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Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Titel: Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Den Zeitungen habe ich entnommen, daß der Schuß aus kurzer Entfernung abgegeben worden sei.«
      »Ja, Sir, aus sehr kurzer Entfernung.«
      »In die rechte Schläfe?«
      »Etwas dahinter.«
      »Wie lag die Leiche?«
      »Auf dem Rücken, Sir. Keine Spuren von einem Kampf. Keine Abdrücke. Keine Waffe. Die linke Hand der Toten war um den Zettel mit der Nachricht von Miss Dunbar gekrampft.«
    »Gekrampft, sagen Sie?«
    »Ja, Sir, wir konnten sie kaum öffnen.«
      »Das ist sehr wichtig. Es schließt aus, daß jemand die Nachricht nach dem Tod in die Hand geschoben hat, um eine falsche Fährte zu legen. Die Nachricht war, wenn ich mich recht erinnere, ziemlich kurz. ›Ich werde um neun Uhr an der Thorbrücke sein. G. Dunbar.‹ Lautete sie nicht so?«
      »Ja, Sir.«
      »Hat Miss Dunbar zugegeben, sie geschrieben zu haben?«
      »Ja, Sir.«
      »Was sagte sie zur Erklärung?«
      »Sie spart ihre Verteidigung fürs Schwurgericht auf. Sie wollte nichts sagen.«
      »Das, Problem ist jedenfalls hochinteressant. Die Sache mit dem Brief scheint sehr unklar, meinen Sie nicht?«
      »Nun Sir«, sagte unser Führer, »mir kommt es so vor, wenn ich mir die Kühnheit erlauben darf, als wäre sie der einzige richtig klare Punkt in dem. ganzen Fall.«
      Holmes schüttelte den Kopf.
      »Angenommen, der Brief ist echt und wirklich von ihr geschrieben, dann muß die Dame ihn mit Sicherheit einige Zeit vor der Katastrophe empfangen haben – sagen wir eine Stunde, zwei Stunden davor. Warum hielt sie ihn aber dann fest von der linken Hand umschlossen? Aus welchem Grunde hat sie ihn so sorgsam mit sich herumgetragen? Sie brauchte sich bei dem Gespräch doch nicht auf ihn zu beziehen. Erscheint das nicht merkwürdig?«
      »Nun, Sir, vielleicht ist das wirklich merkwürdig, jetzt, wo Sie es sagen.«
      »Ich möchte mich für ein paar Minuten ruhig hier hinsetzen und alles überdenken.«
      Er ließ sich auf der Balustrade der Brücke nieder, und ich beobachtete, wie seine schnellen Augen fragende Blicke in alle Richtungen schickten. Plötzlich sprang er auf und überquerte die Brücke, riß seine Lupe aus der Tasche und begann dort, das Mauerwerk zu untersuchen.
      »Das ist seltsam«, sagte er.
      »Ja, Sir«, sagte der Polizist, »wir haben die Kerbe im Geländer auch entdeckt. Ich nehme an, das hat ein zufälliger Passant angerichtet.«
      Der Stein war grau, aber an dieser Stelle leuchtete ein weißer Fleck, nicht größer als ein Sixpencestück. Bei genauem Hinsehen konnte man erkennen, daß die Oberfläche wie von einem heftigen Stoß abgeschlagen war.
      »Dahinter muß einige Gewalt gesteckt haben«, sagte Holmes nachdenklich. Er drosch einige Male mit seinem Spazierstock auf die Brüstung, ohne daß eine Spur zurückgeblieben wäre. »Ja, ein harter Schlag muß es gewesen sein. Und dazu an einer eigenartigen Stelle aufgetroffen. Er wurde nicht von oben geführt, sondern von unten – sehen Sie selbst: Die Kerbe befindet sich an der Unterkante.«
      »Aber bis zu der Stelle, wo die Leiche lag, sind es fünfzehn Fuß.«
      »Sehr richtig, fünfzehn Fuß. Vielleicht hat dies nichts mit der Sache zu tun, doch es ist bemerkenswert. Ich glaube, hier können wir nun nichts mehr erfahren. Sie sagen, Fußspuren waren nicht vorhanden?«
      »Das Erdreich war eisenhart, Sir. Es gab keine Spuren, gleich welcher Art.«
      »Dann können wir aufbrechen. Als erstes gehen wir zum Haus hinüber und sehen uns die Waffen an, von denen Sie gesprochen haben. Dann schauen wir, daß wir nach Winchester kommen, denn ich möchte mit Miss Dunbar sprechen, ehe ich den nächsten Schritt tue.«
      Mr. Neil Gibson war noch nicht aus der Stadt zurück, aber wir wurden von dem neurotischen Mr. Bates empfangen, der uns am Morgen aufgesucht hatte. Mit düsterer Befriedigung zeigte er uns die schreckenerregende Feuerwaffensammlung, die sein Brotherr im Verlauf seines abenteuerreichen Lebens zusammengetragen hatte.
      »Mr. Gibson hat seine Feinde, wie sich jeder vorstellen kann, der ihn und seine Methoden kennt«, sagte er. »Er schläft mit einem geladenen Revolver in der Schublade des Nachttischchens. Er ist ein Mann der Gewalt, Sir, und es gibt Zeiten, in denen wir alle Angst vor ihm haben. Ich bin sicher, die arme Dahingeschiedene ist oft furchterfüllt gewesen.«
      »Sind Sie jemals Zeuge geworden, wie er körperliche Gewalt gegen sie angewandt hat?«
      »Nein, das kann ich nicht sagen.

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