Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
Vom Netzwerk:
Gesicht darin vergraben, um nichts zu hören, nichts zu sehen und am besten nicht einmal zu atmen. An der Stelle, an der sie mit den Zähnen ins Kissen gebissen hatte, um nicht zu schreien, war es feucht. Sie merkte, wie ihr Tränen über die Wangen liefen, und sie hatte entsetzliche Angst. Die Angst wiederum machte ihr Angst. Sie schämte sich dafür, dass sie Catherine mit Michael O’Connell allein gelassen hatte, auch wenn die Ältere darauf bestanden hatte. Die Frage
Wieso kann er mich nicht endlich in Ruhe lassen?
hatte sie lange hinter sich gelassen, und sie wusste, dass sie sich in einer viel hoffnungsloseren Lage befand, als sie sich je hatte träumen lassen.
    »Ashley!« Catherines Stimme drang durch die Wand und ihre Ängste.
    »Ja …«, würgte sie zur Antwort hervor.
    »Die Polizei ist da. Du kannst runterkommen.«
    Als sie das Zimmer verließ und vom obersten Treppenabsatz hinunterschaute, sah sie Catherine bei einem Polizisten in mittlerem Alter mit Smokey-the-Bear-Hut. Er hatte Notizblock und Stift in der Hand und schüttelte den Kopf.
    »Ich verstehe, Mrs. Frazier.« Der Beamte sprach ein wenig schwerfällig, und Ashley sah deutlich die Frustration in Catherines Gesicht. »Aber ich kann nicht eine detaillierte Meldung über jemanden machen, den Sie selbst in Ihr Haus eingeladen haben, nur weil er eine zwanghafte Zuneigung zu Miss Freeman hegt … Guten Abend, Miss Freeman, wenn Sie vielleicht runterkommen könnten …«
    Ashley folgte seiner Bitte.
    »Also, hat der Kerl Sie geschlagen oder bedroht?«
    Catherine schnaubte. »Jedes Wort von diesem Mann war eine Drohung, Sergeant Connors. Nicht einmal so sehr durch das,
was
er gesagt hat, sondern
wie

    Der Polizist wandte sich an Ashley. »Sie waren oben, Miss? Demnach können Sie nichts bezeugen?«
    Ashley nickte.
    »Abgesehen davon, dass er hier war, hat er Ihnen demnach nichts getan, nicht wahr, Miss?«
    »Nein«, sagte Ashley. Es klang hilflos.
    Er schüttelte den Kopf und klappte den Notizblock zu, als er sich wieder an Catherine wandte. »Sie hätten sagen müssen, Mrs. Frazier, er hätte Sie geschlagen und Sie in Todesangst versetzt. Es hätte irgendeinen physischen Kontakt geben müssen. Dann hätten wir etwas in der Hand. Sie hätten sagen können, er hätte eine Waffe gezückt. Wenigstens, dass er das Haus unbefugt betreten hat. Aber wir können schlecht jemanden verhaften, bloß weil er Ihnen sagt, dass er Miss Freeman liebt.«
    Der Beamte grinste und versuchte, einen kleinen Scherz zu machen. »Ich meine, ich möchte wetten, dass jeder Junge sich in Miss Freeman verliebt.«
    Catherine stampfte mit dem Fuß auf. »Das hat doch alles keinen Sinn. Wollen Sie damit sagen, es gibt nichts, was Sie für uns tun können?«
    »Nicht, bis wir uns sicher sein können, dass eine kriminelle Handlung stattgefunden hat.«
    »Was ist mit Stalking? Das ist eine kriminelle Handlung!«
    »Ja, aber das hat hier heute Abend nicht stattgefunden, oder? Wenn Sie allerdings beweisen können, dass es ein solches Handlungsmuster gibt, dann sollten Sie Miss Freeman überreden, zu einem Richter zu gehen und eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Das bedeutet dann, dass wir den Kerl, wenn er sich ihr auf unter hundert Meter nähert, festnehmenkönnen. Wir hätten Munition, um es mal so zu sagen. Ansonsten …«
    Er sah Ashley an.
    »Sie haben keine solche Verfügung, zum Beispiel in Boston, wo Sie leben?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Na ja, Sie sollten drüber nachdenken. Natürlich …«
    »Natürlich was?«, hakte Catherine nach.
    »Na ja, ich will ja nicht spekulieren …«
    »Was?«
    »Sie müssen auf der Hut sein. Schließlich wollen Sie ihn nicht zu irgendwelchen Kurzschlusshandlungen provozieren. Manch mal kann eine Verfügung mehr Schaden anrichten, als sie Gutes bewirkt. Wenden Sie sich am besten an einen Fachmann, Miss Freeman.«
    »Wir wenden uns doch gerade an Fachleute!«, fiel ihm Catherine ins Wort. »Gehört das hier nicht zu Ihrem Beruf?«
    »Ich dachte mehr an jemanden, der sich in diesen Familienangelegenheiten auskennt.«
    Catherine schüttelte den Kopf, war aber klug genug, nichts zu entgegnen. Es wäre nur von Nachteil gewesen, einen örtlichen Polizisten zu beleidigen.
    »Falls er wiederkommt, Mrs. Frazier, rufen Sie die Nebenstelle an, und ich schicke Ihnen jemanden vorbei. Tag und Nacht. Das ist das Mindeste, was wir tun können. Wenn er weiß, dass ein Cop nach dem Rechten schaut, wird er sich nicht viel herausnehmen. Das ist auch schon

Weitere Kostenlose Bücher