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Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Irrenhaus, kein logisches Argument würde fruchten.
    »Ich weiß, dass du es nicht so meinst«, entgegnete er, und sein Ton wurde von einer Sekunde zur anderen kalt. »Ich weiß, dass du dazu angestiftet worden bist, mir das zu sagen – all diese Leute, die dich zu etwas anderem machen wollen, als du bist. Ich weiß, dass du dir nur von anderen Leuten diktieren lässt, was du sagst. Deshalb höre ich auch nicht darauf.«
    Bei dem Stichwort
diktieren
geriet Ashley beinahe in Panik, während sie auf ihr Drehbuch blickte. Wenn er nun alles gesehen, alles mitbekommen hatte?
    »Nein, Michael, tausendmal nein. Du verstehst das völlig falsch. Du hast es von Anfang an falsch verstanden. Wir werden nicht zusammen sein!«
    »Das ist Schicksal, Ashley, wir sind füreinander bestimmt.«
    »Nein. Wie kannst du das nur denken?«
    »Du verstehst nicht, was Liebe ist. Wahre Liebe. Bedingungslose Liebe. Liebe geht nicht vorbei«, fuhr er fort, indem er in kaltem Ton jedes Wort betonte. »Liebe hört nicht auf. Sie verlässt einen nicht. Sie ist immer in einem. Du solltest das wissen. Du hältst dich für eine Künstlerin und begreifst nicht die einfachste Sache von der Welt? Was stimmt mit dir nicht, Ashley?«
    »Mit mir ist alles in Ordnung«, erwiderte sie in scharfem Ton. »Oh nein.« O’Connell wippte auf seinem Stuhl vor und zurück. »Manchmal denke ich, du bist wirklich krank, Ashley, ich meine, du hast ein echtes Leiden. Bei einem, der die Wahrheit einfach nicht sehen kann, muss das ja wohl der Grund sein. Bei einem, der sich weigert, auf sein Herz zu hören. Aber mach dir keine Sorgen, Ashley, ich kann dich nämlich heilen. Ich werde für dich da sein. Egal, was passiert, was für schlimme Dinge passieren, du musst wissen, dass ich immer für dich da sein werde.«
    Ashley merkte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Sie fühlte sich vollkommen hilflos.
    »Bitte, Michael.«
    »Du brauchst vor nichts Angst zu haben.« In seiner Stimme klang düstere Wut mit, die dicht unter der Oberfläche zu lauern schien. »Ich werde dich beschützen.«
    Alles, was er sagte, musste sie denken, bedeutete das genaue Gegenteil.
Beschützen
hieß
weh tun
.
Du brauchst keine Angst zu haben
hieß
Du hast allen Grund zur Angst
.
    Die Hoffnungslosigkeit ihrer Situation überwältigte sie fast. Sie merkte, wie in ihr eine Woge der Übelkeit hochstieg, ihre Stirn fühlte sich heiß an. Sie schloss die Augen und lehnte sich an die Wand, als könnte sie so das Zimmer daran hindern, sich um sie zu drehen. Es hört nie auf.
    Ashley öffnete die Augen und sah Catherine mit einem wilden Blick an.
    Catherine konnte zwar nur die eine Seite der Unterredung hören, doch sie wusste, dass es nicht gut lief. Sie stieß mit dem Zeigefinger auf das Skript und tippte so energisch auf die Worte, wie sie konnte. »Sag es! Sag es, Ashley!«, flüsterte sie verzweifelt.
    Ashley hob die Hand und wischte sich die Tränen weg. Sie schnappte nach Luft. Auch wenn sie nicht wusste, was sie in Bewegung setzte, hatte sie keinen Zweifel, dass es etwas Schreckliches war.
    »Michael«, begann sie langsam. »Ich hab alles, wirklich alles versucht. Ich hab auf alle erdenkliche Weise nein zu dir gesagt. Ich weiß nicht, wieso du das nicht begreifst. Wirklich nicht. Da ist etwas in dir, das ich nie verstehen werde. Deshalb werde ich jetzt gleich mit dem einzigen Menschen sprechen, der mir einfällt, der dir vielleicht sagen kann, wo’s langgeht; dem du schon mal gehorcht hast. Jemand, der mir vielleicht raten kann,wie ich dir meinen Standpunkt begreiflich machen soll. Jemand, der wahrscheinlich weiß, wie ich dich dazu bringe, aus meinem Leben zu verschwinden. Jemand, von dem ich mir hundertprozentig sicher bin, dass er mir helfen wird, dich loszuwerden. Jemand, dem ich vertrauen kann, dass er mir hilft.«
    Alles, so viel wusste sie, war darauf angelegt, jedes Quentchen Wut in ihm zu entfachen.
    O’Connell antwortete nicht, und Ashley dachte, dass er ihr vielleicht zum ersten Mal zugehört hatte.
    »Es gibt nur einen Menschen auf der Welt, vor dem du, glaube ich, richtig Angst hast. Deshalb werde ich mich heute Abend mit ihm treffen.«
    »Was sagst du da?«, fragte O’Connell schroff. »Von wem redest du? Jemand, der dir helfen kann? Niemand kann dir helfen, Ashley. Niemand außer mir.«
    »Da irrst du dich. Es gibt einen Mann.«
    »Wen?«, brüllte O’Connell ins Handy.
    »Weißt du, wo ich gerade bin, Michael?«
    »Nein.«
    »Ich bin gar nicht weit von deinem Zuhause,

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