Das Orakel der Seherin
sich, diejenigen zu unterrichten, die zu dieser Lehre gezwungen wurden. Gleichzeitig beauftragte die Königin eine große Anzahl Arbeiter, Isis nicht weit von der großen Pyramide, die Suzama sich zu betreten weigerte, einen Tempel zu errichten. Die Königin wollte einen imposanten Tempel für Isis bauen lassen, doch Suzama überzeugte sie, daß es besser wäre, ein eher bescheidenes Gebäude zu errichten. Auf diese Weise bekam Suzama innerhalb eines Jahres nach dem Tod des Königs einen eigenen Ort, an dem sie ihre Lehre verbreiten konnte. Suzama schmückte ihn mit Pflanzen und Blumen sowie verschiedenfarbigen Kristallen, die sie vom gesamten Kontinent bezog.
Natürlich erlitten die Setiane in dieser Zeit einen Rückschlag, was ihren Einfluß und ihre Macht anging. Doch die Königin verwies sie keinesfalls des Landes, denn Suzama hatte ihr geraten, darauf zu verzichten. Ich fragte meine Freundin, ob es nicht besser sei, es zu tun, doch Suzama war die Freiheit der Gedanken so wichtig, daß sie sogar diejenigen beschützte, die sie aufgrund ihrer Ideen und Absichten für gefährlich hielt. Aber ich bezweifle, daß Suzama wirklich wußte, wie viele Mörder Ory auf sie und mich ansetzte. Natürlich kehrte keiner dieser Männer jemals zu seinem Herrn zurück, auch dann nicht, wenn Ory sie in Gruppen von drei oder vier Leuten schickte. Während dieser Zeit kam ich selten zur Ruhe, und ich setzte mich niemals mit dem Rücken zur Tür.
Doch ich trank nie das Blut der Setiane. Allein der Geruch davon verursachte mir Übelkeit. Diese Gruppe arbeitete ohne Zweifel mit speziellen Kräften, die ich nicht näher bestimmen konnte. Aber ich schenkte den geheimnisvollen Gerüchten mehr Beachtung, die besagten, daß sie Kontakt zu einer alten Reptiliengattung hatten. Angeblich stellten sie diesen durch einen gedankenver-schmelzenden Prozeß her, für den sie eineiige Zwillinge als Katalysatoren brauchten. Ich begann sogar ihre angeblichen Beziehungen zu den Abkömmlin-gen dieser Rasse zu untersuchen, die nun auf verschiedenen Welten lebten, die andere Sonnen umkreisten. Ich wußte, daß die Setiane ihre Kraft von irgendwoher bezogen, und ich wollte wissen, woher. Doch meine Nachforschungen brachten nur wenig Ergebnisse.
Selbst die Setiane, die ich getötet hatte, hatten einen sehr machtvollen Blick, eine Kraft in ihren Augen, die durch ein magnetisches Feld anderen den eigenen Willen aufzwingen konnte. Natürlich hatten sie keine Macht über mich, doch ich konnte die Auswirkungen auf die Menschen in der Stadt sehen.
Normalerweise hätten sie Suzama als eine große Prophetin empfangen und ihre Lehren dankbar annehmen müssen, doch ihre Gefolgschaft blieb klein, auch nachdem der Tempel fertiggestellt war. Die Setiane verstanden sich darauf, Haß gegen sie zu schüren und Lügen über sie zu verbreiten.
Glücklicherweise schottete Suzama die Königin vor Ory und seinem Kult ab.
Nachdem der König verstorben war, weigerte sich Königin Delar, Ory zu treffen. Ich hingegen sah ihn von Zeit zu Zeit. Obwohl er sich mir gegenüber höflich verhielt, konnte ich das Zischen der Schlange in seinem Atem hören.
Wie hätte es mir auch entgehen sollen? Gewissermaßen waren wir schließlich verwandt. Yaksha, der Yashini, hatte mich erschaffen. Und nicht umsonst waren die Yashinis in Indien bestens als eine Rasse mystischer Schlangen bekannt.
Doch Ory erinnerte mich nie an Yaksha. Dieser hatte Krishna über alles geliebt. Und meine Fähigkeit, den Willen anderer zu beeinflussen, unterschied sich sehr von der Macht der Setiane. Denn ihre Kraft ließ die Opfer geschwächt und ohne Orientierung zurück. Viele erholten sich niemals mehr davon, und so war es nicht erstaunlich, daß der Prozeß bald unter dem Namen Säen bekannt wurde, denn er säte die Saat eines fremden Bewußtseins in die Köpfe anderer.
Ich konnte voraussehen, daß sich der Konflikt mit den Setianen zuspitzen würde; allerdings kam der große Knall früher und mit größerer Macht, als ich geglaubt hatte. Suzama zählte erst neunzehn Jahre, als ich eine persönliche Einladung von Ory erhielt. Er wollte sich mit mir allein in der Wüste treffen, um unsere unterschiedlichen Meinungen zu besprechen und unserem Konflikt ein Ende zu setzen. Dies geschah ganze sechs Tage, nachdem ich zehn seiner Leute erschlagen hatte, die sich mitten in der Nacht in den Tempel der Isis eingeschlichen hatten. Nie zuvor hatte Ory so viele Leute auf einmal geschickt, und ich hatte wahrlich Glück
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