Das Nibelungenlied
Gewand.
Kein Held begeht wohl wieder · solche Untat nach der Hand.
Den Gerschaft im Herzen · ließ er ihm stecken tief.
Wie im Fliehen Hagen · da so grimmig lief,
So lief er wohl auf Erden · nie vor einem Mann!
Als da Siegfried Kunde · der schweren Wunde gewann,
Der Degen mit Toben · von dem Brunnen sprang;
Ihm ragte von dem Herzen · eine Gerstange lang.
Nun wähnt' er da zu finden · Bogen oder Schwert,
Gewiß, so hätt' er Hagen · den verdienten Lohn gewährt.
Als der Todwunde · da sein Schwert nicht fand,
Da blieb ihm nichts weiter · als der Schildesrand.
Den rafft' er von dem Brunnen · und rannte Hagen an:
Da könnt' ihm nicht entrinnen · König Gunthers Untertan.
Wie wund er war zum Tode · so kräftig doch er schlug,
Daß von dem Schilde nieder · wirbelte genug
Des edeln Gesteines · der Schild zerbrach auch fast:
So gern gerochen hätte · sich der herrliche Gast.
Da mußte Hagen fallen · von seiner Hand zutal;
Der Anger von den Schlägen · erscholl im Widerhall.
Hätt' er sein Schwert in Händen · so wär' es Hagens Tod:
So sehr zürnte der Wunde · dazu trieb wahrlich ihn die Not.
Seine Farbe war erblichen · er konnte nicht mehr stehn.
Seines Leibes Stärke · mußte ganz zergehn,
Da er des Todes Zeichen · in lichter Farbe trug.
Er ward hernach betrauert · von schönen Frauen genug.
Da fiel in die Blumen · der Kriemhilde Mann.
Das Blut von seiner Wunde · stromweis niederrann.
Da begann er die zu schelten · ihn zwang die große Not,
Die da geraten hatten · mit Untreue seinen Tod.
Da sprach der Todwunde · »Weh, ihr bösen Zagen,
Was helfen meine Dienste · da ihr mich habt erschlagen?
Ich war euch stets gewogen · und sterbe nun daran.
Ihr habt an euern Freunden · leider übel getan.
»Die sind davon bescholten · so viele noch geborn
Werden nach diesem Tage · ihr habt euern Zorn
Allzusehr gerochen · an dem Leben mein.
Mit Schanden geschieden · sollt ihr von guten Recken sein.«
Hinliefen all die Ritter · wo er erschlagen lag.
Es war ihrer vielen · ein freudeloser Tag.
Wer Treue kannt' und Ehre · der hat ihn beklagt:
Das verdient' auch wohl um alle · dieser Degen unverzagt.
Der König der Burgunden · klagt' auch seinen Tod.
Da sprach der Todwunde · »Das tut nimmer not,
Daß der um Schaden weine · von dem man ihn gewann:
Er verdient groß Schelten · er hätt' es besser nicht getan.«
Da sprach der grimme Hagen · »Ich weiß nicht, was euch reut:
Nun hat doch gar ein Ende · was uns je gedräut.
Es gibt nun nicht manchen · der uns darf bestehn;
Wohl mir, daß seiner Herrschaft · durch mich ein End' ist geschehn.«
»Ihr mögt euch leichtlich rühmen« · sprach der von Niederland.
»Hätt' ich die mörderische · Weis' an euch erkannt,
Vor euch behütet hätt' ich · Leben wohl und Leib,
Mich dauert nichts auf Erden · als Frau Kriemhild mein Weib.
»Nun mög' es Gott erbarmen · daß ich gewann den Sohn,
Der jetzt auf alle Zeiten · den Vorwurf hat davon,
Daß seine Freunde jemand · meuchlerisch erschlagen!
Hätt' ich Zeit und Weile · das müßt' ich billig beklagen.«
Da sprach im Jammer weiter · der todwunde Held:
»Wollt ihr, edler König · noch auf dieser Welt
An jemand Treue pflegen · so laßt befohlen sein
Doch auf eure Gnade · euch die liebe Traute mein.
»Es komm' ihr zugute · daß sie eure Schwester ist:
Bei aller Fürsten Tugend · helft ihr zu jeder Frist.
Mein mögen lange harren · mein Vater und mein Lehn:
Nie ist an liebem Freunde · einem Weibe so leid geschehn.
Die Blumen allenthalben · waren vom Blute naß.
Da rang er mit dem Tode · nicht lange tat er das,
Denn des Todes Waffe · schnitt ihn allzusehr.
Da konnte nicht mehr reden · dieser Degen kühn und hehr.
Als die Herren sahen · den edlen Helden tot,
Sie legten ihn auf einen Schild · der war von Golde rot.
Da gingen sie zu Rate · wie sie es stellten an,
Daß es verhohlen bliebe · Hagen hab' es getan.
Da sprachen ihrer viele · »Ein Unfall ist geschehn;
Ihr sollt es alle hehlen · und einer Rede stehn:
Als er allein ritt jagen · der Kriemhilde Mann,
Erschlugen ihn Schächer · als er fuhr durch den Tann.«
Da sprach von Tronje Hagen · »Ich bring' ihn in das Land.
Mich soll es nicht kümmern · wird es ihr auch bekannt,
Die so betrüben konnte · der Königin hohen Mut;
Ich werde wenig fragen · wie sie nun weinet und tut.«
Siebzehntes Abenteuer
Wie Siegfried beklagt und begraben ward
Da harrten sie des Abends · und fuhren über Rhein;
Es mochte nie von Helden
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