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Das Niebelungenlied

Das Niebelungenlied

Titel: Das Niebelungenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bierwisch
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mir die Ehre absprechen. Sie sagt, daß Sîfrit mich zu seiner Kebse gemacht hat.« – »Das hätte sie nicht tun sollen«, sagte Gunther. – »Sie trägt meinen verlorenen Gürtel und den Ring. Ich mag nicht mehr leben, wenn du mich nicht gegen diese schreckliche Schande verteidigst.« Da ließ Gunther Sîfrit herbeibitten. »Wenn er sich dessen gerühmt hat, soll er es zugeben. Oder er muß es widerlegen.«
    Als Sîfrit die Erzürnten erblickte, wußte er, nicht, was vorgefallen war. Er fragte, warum Prünhilt weine und warum man ihn geholt habe. Gunther sagte: »Es ist etwas sehr Unangenehmes geschehen. Meine Frau Prünhilt hat mir erzählt, du hättest dich gerühmt, sie als erster geliebt zu haben. So wenigstens behauptet Kriemhilt.« Darauf sagte Sîfrit: »Wenn sie das behauptet hat, will ich nicht Ruhe geben, bis sie es bereut. Und dir will ich es vor allen deinen Leuten hoch und teuer beschwören, daß ich es nicht zu ihr gesagt habe.« Gunther sagte: »Beweise das. Wenn du den Eid hier auf der Stelle leistest, will ich dich von jedem Verdacht freisprechen.« Die Burgunden wurden herangerufen, daß sie einen Kreis bildeten. Sîfrit erhob die Hand zum Schwur. Aber Gunther sagte: »Ich kenne Eure Unschuld. Ich erlasse Euch den Eid.« – »Diese Kränkung Prünhilts soll Kriemhilt nicht ungestraft hingehen«, versprach Sîfrit. Die umstehenden Ritter blickten einander erstaunt an. Sîfrit fuhr fort: »Frauen müssen so erzogen werden, daß sie übermütige Reden unterlassen. Verbiete es deiner Gemahlin, ich werde es meiner verbieten. Wahrlich, ich schäme mich ihres Benehmens.« Der Streit hatte auch den Hofstaat der beiden Königinnen auseinandergebracht. Prünhilt war so unglücklich, daß die burgundischen Ritter es garnicht mit ansehen konnten. Hagen von Tronege kam zu ihr. Er sah sie weinen und ließ sich den Vorfall erzählen. Er versprach sofort, daß Sîfrit dafür büßen müsse, oder er wolle nicht mehr froh werden. Auch Ortwîn und Gêrnôt nahmen an der Unterredung teil, in der Gunther und Hagen Sîfrits Tod erwogen. Als Gîselher hinzutrat und begriff, wovon sie redeten, wandte er ein in seiner anständigen Gesinnung: »Warum wollt Ihr das tun, Ihr Herren? Er hat nicht solchen Haß verdient, daß er deswegen sterben müßte. Das ist doch geringfügig, worum die Frauen sich streiten.« – »Sollen wir Ehebrecher hegen und pflegen?« fragte Hagen. »Weil er sich mit der Liebe meiner Herrin gebrüstet hat, will ich nicht mehr leben, wenn er nicht stirbt.« Aber der König selbst sagte: »Er hat uns nichts als Nutzen und hohes Ansehen gebracht; er soll am Leben bleiben. Wozu soll der Haß gut sein? Er war uns immer treu ergeben, ohne jemals zu zögern.« Darauf sagte Ortwîn: »Seine große Kraft kann ihm nun nicht mehr helfen. Erlaubt es mir, mein König, so will ich ihn töten.« Sie brachen die Freundschaft mit Sîfrit ohne jeden Grund. Doch ließen sie es hierbei noch bewenden; nur Hagen hielt dem König täglich vor, über wieviel Reiche er herrschen könnte, wenn Sîfrit nicht mehr am Leben sei. Gunther war uneins mit sich.
    Sîfrits Krieger begleiteten Kriemhilt vom Dom in die Burg, ohne die festlichen Spiele zu unterlassen. Die Burgunden sahen ihnen mit Erbitterung zu. Der König sagte: »Laßt diese Mordabsichten. Seine Freundschaft gereicht uns zum Heil und zur Ehre. Überdies ist er so schrecklich stark: Wenn er es merkt, wird keiner es mit ihm aufnehmen dürfen.« – »Er wird es nicht merken«, sagte Hagen: »Macht Euch keine Sorge. Ich werde es ganz heimlich so einrichten, daß er uns büßen wird für Prünhilts Tränen. Ich will ihm ewig feind sein.« Da fragte Gunther: »Wie sollte dasmöglich sein?«, und Hagen antwortete: »Wir lassen uns Boten kommen, die hier niemand kennt, und uns von ihnen den Krieg erklären. Dann gebt Ihr den Gästen bekannt, daß Ihr in den Kampf zieht. Daraufhin wird er Euch seine Hilfe versprechen, und dabei wird er ums Leben kommen. Ich will alles Notwendige schon aus seiner Frau herausfragen.«
    Der König vergaß seine Ehre und befolgte den üblen Rat. Ohne daß es jemand merkte, begannen sie ihre tückischen Heimlichkeiten einzufädeln. Wegen des Streites zweier Herrinnen mußte mancher Held fallen.

15 . WIE SÎFRIT VERRATEN WURDE
    Vier Tage später sah man zweiunddreißig Mann an den Hof reiten, und Gunther wurde eine Kriegserklärung übergeben. Die Lüge stürzte die Frauen in größten Kummer. Die Boten baten, vorgelassen zu werden. Sie sagten,

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