Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
Lehren der Bibel und dem neuen Glauben. Nach der anerkannten Encyclopædia Britannica zerstörte im Jahr 391 ein christlicher Mob die Bibliothek, angespornt vom römischen Kaiser Theodosius I. und Bischof Theophilius, sozusagen als christliche Abrechnung mit dem Heidentum.«
»Moment mal«, sagte ich. »In der neueren Forschung heißt es doch, die Bibliothek wäre nie abgebrannt, sondern die Auflösung und der Zerfall hätten sich über mehrere Jahrhunderte hingezogen.«
»Auch wahr. Aber all diese Theorien sind uninteressant.«
»Neues Wissen und neue Theorien sind nie uninteressant.«
»In diesem Fall schon. Denn hinter der offiziellen Version, die Universitäten und Fachhistoriker seit tausendfünfhundert Jahren lehren, steht eine ganz andere Geschichte. Die eigentliche Geschichte.«
Er zog eine Schublade seines Schreibtisches auf und nahm einen Stapel Papiere heraus. »Diesen Text« – er tippte leicht auf den Stapel – »hat Julius Cäsar im Jahr vor seiner Ermordung geschrieben. Das ist nicht das Original – um Himmels willen, das bewahren wir in einem klimatisierten Tresorraum hier in der Laurenziana auf. Der Text wurde nie veröffentlicht. Das wäre was gewesen! Im Laufe der Jahrhunderte haben nur eine Handvoll Menschen ihn lesen dürfen.«
Angelica und ich beugten uns gespannt in unseren Sesseln nach vorn.
»Was schreibt er?«, fragte sie.
»Er berichtet, was mit der alexandrinischen Bibliothek passiert ist.«
»Und das wäre?«, drängte ich, ungeduldig wie ein kleines Kind.
»Das, was ich Ihnen jetzt erzähle, basiert auf Cäsars eigener Nacherzählung. Und auf anderen Texten in den Jahren danach. Die wahre Geschichte … Eine Konspiration von welthistorischer Dimension.«
Angelica biss sich auf die Unterlippe, während ich Bernardo Caccini mit offenem Mund anstarrte wie ein Schwachkopf.
Er zögerte einen Augenblick. »In Wahrheit wurde die Bibliothek in Alexandria niemals zerstört.«
17 Bíoi Parállēloi von Plutarch.
Die Zeit ist ein Fluss, eine Flut an Ereignissen und Strömungen, die langsam vorbeifließt. Wir alle sind Teil davon. Akteure. Beobachter. Stumme Zeugen. Jeder von uns ist in die Geschichte verwoben. Die Gegenwart ist die Endstation der Geschichte, wir leben im letzten Außenposten der Zeit. Der morgige Tag ist ein Versprechen. Die Zukunft eine Ewigkeit.
Aber die Vergangenheit haben wir gemeinsam. Die Geschichte.
Wie wir sie kennen.
Und die keiner von uns wirklich kennt.
Nächste Seite: In Zeile 8 dieser Inschrift aus dem ersten Jahrhundert steht ein Hinweis auf die Bibliothek in Alexandria. Die Inschrift ist Tiberius Claudius Balbilus gewidmet. Er war in Alexandria geboren worden und aufgewachsen, hatte aber lange in Rom gelebt. Unter Kaiser Caligula flüchtete er zurück nach Alexandria, kehrte aber unter Claudius wieder zurück nach Rom. Er wurde zum Hohepriester im Hermes-Tempel in Alexandria ernannt und zum Leiter der Bibliothek. Die Inschrift ist dem dritten Band von Forschungen in Ephesos (Wien, 1923) entnommen.
Die geheime Geschichte
der Bibliothek
Alexandria, Ägypten
47 v. Chr.
Fässer und Tonnen auf brüchigen Anlegern, geteerte Taue, Winden und Seile, fremde Sprachen, Schreien und Rufen. Schiffe aus weit entfernten Häfen – Athen und Byzanz, Massilia und Karthago, Barcino und Aquileia, von Jaffa im Osten bis Lissabon im Westen. Schlaffe Segel schlugen im Wind. Mit einem Lächeln beobachtete Julius Cäsar das rege Leben unten im Hafen. Er hatte den Geruch des Meeres schon immer geliebt. Besonders hier, wo sich der mächtige Fluss ins Meer ergoss und sich das Süßwasser des Nils mit dem Salzwasser mischte und der charakteristische Brackwassergeruch entstand, der ihn immer an seine Kindheit erinnerte. Wie oft hatte er als Kind unten am Fluss gespielt? Gebadet und geangelt. Einer seiner Onkel hatte ihm das Fechten beigebracht. Vielleicht gefällt mir Alexandria so gut, weil es mich an Zuhause erinnert, dachte er.
Auf der Insel Pharos, die ein Stück vor der belebten Hafeneinfahrt lag, ragte der enorme Leuchtturm in die Höhe. Ein majestätisches Bauwerk, das Rom würdig gewesen wäre. Doch langsam alterte es – zweihundert Jahre waren vergangen, seit der griechische Architekt und Ingenieur Sostratos von Knidos den weiß glänzenden Turm errichtet hatte.
Kleopatras Lieblingskatze kam angeschlichen, drückte sich an sein Bein und warf ihm mit ihren grünen Augen einen Blick zu, bevor sie weiter zur Königin lief.
Hinter ihm im Palast lag die
Weitere Kostenlose Bücher