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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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einfach ganz normal, daß Albert um diese Tageszeit Tee trank und daß Tomasz von der Glocke gerufen wurde, um die Anordnung zu seiner Zubereitung zu erhalten.
    »Tee wäre entzückend, werter Herr«, erwiderte der Übersetzer in gewähltem Ungarisch. Auf Albert machte er den Eindruck, als wolle er mit seinem Vorkriegspomp und Vorkriegsbackenbart den Engländer an Englischkeit übertreffen.
    Nachdem der Tee eingegossen war, setzte Albert sich höflich auf und wartete darauf, daß man ihm die Absicht dieses Besuchs mitteile. An seiner Tasse nippend, als sei er bei einer hocheleganten Party auf Berkshires gepflegtestem Rasen, gab der englische Gentleman einen kurzen Satz von sich und richtete seinen Kopf dann gutmütig auf den Übersetzer. Die Stimme war hell und angenehm, mit weichen»r«s und sanft abfallender Modulation. Der Übersetzer lächelte strahlend und übersetzte:
    »Mr. Bienenstock, ich repräsentiere die Regierung Seiner Majestät in London.«
    Welch herrliche Worte! Albert wurde ganz schwindlig vor Aufregung und im Verlauf der nächsten Stunde noch schwindliger, als der Engländer seine Mission darlegte.
    Das britische Empire – noch so eine herrliche Wendung! – sei sich, sagte der Engländer, zunehmend seiner vollständigen Abhängigkeit vom Rohrzucker bewußt geworden, der aus seinen weit entfernten Dominions Australien und Westindien stammte. Würde es je wieder Krieg in Europa geben – und der Engländer bestritt, daß diese Eventualität von seinen Herren für gänzlich abwegig erachtet werde –, so seien Marinetaktiker einer Meinung, was ihren Standpunkt hinsichtlich der Tatsache angehe, daß auf den Weltmeeren, an die Britannias Küsten grenzten, der lebenswichtige Nachschub an Kolonialwaren nachgerade abgeschnitten werden könne, unter denen Zucker der lebenswichtigste sei … nun, nach Tee vielleicht. Britannien habe in seiner langen Geschichte niemals – wahrlich eine regelrecht unverzeihliche Unterlassung – Zuckerrüben im eigenen Lande angebaut. Man sei auf diesem Gebiete schlankweg bar jeder Sachkunde. Daß sie angebaut werden könnten, sei keine Angelegenheit, die auch nur geringstem Zweifel unterliege. Der Anbau von Rohrzucker, dessen sei man gewahr, sei keine realistische Möglichkeit angesichts des im Lande vorherrschenden Wetters, dessen Launenhaftigkeit, wie Mr. Bienenstock zweifellos geläufig sei, landesweit für spleenig gehalten werde. Zuckerrüben hingegen, der Rohstoff von Mr. Bienenstocks fruchtbarem Heimatlande, scheine für das britische Klima perfekt geeignet zu sein. Diese seien letztendlich doch, seien sie nicht? mit derKarotte verwandt, der Steckrübe und – sofern er sich nicht täusche – auch der Roten Bete. Der britische Landmann sei berühmt ob der Herrlichkeit seiner Karotten, Steckrüben und Roten Bete; gewiß werde die Kultivierung von deren nahen Verwandten, der
Beta rapa
wie auch der
Beta vulgaris
, seine Kräfte nicht übersteigen? Gleichwohl vertrete man im Ministerium die Auffassung, man bedürfe der Anleitung durch einen Mann, der mit sämtlichen Aspekten dieses Gemüses vertraut sei, gewissermaßen vom Acker bis zur Zuckerdose. Mr. Bienenstocks Name sei von den Repräsentanten des Ministeriums in Prag als der einer maßgeblichen Autorität in der Welt des Zuckers vorgeschlagen worden. Würde Mr. Bienenstock es wohl in Erwägung ziehen, in zwei Jahren eine Reise nach England anzutreten, auf daß er die dortigen unwissenden Landwirte unterweise und instruiere, Testfelder anlegen lasse, der Konstruktion von Raffinerien vorstehe und Britanniens erste zögerliche Anbauversuche dieser Feldfrucht überwache? Eine meteorologische Metapher gebrauchend, befänden die Britischen Inseln sich in einer Dürre und bedürften eines Mannes wie Mr. Bienenstocks, der Schauer seines Wissens und seiner Sachkenntnis auf sie herabschicken möge. Die Regierung Seiner Majestät sei willens, für diese Arbeit ein großzügiges Salär zu zahlen, und es werde ihr ein Vergnügen sein, jegliche Kosten zu bestreiten, zu denen es bei Reise und Umsiedlung womöglich kommen könne. Für ihn, den englischen Gentleman selbst, unterliege es keinem Zweifel, daß, sollte Mr. Bienenstock solchen Status begehren, er sich binnen dieses Zeitraums darum bemühen könne, vollgültiger Untertan von König George zu werden, und der Zusage in diesem Punkt versichert sein dürfe.
    Der Regierung selbiger Majestät werde es überdies ein Vergnügen sein, Mr. Bienenstocks Zustimmung stets

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