Das Netz
wir ja Profis wie Sie.«
»Sie haben erwähnt, dass Sie auch Italienisch sprechen. Waren Sie denn schon oft in Italien?«
»Das kann man wohl sagen. Unter anderem in Rom, Florenz und Verona. Und in Mailand.«
»Und wann waren Sie zuletzt in Mailand?«, fragte Paula.
Evas Lächeln verschwand, und sie funkelte Paula mit ihren dunklen Augen herausfordernd an. »Wenn ich nicht genau wüsste, dass Sie ausgezeichnete Manieren haben, könnte ich fast auf den Gedanken kommen, dass Sie mich gerade aushorchen wollen.«
»Warum sollte ich das tun?«, sagte Paula grinsend und nippte an ihrem Champagner. »Ein edler Tropfen.« Sie wiegte anerkennend den Kopf.
Eva strich, ohne eine Miene zu verziehen, Butter auf ein Stück Weißbrot und biss ab.
»Mein Gott, ist der fett geworden!«, sagte sie und deutete auf einen bekannten Rockmusiker, der an einem der anderen Tische saß. »Finden Sie nicht auch, dass diese Popstars maßlos überschätzt werden?« Paula wollte gerade etwas erwidern, da stand drüben an dem Tisch ein hagerer junger Mann auf, der einen weißen Anzug trug. Leicht schwankend kam er auf sie zu. Er glotzte Eva mit glasigen Augen an und packte sie am linken Handgelenk.
»Na, wen haben wir denn da?«, sagte er mit schwerer Zunge. »Die bezaubernde Eva Brand, wenn ich mich nicht irre.«
Er verzog seine fleischigen Lippen zu einem hässlichen Grinsen und entblößte eine Reihe nikotingelber Zähne.
»Ich bin Joe Yorkie, der Leadsänger von den Busy Bees. Ich hab’ne Jacht im Mittelmeer. Wie wär’s, soll ich Sie in meinem Privatjet mal kurz runterfliegen lassen?«
»Wenn Sie mich nicht sofort loslassen, können Sie sich mein Omelett von Ihrem dämlichen weißen Anzug kratzen«, fauchte Eva und griff nach ihrem Teller.
»Warum so unfreundlich?«, lallte Yorkie und ließ Evas Handgelenk los. »Du blöde Tusse bist sowieso nicht mein Typ.«
»Da bin ich aber beruhigt. Am besten setzen Sie sich in Ihren albernen Privatjet und fliegen dorthin, wo der Pfeffer wächst. Und jetzt lassen Sie uns gefälligst in Ruhe, Sie leere Hose.«
Paula wäre vor Lachen fast ein Bissen im Hals stecken geblieben. Viel hatte nicht gefehlt, und Evas Omelett wäre auf dem blütenweißen Anzug des betrunkenen Sängers gelandet, der jetzt wie ein begossener Pudel zu seinem Tisch zurückwankte.
Eva lächelte, als wäre nichts passiert. »Wo waren wir gerade?«
Der Rest des Abendessens verlief angenehm und ohne weitere Unterbrechungen. Die beiden Frauen unterhielten sich über Gott und die Welt, und Paula stellte Eva keine verfänglichen Fragen mehr. Nach dem Kaffee sah sie auf die Uhr.
»Vielen Dank für die Einladung, Eva. Es war ein wunderschöner Abend, aber jetzt habe ich leider noch einen wichtigen Termin«, flunkerte Paula.
»Das ist in Ordnung«, sagte Eva. »Ich erwarte ohnehin noch einen Gast. Ein Freund von mir wollte noch auf einen Digestif vorbeischauen.«
Als Paula draußen vor der Garderobe in ihren Mantel schlüpfen wollte, merkte sie auf einmal, dass ihr jemand hineinhalf.
»Gestatten Sie«, sagte Peregrine Palfry mit fröhlicher Stimme. »Und denken Sie bitte an meine Einladung zum Tee. Sie sehen heute übrigens wirklich besonders entzückend aus.«
»Vielen Dank, Mr Palfry...«
»Bitte, nennen Sie mich doch Perry.«
Palfry, dessen glatte Haut im gedämpften Licht leicht glänzte, fixierte Paula mit seinen moosgrünen Augen und küsste Sie zum Abschied auf die Wangen.
»Passen Sie gut auf sich auf«, sagte er und zog dann weiter.
Paula ließ sich mit dem Zuknöpfen ihres Mantels Zeit und beobachtete, wie Palfry an Evas Tisch trat, sie umarmte und ihr gegenüber Platz nahm.
Ob er wohl der Freund ist, den sie erwartet hat?, fragte sich Paula, während sie hinaus in die eiskalte Nacht trat. Sie ahnte nicht, dass dort eine unliebsame Überraschung auf sie wartete.
Ein kleiner, kräftig gebauter Mann in Arbeitskleidung, der sich eine Schirmmütze tief in das dunkle Gesicht gezogen hatte, packte Paula fest am rechten Unterarm, sodass sie nicht mehr nach der in ihrer Umhängetasche verborgenen Browning greifen konnte. Ein größerer Mann mit Glatze ergriff ihren linken Arm.
»Mach uns keine Schwierigkeiten«, knurrte der Kleine. »Wir bringen dich bloß heim.«
Die beiden zerrten Paula zu einer überlangen Limousine, die ein paar Meter vom Ivy entfernt stand. Auf einmal sprang Harry Butler aus einem der Hauseingänge und versetzte dem Mann mit der Schirmmütze einen kräftigen Magenschwinger.
»Finger weg von
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