Das Orakel von Antara
außerdem gebe ich dir den besten Bewacher mit, den ich mir denken kann. Du siehst, ich traue dir nicht, und daher wirst du dir den Thron mit meinem Bruder teilen müssen. Einen besseren Garanten für einen Frieden mit Moradon konnte ich nicht bekommen.“
Mit einem Jubelruf fiel ihm Sabrete um den Hals. „Weiß Reven schon von deinen Plänen?“ fragte sie atemlos.
„Nein, aber du kannst jetzt auch nicht sofort laufen und es ihm sagen“, wehrte Yorn sie lächelnd ab. „Denn erstens ist er noch damit beschäftigt, die moradonische Verstärkung im Süden abzufangen, und zweitens hast du ja noch eine Aufgabe zu bewältigen. Wir werden jetzt zur Stadtmauer reiten. Vereios wird sich hüten, uns daran zu hindern. Du siehst, dort oben steht eine Masse Volk, das die Vorgänge hier unten beobachtet. Ich wette, auch Pelegar wird dort irgendwo lauern.
Somit werden alle, die es angeht, und eine Menge anderer deine Worte mitbekommen. So können weder Pelegar noch Ve reios verheimlichen, dass du in unseren Händen bist. Ich werde ein fürchterlich grimmiges Gesicht machen, damit alle denken, dass ich dich sofort massakriere, wenn jemand auch nur eine feindliche Geste gegen uns macht. Wir werden nur eine kleine Bedeckung von zehn Mann mitnehmen. Das wirkt nicht bedrohlich und ist ausreichend für die Bewachung einer Gefangenen. Wir müssen den Schein schon wahren.“
Er half Sabrete wieder in den Sattel. Merian hatte der Prinzessin standesgemäße Kleidung besorgt, damit sie sich ihrem Volk entsprechend zeigen konnte. Nun rief er seine Männer zur Begleitung heran. Dann setzte sich der kleine Trupp in Richtung auf die Stadtmauer in Bewegung.
Yorn lenkte sein Pferd auf eine Stelle zu, die außerhalb des Belagerungsrings der Morad onen lag, und wo sich eine große Gruppe Menschen auf den Mauern in sicherer Entfernung von den Belagerern zur Beobachtung der Ereignisse eingefunden hatte. Yorn war fast sicher, dass sich dort auch Pelegar mit einigen seiner Getreuen befinden würde. Außerdem war der Ort nahe genug am Lager der Moradonen, dass auch diese die Worte Sabretes verstehen würden. Yorn ritt so nah an die Mauer heran, dass man die Gesichter der Leute erkennen konnte. So war er sicher, dass auch Sabrete erkannt werden würde.
Tatsächlich wurden auf der Mauer und aus dem Moradonenheer Rufe laut: Das ist Sabr ete! Oder: Schaut! Die Tochter des Königs! Sabrete richtete sich in den Steigbügeln auf und hob die Hand. Sofort verstummten alle, denn keiner wollte sich entgehen lassen, was sie zu sagen hatte.
„Hört mich an, Volk von Moradon!“ rief sie mit lauter, klarer Stimme. „Ihr seht, ich bin eine Geisel der Antaren. Man wird mich ohne zu zögern töten, wenn ihr euch feindlich zeigt und sie angreift. Und dann werden die Antaren Blooria stürmen, und kein Moradone wird mit dem Leben davonkommen. Aber die Antaren wollen nicht kämpfen. Sie sind des Blutvergießens müde. Und auch ich will nicht, dass noch mehr moradonisches Blut die Erde tränkt. Ihr wißt, mein Vater ist tot und das Herz von Bloor vernichtet.
Viele von euch werden schon gemerkt haben, dass der Fluch, der unsere Herzen verblendete und uns unempfindlich machte gegen jede Menschlichkeit, von uns genommen ist. Somit dürfen wir nicht länger fortfahren, ein Volk zu versklaven, das uns nie etwas Böses tat. Wie viel Schuld, wie viel Blut haben wir auf uns geladen in den Jahren unserer Unterwerfung unter Bloors dunkle Magie. Nie können wir diese Schuld wirklich bezahlen.
Aber die Antaren wollen keine Rache. Sie wollen nur ihre Freiheit und in Frieden mit ihren Nachbarn leben. Wir sollten ihnen dan kbar sein, denn heute liegt unser Leben in ihrer Hand, so wie das ihre seit endloser Zeit in der unseren lag. Wir haben sie nicht geschont, aber sie wollen dies mit uns tun.
Ja, noch mehr sogar: Sie werden mir gestatten, eure Königin zu sein an der Seite eines Gatten, den ich selbst mir erwählen darf. Und keinem Moradonen, der sich friedlich gegen sie verhält, wird ein Haar gekrümmt werden. Auch wird ni emand wegen seiner Taten unter dem Fluch von Bloors Herzen bestraft werden. Das Vergangene soll vergangen sein, und nur die Taten der Zukunft werden zählen.
Also ihr habt die Wahl: Ein Leben in Freiheit, aber ohne Sklaven , und in Frieden mit unseren Nachbarn - oder Kampf, Belagerung und Tod! Denn greift ihr an, werden die Antaren all die an ihnen begangenen Gräueltaten blutig rächen, und in Blooria wird kein Stein auf dem anderen
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