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Das neue Evangelium

Das neue Evangelium

Titel: Das neue Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mattias Gerwald
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wollte von Grimaud wissen, ob er an einem Turnier teilgenommen habe, doch dieser beantwortete die Frage nicht. Er schien jetzt nur Henri anzusprechen. Hin und wieder warf er verliebte Seitenblicke auf Madeleine.
    »Wo ist eigentlich Euer Begleiter, Jesus de Burgos?«, fragte Grimaud unvermittelt.
    »Er ist nach Famagusta geritten«, erklärte Henri wahrheitsgemäß. »Vielleicht ist er auch schon wieder zurück und ruht sich aus. Er kommt mir in letzter Zeit etwas angeschlagen vor. Und er zieht sich ohnehin gern zurück.«
    »Er ist ein merkwürdiger Mann«, sinnierte Grimaud. »Ich sagte Euch ja schon, dass ich einen Verdacht gegen ihn hege.«
    »Ja, ich weiß«, hakte Henri ein. »Aber ich will davon nichts hören. Jesus ist ein tiefgläubiger Pilger. Ob er ein Ketzer ist – das will ich nicht entscheiden. Euer Interesse an dem Mann ist allerdings merkwürdig!«
    »Wieso?«, fragte Madeleine.
    »Ich mag es nicht, wenn man Verdächtigungen ausstreut. So sind schon viele Verleumdungen zustande gekommen, die sich hartnäckig hielten. Jemand ist schnell verunglimpft, aber den Verdacht auszuräumen, das ist immer schwer, etwas bleibt immer hängen.«
    »Vielleicht geht es mir ja genau darum«, sagte Grimaud listig lächelnd. »Ich bin kein Intrigant, aber Ihr kennt ja meine Vorbehalte gegen den Mann. Man muss vor solchen Leuten immer auf der Hut sein!«
    »Wer weiß«, meinte Henri, »vielleicht streut Ihr auch gegen mich oder gegen einen meiner Gefährten hier und dort einen Verdacht, wie?«
    »Aber Henri, was hast du gegen Herrn Grimaud!«, schmollte Madeleine.
    »Nichts. Aber er soll sich nicht in Andeutungen ergehen. Wenn er etwas zu sagen hat, dann heraus mit der Sprache! Oder er lässt es bleiben!«
    »Ihr seid ein Freund offener Worte?«, sagte Grimaud. »Dann hört Euch einmal Folgendes an…«
    Doch bevor Grimaud sagen konnte, was er sagen wollte, wurde die Tür aufgestoßen. Zuerst war niemand zu sehen, nur der Wind wehte Sand in die Gaststube. Als der Wirt schon hinübergehen wollte, um sie zu schließen, trat mit schnellen Schritten ein Gast herein.
    Die Anwesenden im Raum sahen auf einen Blick, wen sie vor sich hatten.
    Jesus de Burgos atmete schwer, vielleicht noch vom schnellen Ritt. Die Gefährten hörten auch draußen sein Pferd wiehern. Jesus überschaute mit einem Blick die Situation. Er griff nach dem Gürtel und stürzte auf Henri zu. Er hob den Arm. Sean schrie auf.
    In der Hand des alten Pilgers blitzte ein Messer.
    Jesus schwang es in der erhobenen Hand und war jetzt fast bei Henri. Nur noch ein weiterer Schritt, dann war er in Reichweite Henris.
    Sean schaltete als Erster. Er sprang auf, packte seinen Stuhl und schlug ihn Jesus ins Kreuz.
    Es krachte. Der Pilger schrie auf. Er ließ den Dolch fallen, stürzte nach vorn, schlug mit dem Gesicht gegen die Tischplatte und sackte zu Boden.
    Henri war aufgesprungen. Er zog Jesus unter dem Tisch hervor. Er blutete an der Stirn über den Augen, auch aus seinen Mundwinkeln lief ein feiner Blutfaden.
    »Was habe ich Euch gesagt!«, triumphierte Grimaud. »Er ist ein Verräter. Hängen wir ihn auf.«
    Henri starrte noch immer verblüfft auf den Liegenden. Er konnte nicht fassen, was er mit eigenen Augen gesehen hatte.
    »Warum hat er das getan?«, rief Sean. »Welchen Grund hat er?«
    Henri sagte dumpf: »Er wird uns den Grund noch verraten, denn er lebt. Ich bin selbst gespannt auf seine Erklärung.«
    »Hängt den Mann sofort auf, er wollte Euch töten!«, rief Grimaud wütend.
    Grimaud machte Anstalten, Jesus nach draußen zu schleifen, aber Henri fiel ihm in den Arm.
    »Halt! In meiner Gegenwart wird niemand gelyncht! Wenn er mich wirklich töten wollte, was ich mir noch immer nicht vorstellen kann, dann werden Richter ihn aburteilen. Bis dahin bleibt er am Leben. Ich will ihn befragen.«
    »Zweifelst du etwa daran, Herr Henri, dass er dich ermorden wollte? Er lief doch mit dem Messer direkt auf dich zu.« Sean starrte Henri an.
    »Vielleicht wollte er nur an mir vorbei«, murmelte Henri.
    Grimaud seufzte. »Euch ist nicht zu helfen! Ihr seid ein unverbesserlicher Ketzer – ich meine, Idealist! Ihr könntet nun tot sein, wenn Euer flinker Knappe nicht gehandelt hätte!«
    »Jean Grimaud«, sagte Henri ruhig. »Mir kommt es so vor, als würdet Ihr jede Gelegenheit nutzen, um Unfrieden zu stiften. Ihr hetzt die Leute gegeneinander auf! Ich beobachte das schon seit einiger Zeit.«
    »Nun, Ihr steht noch unter Schock, de Roslin! Ich nehme Euch diese

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