Das Orakel von Antara
Straßen, die alle Sklaven aufgriffen, die nicht mit einem Pass ihrer Herren unterwegs waren. Sie wurden zusammengetrieben und in der großen Arena, in öffentlichen Gebäuden oder Lagerhäusern unter schärfster Bewachung eingesperrt. Viele wurden auf der Stelle getötet, wenn sie den Soldaten verdächtig vorkamen. Doch auch unter den Moradonen gab es Metzeleien, begangen von Sklaven, deren aufgestauter Hass sich durch die Gerüchte der bevorstehenden Befreiung in blutiger Rache an ihren Peinigern entlud.
Auch aus der näheren Umgebung der Stadt kamen Meldungen von sich rasch ausbreite nden Sklavenaufständen und grausamen Vergeltungsakten der moradonischen Armee. Wie Yorn und die Gefährten ja schon bei ihrem ersten Kontakt in Moradon erfahren hatten, hatte der König wohl - gewarnt von seinen magischen Kräften - das Land in Alarmbereitschaft versetzt.
So standen zurzeit mehr Moradonen als üblich unter Waffen, und die unorganisierten Sklavenaufstände wurden meist schnell im Keim erstickt. Yorns Plan einer heimlichen Vorb ereitung der Flucht eines Großteils der Sklaven war fehlgeschlagen. Mit der Schnelligkeit eines vom Wind getriebenen Steppenbrandes hatte sich die Nachricht von der Ankunft des Befreiers verbreitet und trieb die unbesonnensten und am schlechtesten behandelten Sklaven zu ihrem verhängnisvollen Tun.
„Wenn nicht bald etwas geschieht“, schloss Schorangar sorgenvoll, „werden viele hundert unserer Leute den Tod finden, und der Rest wird so eingeschüchtert sein, dass sie im entscheidenden Augenblick nicht mehr zu handeln wagen.“
Auch Yorn war entsetzt von der unheilvollen Entwicklung der Dinge. „Gibt es Nachricht von Nith?“ fragte er. „Wo steht das Heer der Antaren?“
„Zwei Stunden, nachdem du aufgebrochen warst, kam mein Bote zurück“, berichtete Schorangar. „Das Heer lagert zwei Tagesmärsche von der Stadt am Rande der Berge. Dort ist totes Land, so dass die Moradonen nichts davon bemerken werden. Als du mit deinen Gefährten zum Palast aufbrachst, habe ich wie befohlen einen Mann ausgeschickt, der Nith suchen sollte. Die Posten des Heeres griffen ihn auf, und so konnte er Nith schneller berichten, als wir gehofft hatten.
Vor zwei Wochen ist Nith bei den Lidonen eingetroffen und fand die letzte Streitmacht a ller sechs Stämme dort vor. Zwar gelang es Nith, sie zu einem Gewaltmarsch zur Grenze zu bewegen, aber die Fürsten sind uneins. Sie streiten sich um die Führung, um den rechten Zeitpunkt eines Angriffs und die Art, wie er von statten gehen sollte. Einige sind noch skeptisch, ob du wirklich existierst, denn sie halten den Spruch des Gottes für eine Legende. Aber zumindest sind sich alle darüber einig, dass mit dem Überfall auf die Niveder das Maß der moradonischen Frevel gerüttelt voll ist.“
„Wenn es so steht, werde ich im Morgengrauen dorthin aufbrechen“, sagte Yorn entschlossen. „Die Zeit ist da! Das letzte Heer der Antaren muss reiten! Und es muss bald reiten, bevor noch mehr außer Kontrolle geraten kann. Wenn bekannt wird, dass Xero tot ist, werden die Moradonen in Panik geraten. Das kann zu den schrecklichsten Reaktionen führen, aber es kann auch von größtem Vorteil für uns sein, wenn es niemanden gibt, der stark genug ist, die Führung der Moradonen an sich zu reißen.“
„Es gibt zwei Männer, die diesen Anspruch erheben werden“, warf Schorangar ein. „Der eine ist Pelegar, der Führer der Stadtwachen, der andere, Vereios, führte den Angriff auf die Niveder. Wie ich hörte, ist er unseren Leuten bei der Befreiung des Sklavenzugs entkommen und zur Stadt zurückgekehrt.“
„Zwei Männer, sagst du?“ horchte Yorn auf. „Wie stehen sie zueinander?“
„Sie hassen sich wie die Pest!“ grinste Schorangar. „Denn beide waren auf die Prinzessin aus, die jedoch keinen von ihnen leiden kann, wie man sagt.“
„Das ist gut, sehr gut sogar!“ Yorn nickte befriedigt. „Das heißt, dass keiner dem anderen die Herrschaft gönnen wird. Das wird die Moradonen entzweien, und wo zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Wir werden uns ihre Zwietracht zunutze machen.“
In diesem Augenblick erhob sich Unruhe auf dem Gang, der zu dem großen, unterirdischen Versteck führte. Alle Versammelten sprangen auf und blickten zum Eingang, durch den nun aufgeregt einer der Posten stürmte.
„Herr! Sieh nur! Sieh doch nur!“ rief er aufgeregt.
Yorn machte einige Schritte auf die Tür zu, da wurde der
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