten, lösten sie die Fesseln der Frau und gaben ihr ein Glas Wasser zu trinken.
»Wir verständigen gleich einen Krankenwagen«, sagte Nield. »Sie haben einen schweren Schock erlitten.«
»Was ist mit meinem Mann?«, sagte Mrs Proctor. »Er wird von Terroristen im Kraftwerk festgehalten.«
»Jetzt beruhigen Sie sich erst einmal, und dann erzählen Sie mir alles, was Sie wissen«, sagte Nield und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
Erst nachdem der Krankenwagen gekommen war und die Rettungssanitäter sich um Mrs Proctor gekümmert hatten, brachen Nield und Newman wieder auf.
Als sie über die Albert Bridge fuhren, wollte Newman, dass Nield gleich hinter der Brücke links abbog. Nield zog zwar fragend die Augenbrauen hoch, folgte aber Newmans Anweisung.
Beim Abbiegen sah er einen Wegweiser zum Krankenhaus St. Jude. Neugierig beobachtete er, wie Newman sich auf dem Beifahrersitz aus seiner Jacke wand, den Verbandskasten aus dem Handschuhfach nahm und anfing, sich den Unterarm zu bandagieren.
»Sind Sie jetzt völlig übergeschnappt?«, sagte er.
»Im Gegenteil. Ich habe mir soeben den Arm verletzt. Und den werde ich mir im Krankenhaus mal ansehen lassen.«
»Das ist doch nicht Ihr Ernst! Tweed zerreißt Sie in der Luft, wenn er das erfährt. Wir haben die ausdrückliche Anweisung, uns von dem Krankenhaus fern zu halten.«
»Fahren Sie lieber auf den Parkplatz bei der Notaufnahme und warten Sie dort auf mich. Ich werde gleich wieder zurück sein.«
Bevor er ausstieg, steckte sich Newman noch die kleine Digitalkamera mit Restlichtverstärker ein, die die Eierköpfe im Keller der Park Crescent zusammengebastelt hatten. Mit ihr war es möglich, selbst bei völliger Dunkelheit ohne Blitz zu fotografieren.
Mit seinem verbundenen Arm kam Newman in das Krankenhaus, ohne dass ihm jemand auch nur eine einzige Frage stellte.
Als er erst einmal drinnen war, ging er aber nicht etwa zur Notaufnahme, sondern eilte einen langen, leeren Gang entlang in den Flügel, von dem aus man hinüber zum Kraftwerk blicken konnte.
Kaum war er um die Ecke gebogen, hinter der er die Aufzüge vermutete, da wäre er fast mit einer grimmig dreinblickenden Krankenschwester zusammengeprallt.
»Kann ich Ihnen behilflich sein?«, sagte die Matrone, die gut und gerne zwei Zentner wog.
»Nein, vielen Dank, Schwester. Der Arzt hat mir in der Notaufnahme gerade meinen Arm verbunden und gemeint, ich soll hier im Krankenhaus ein paar Minuten auf und ab gehen und ihm dann Bescheid geben, ob alles wieder okay ist.«
»Wozu das wohl gut sein soll«, brummte die Krankenschwester mit einem missbilligenden Kopfschütteln. »Dann sehen Sie mal zu, dass Sie sich nicht verlaufen.«
Als sie gegangen war, stieg Newman in den Aufzug und fuhr zwei Stockwerke nach oben. Er schaute sich um, ob jemand in der Nähe war, und trat dann an ein Fenster, von dem aus er einen guten Blick auf die Anlegestelle am Kraftwerk hatte. Zum Glück hatte sich der Nebel inzwischen größtenteils verzogen. Newman konnte sehen, dass man vor dem Kai große, mit Leinwand bespannte Sichtschutzwände errichtet hatte. Anscheinend hatte jedoch der Wind, der den Nebel fortgeblasen hatte, auch eine der Wände ein wenig bewegt. Jedenfalls konnte Newman durch einen schmalen Spalt zwischen zweien dieser Schirme ein kleines Stück eines Lastkahns sehen, auf dem gerade mehrere Gestalten in Tarnanzügen herumhantierten. In rascher Folge drückte Newman auf den Auslöser seiner Kamera. Nach einer Weile bemerkten die Männer auf dem Kahn die Lücke in den Sichtschutzwänden und schlossen sie. Newman steckte die Kamera wieder ein und fuhr mit dem Aufzug nach unten, wo er prompt ein weiteres Mal der miesepetrigen Oberschwester in die Arme lief.
»Hat Ihnen der Arzt vielleicht auch noch gesagt, Sie sollen mit dem Aufzug spazieren fahren?«, fragte sie in strengem Ton. »Und überhaupt, wie heißen Sie? Wie heißt der behandelnde Arzt?« Ohne ihr eine Antwort zu geben, rannte Newman hinaus auf den Parkplatz.
»Geben Sie Gas, Mann«, sagte er, als er sich keuchend auf den Beifahrersitz fallen ließ. »Ich werde von einem wild gewordenen Dragoner in
Weitere Kostenlose Bücher