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Das Opfer

Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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sogar noch einmal um. Doch Bronislaw glättete die Situation meisterhaft und brachte den Sergeanten zum Schweigen. Man konnte davon ausgehen, dass der Dicke sich nun genauso schweigsam verhalten würde, wie Yussurs Doppelgänger, der lediglich einem Trugbild entsprang.
    Yussur Tomba arbeitete bereits seit zwölf Jahren für den Entsorgungsservice und stattete der Asservatenkammer des Polizeipräsidiums nicht zum ersten Mal einen Besuch ab. Er wusste, was er zu tun hatte. Lautlos schlich er an den Regalen entlang in den Dienstraum, wo sich das Asservatenverzeichnis mit den Eingangsdaten befand und suchte den Lagerort der Beweismittel heraus, die ihn interessierten – in diesem Fall das Blut der Morjane aus der Jablotschkow-Straße. Rasch fand er das richtige Schubfach im Kühlschrank, nahm die Probe mit dem Morjanenblut an sich und ersetzte sie wie immer durch eine Probe mit gewöhnlichem Menschenblut. Die ganze Aktion dauerte kaum drei Minuten.
    In seiner Anfangszeit beim Entsorgungsservice hatte sich Tomba einmal den Spaß erlaubt, der Polizei Hundeblut statt Menschenblut unterzuschieben, und damit einen Riesenskandal ausgelöst. Dieser grobe Unfug hatte ihn damals einen ganzen Wochenlohn gekostet und danach sparte er sich solche Streiche.
    Tomba schloss den Kühlschrank, kehrte an seinen Platz zurück und hob das Trugbild auf.
    »Dauert das noch lange, Iwan?«, nölte der schwarzhaarige Schnüffler. »Die paar Nummern musst du doch längst aufgeschrieben haben.«
    »Ich hab’s gleich.«
    Der Wikinger warf die letzte Pistole in die Kiste zurück, schloss sein Notizbuch und sah Jerschow streng an: »Sie haben unsere Dienstanweisung gelesen?«
    »Jawohl«, erwiderte der Sergeant und nahm reflexartig Haltung an.
    »Dann haben Sie sicher auch gelesen, dass unser Auftrag geheim ist?«
    »Ja.«
    »Sollten Sie auch nur ein Wort über unseren Besuch verlieren, können Sie Ihre Pension in den Wind schreiben. Haben wir uns verstanden?«
    »Jawohl.«
    »Dann alles Gute, Sergeant!« Der Schwarzhaarige gab ihm einen Klaps auf die Schulter, und die beiden Schnüffler verließen die Asservatenkammer.
    Die Pension in den Wind schreiben! Diese arroganten Arschlöcher! Halten sich für was Besseres, bloß weil sie in der Abteilung für interne Sicherheit arbeiten, und glauben, sie können sich alles erlauben! Frechheit!
    Jerschow schloss die Tür ab, schmetterte zornig seine Dienstmütze auf den Tisch und bellte eine Salve obszöner Flüche durch den Raum – das half immer.
    Eigentlich konnte es ihm ja egal sein, wie diese Lümmel sich benahmen. Sie hatten die ganze Plackerei noch vor sich. Er dagegen, der Sergeant Jerschow, würde schon bald in Pension gehen und dachte überhaupt nicht daran, sein hart verdientes Ruhestandsgehalt wegen dieser aufgeplusterten Milchbuben aufs Spiel zu setzen. Noch ein Jährchen – dann konnten sie ihm alle den Buckel herunterrutschen!
     
    Der Lieferwagen vom Typ Gazelle mit dem Schriftzug »Internet-Shop www.prodam.ru – Expresszustellung« wartete nicht weit vom Tor des Polizeipräsidiums. Yussur setzte sich ans Steuer und nahm sein Handy aus der Halterung.
    »Hallo, Zentrale? Hier ist Tomba. Die Asservatenkammer bei der Polizei ist jetzt sauber. Das Blut der Morjane aus der Jablotschkow-Straße haben wir ausgetauscht. Ihr könnt die Rechnung schreiben.«
     
     
     
    Büro der Firma JFK
Moskau, Maly Afanasjewski Pereulok
Samstag, 16. September, 12:41 Uhr
     
     
    Professor Lew Moisejewitsch Serebrjanz wusste nicht, wie ihm geschah.
    Er war auf dem Weg zur Bibliothek für ausländische Literatur , die sich am Ufer der Jausa befindet, hatte bereits die Brücke passiert und die Straßenseite gewechselt, als plötzlich Reifen quietschten und ein schwarzer BMW mit getönten Scheiben neben ihm hielt.
    »Professor Serebrjanz?«
    Der nichts Böses ahnende Wissenschaftler sah den Quadratschädel, der aus dem heruntergelassenen Seitenfenster schaute, erstaunt an.
    »Ja.«
    »Wir suchen Sie.«
    »Und wieso?«
    Eine Antwort blieb aus. Stattdessen öffneten sich die hinteren Türen des BMW und zwei breitschultrige Kleiderschränke mit ausrasierten Nacken und gelangweilten Mienen verfrachteten den perplexen Professor umstandslos in den Wagen.
    »Wer gibt Ihnen das Recht …?«
    Die Pranke des rechts von ihm sitzenden Hünen erschien plötzlich vor Serebrjanz’ Gesicht und zog ihm mit überraschender Behutsamkeit die Brille von der Nase. Danach stülpte ihm der zweite Entführer einen schwarzen Sack über

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