Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das neue Philosophenportal

Das neue Philosophenportal

Titel: Das neue Philosophenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Zimmer
Vom Netzwerk:
Welt das, was der herrschende Fürst für das Gemeinwesen war. Da Gott als reiner Geist und die Welt als begrenzter
     Kosmos gedacht wurden, genoss derjenige, der auf dem Weg der empirischen Forschung die Weltkenntnis erweitern wollte, nur
     geringes Ansehen. Wer etwas über die Welt wissen wollte, sollte nicht beobachten, sondern die heiligen Schriften lesen.
    Als Nikolaus nach einem Jahr an die Universität Padua wechselte, fand er dort ein völlig anderes geistiges Klima vor. Er befand
     sich nun in einem der intellektuellen Zentren des neuen Zeitalters. Hier wandte man sich auf allen Gebieten des Wissens neuen
     Entdeckungen zu. Ging es um Texte, so erforschte man die Quellen. Ging es um die Natur, so machte man Experimente. Astronomen
     beobachteten neue Himmelskörper, Mediziner erforschten die menschliche Anatomie, Architekten die Statik antiker Bauwerke und
     Ökonomen die Entwicklung der Geldwirtschaft. Vor allem die Mathematik avancierte zu einer Schlüsselwissenschaft in einem Zeitalter,
     in dem sich die Überzeugung durchzusetzen begann, dass alle Welterkenntnis auf der Grundlage des Messens und Berechnens beruht.
     Die modernen empirischen Naturwissenschaften auf der Basis der Mathematik waren hier schon geboren.
    Auch in der Haltung gegenüber den Hierarchien in Kirche und Staat herrschte hier ein offener Geist. Hundert Jahre vor der
     Reformation wurde bereits die Rechtfertigung päpstlicher und weltlicher Autorität heiß diskutiert. Ein Sohn der Stadt, Marsilius
     von Padua, hatte schon im 14.   Jahrhundert die revolutionäre These vertreten, dass alle Bürger vor dem Gesetz gleich sind und dass politische Herrschaft
     sich auf die Zustimmung der Bürger stützen müsse. Marsilius war für seine Thesen mit dem Kirchenbann bestraft worden, doch
     seine Philosophie wirkte fort in einer Zeit, in der heftig um eine Reform der Kirche und die Beziehungen zwischen geistlicher
     und weltlicher Herrschaft gestritten wurde.
    Nikolaus erwarb in Padua eine umfassende Bildung und empfing hier Anregungen, die sein gesamtes künftiges Denken prägen sollten.
     Insbesondere seine mathematischen Kenntnisse lieferten ihm eine rationale und zugleich symbolisch verwendbare Sprache, mit
     deren Hilfe er seine philosophischen Anliegen ausdrücken konnte. Zwar stand für ihn nach wie vor außer Frage, dass wahre Philosophie
     im Dienst der Theologie steht und den christlichen Glauben mit rationalen Argumenten untermauern muss. Doch seine Hinwendung
     zu antiken Quellen und seine Offenheit gegenüber den neuen wissenschaftlichen Entwicklungen ließen ihn zu einem Denker der
     Renaissance werden.
    In Padua baute Nikolaus ein Netzwerk sozialer Beziehungen auf, das seiner späteren Karriere höchst förderlich war. Von besonderer
     Bedeutung war die Freundschaft mit Guiliano Cesarini, der aus einem alten römischen Adelsgeschlecht stammte und bereits als
     Dozent in Padua lehrte, als Nikolaus dort sein Studium aufnahm. Bereits mit 28   Jahren Kardinal, wurde der nur wenige Jahre ältere Cesarini zu einem der wichtigsten Diplomaten der Kurie und gleichzeitig
     zu einem Mentor des jungen Deutschen. Der Kardinalsrang, den auch Nikolaus in seinem späteren Leben erlangen sollte, war dem
     eines Fürsten gleich und mit zahlreichen politischen und administrativen Aufgaben, aber auch mit entsprechendem Einfluss verbunden.
     Cesarini wurde für Nikolaus beides: philosophischer Anreger und Karriereförderer.
    Diese Karriere fand innerhalb der Kirche statt, denn einem Bürgerlichen war das Fortkommen in einer vom Feudalismus geprägten
     Welt enge Grenzen gesetzt. Nikolaus ließ sich zum Priester weihen und promovierte im Alter von 22   Jahren im Fach Kirchenrecht, eine in der damaligen Zeit ideale Vorbereitung für einen Aufstieg innerhalb der kirchlichen Hierarchie.
     Rechtsstreitigkeiten zwischen weltlichen und geistlichen Herrschern sowie der Streit um die innere Organisation der Kirche
     waren an der Tagesordnung.
    Nach dem Studium begann das rastlose, physisch aufreibende und mit ständigen Ortswechseln verbundene Leben des Nikolaus von
     Kues im Dienste geistlicher Herrschaft. Seine philosophischen Schriften entstanden in den wenigen Ruhepausen. Er kehrte zunächst
     nach Deutschland zurück und trat eine Stelle bei seinem heimischen Landesherrn, dem Bischof von Trier, an.
    In dessen Auftrag nahm er auch an einem der bedeutendsten kirchenpolitischen Ereignisse des frühen 15.   Jahrhunderts teil, dem Baseler Konzil, das 1431

Weitere Kostenlose Bücher