Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence
alles getan hast, um ihm auch den letzten Rest Stolz zu nehmen, hast du versagt. Und jetzt hat er eine andere. Eine, die jünger ist und wohl hübscher und die nicht alles daransetzt, ihn in den Staub zu treten!
Zum Teufel mit dir, Frank, sagte Aishe im Stillen. Zum Teufel mit euch, Eddie, Benedict, Jonas und Onkel Jenico. Zum Teufel mit allen Männern, die mir mein Leben versauen wollen!
Aishe drückte sich so heftig gegen die Rückenlehne ihres Sitzes, dass Nico sie erschrocken anstarrte.
» Ist was?«, fragte er.
» Nein.«
Nico fiel auf, dass Aishe so krampfhaft ihre Arme verschränkt hatte, als trüge sie eine Zwangsjacke.
» Aha«, sagte er nach kurzem Zögern. » Bist du bereit? Sonst kannst du im Wagen bleiben.«
Aishe warf ihm einen unheilvollen Blick zu. » Ist nur eine Schwachsinnige, die sich nicht um einen Hund kümmern kann. Kein Fall von Misshandlung.«
» Und ich hätte gerne, dass keiner daraus wird«, bemerkte Nico. » Könntest du also deine Ansichten über Schwachsinnige für dich behalten?«
Im Stillen setzte Aishe Nico auf die Liste derer, die sich zum Teufel scheren konnten.
Sie fuhren in ein Neubaugebiet. Obwohl es eine öffentliche Straße war, fühlte man sich wie in einer Privatsiedlung. Reihen gleich aussehender, großer und ordentlicher Häuser mit englischem Rasen und Auffahrten, in denen SUV s mit blitzblanken Motorhauben parkten. Nicos Lieferwagen war verbeult, schmutzig und mit nicht zur Lackierung passender Farbe ausgebessert worden. Wenn es nicht das niedliche, bunte Tierheimlogo auf der Seite hätte, dachte Aishe, würden wir in null Komma nichts von der Bürgerwehr rausgewunken. Die die Vorstadt von unerwünschten Subjekten sauber halten will. Ich wette, dabei kommen sie sich vor wie echte Bullen.
Als hätte er ihre Gedanken gelesen, sagte Nico: » Ein ehemaliger Mitschüler von mir ist Cop in Oakland. Er hat mir erzählt, dass die Polizei dort in zwei Stunden öfter gerufen wird als die Beamten hier in zwei Wochen. Und weißt du, weswegen die Cops hier hauptsächlich gerufen werden?«
» Einbruch?«
» Falsch. Die meisten Leute hier haben Alarmanlagen, die mit einem privaten Wachdienst verbunden sind. Dafür müssen sie zwar eine Menge bezahlen, aber sie kriegen auch was für ihr Geld. Bei der Polizei bekommen Einbrüche erst oberste Priorität, wenn jemand bedroht oder verletzt wurde. Nein«, sagte Nico, » hierher werden die Cops meistens wegen häuslicher Gewalt geholt.« Er sah sich um. » Kaum vorstellbar, oder? Sieht alles so sauber und anständig aus.«
» Die reinste Hölle«, erwiderte Aishe.
» Tja«, sagte Nico, » nicht jeder hat das Glück, ein Held der Arbeiterklasse zu sein.«
Aishe wusste nicht, ob er sich über sie lustig machen wollte oder nicht.
» So, da sind wir.«
Nico schaltete herunter und parkte am Bordstein. Als er den Motor abstellte, gab der Wagen sein übliches Rattern und Husten von sich. Nico tätschelte das Lenkrad und sagte: » Gutes Mädchen. Aber gleich springst du wieder für mich an, ja?«
Er bemerkte Aishes ungläubigen Blick.
» Ein bisschen Freundlichkeit ist nie fehl am Platz«, sagte er.
Aishe runzelte die Stirn. » Bist du verheiratet?«
Etwas alarmiert sah Nico sie an. » Verheiratet? Nein, wieso?«
» Hast du eine Freundin?«
» Aishe«, sagte Nico, » in dem Haus da ist eine Frau, die uns einen Hund geben will. Sie will ihn unbedingt loswerden. Wir sollten sie nicht warten lassen.«
Auf der Herfahrt hatte Nico ihr erzählt, dass die Frau ihrem Sohn einen schwarzen Labradorwelpen geschenkt hatte, als ihr Mann vor sechs Monaten einfach abhaute. Aber sie kam überhaupt nicht mit ihm zurecht, daher hatte sie im Tierheim angerufen und sie angefleht, ihn abzuholen. Aishe hatte keinerlei Verständnis für Menschen, die meinten, Welpen kämen schon allein zurecht– würden einfach nur dasitzen und süß aussehen wie Stofftiere. Solche Leute, davon war sie überzeugt, verdienten eine saftige Geldstrafe und zwar erstens, weil sie ihre Tiere vernachlässigten, und zweitens, weil sie so unglaublich dumm waren.
Die Frau, die ihnen öffnete, schätzte Aishe auf Ende dreißig. Sie war blond und attraktiv, wirkte aber etwas mitgenommen. Zu dünn, entschied Aishe. Wie Mos Freundin Connie. Als die Frau einen großen Schwarzen mit wilder Frisur und Tätowierungen auf ihrer Türschwelle sah, riss sie die Augen auf.
» Hi.« Nico streckte lächelnd die Hand aus. » Ich bin Nico Durante vom Tierheim. Und dies ist meine Kollegin
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