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Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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verhindern, die ganze Zeit darüber nachzudenken?”
    Maura dachte einen Moment lang über die Frage nach. “Ich erinnere mich daran, dass ich in die Weisheit des Allgebers vertrauen muss. Ich versuche, weiterzugehen und zu tun, was zu tun ist. Jeder kleine Erfolg, den ich habe, lässt mich zuversichtlicher werden, auch wenn ich meinem Ziel nur ein paar Meilen näher gekommen bin.”
    Sie strich dem Kind mit der Hand über den Kopf und fragte sich, ob es sonst wohl irgendjemand wagte, dem Orakel Zuneigung zu zeigen. In diesem Moment kam ihr ein tröstlicher Gedanke. “Meint Ihr, der Wille des Allgebers könnte durch Menschen wie uns, die wir nicht so gut vorbereitet sind, nicht vielleicht sogar besser wirken?”
    Das Kind schniefte ein letztes Mal, während es Maura nachdenklich ansah. In seinen sanften grauen Augen glühte die Weisheit vieler Generationen – bruchstückhaft zwar, aber noch immer vorhanden. Nach einiger Zeit nickte es. “Es wäre mehr Raum da, die Macht des Allgebers wirken zu lassen.”
    Gerade in dem Augenblick eilte die Dienerin herein. “Bei dieser Sonne und der frischen Brise wird die Wäsche dreimal so schnell trocken. Hier sind die Kekse, die ich Euch versprochen habe.” Sie blieb jäh stehen und starrte Maura und das Kind an. “Ist alles in Ordnung, Kleines? Wird es zu viel für Euch? Soll ich die Dame fortschicken?”
    “Nein, Orna!” Das Orakel umklammerte Mauras Hand. “Wir hatten gerade ein schönes Gespräch. Ich hoffe, sie wird mich noch oft besuchen kommen, so lange sie auf den Inseln ist.”
    “Orna?” Maura lächelte die Frau an, während sie zu ihrem Stuhl zurückging. “Das ist mir ein sehr lieber Name. Die Mutter meiner liebsten Freundin hieß auch Orna. Ihr erinnert mich an sie.”
    Es war klar zu erkennen, dass die Frau mehr als nur eine Dienerin im Haushalt des Orakels war – vielmehr eine warme, fürsorgliche Beschützerin, die nicht vergaß, dass dieses besondere, geplagte kleine Mädchen zuallererst ein Kind war.
    “Orna ist ein wirklich häufiger Name in Norest.” Die Frau strahlte Maura an. Die Worte ihres Schützlings hatten sie allem Anschein nach beruhigt. “Als der Krieg ausbrach, kamen meine Leute hierher auf die Inseln. Doch jetzt will ich Euch den Fruchtsaft holen.”
    “Wie schmeckt dieser Lipmasaft denn?”, fragte Maura. “Ähnlich wie Sythwein?”
    Das Kind zog die Nase kraus. “Es zieht einem den Mund zusammen, aber es ist sehr erfrischend. Erzählt mir jetzt von dieser Freundin aus Norest. Was für Sachen habt ihr gemacht, als ihr in meinem Alter wart?”
    Eine Weile lang redeten sie miteinander wie zwei frischgebackene Freundinnen, die sich besser kennenlernen wollen. Ornas Kekse mit einer Glasur aus Früchten und Honig erwiesen sich als sehr köstlich. Zuerst war Maura sich nicht sicher, ob sie den sauren Lipmasaft mochte, doch jedes Mal, wenn sie einen Schluck nahm, sagte ihr der Geschmack mehr zu.
    Während das Orakel sie mit Fragen über ihre Freundin Sorcha und die Stadt Windleford löcherte, fragte sich Maura, ob das Mädchen vielleicht verlegen darüber war, einer Fremden seine Unsicherheit gezeigt zu haben. Vorsichtig lenkte sie ihre Unterhaltung wieder zum eigentlichen Ausgangspunkt zurück. “Wisst Ihr, warum Madame Verise mich hierher geschickt hat?”
    Niedergeschlagen, weil ihr sorgloses Gespräch zu Ende war, trank das Kind sein Glas aus. “Ich soll mit Euch und diesem Mann reden. Dann muss ich dem Rat sagen, ob ihr wirklich die Auserkorene Königin und der Wartende König seid.”
    Maura beneidete ihre junge Freundin nicht um diese Aufgabe. “Gibt es irgendwelche Fragen, die Ihr mir stellen müsst?”
    Das Orakel tippte sich mit dem Zeigefinger ans Kinn und runzelte die klare Stirn. “Ihr sagtet, Langbard war Euer Vormund. Hatte er noch andere Kinder?”
    “Keine.” Maura durchforschte ihre Erinnerung nach allem, was Langbard ihr an jenem schicksalhaften Geburtstagsnachmittag erzählt hatte. “Er erzählte, das Orakel hätte ihm gesagt, er würde Vater der Auserkorenen Königin werden.”
    “Das stimmt.” Das Kind kniff die Augen zusammen. “Ich sehe es ganz klar vor mir. Ich wollte, Ihr hättet seinen Gesichtsausdruck sehen können.”
    “Ich kann ihn mir gut vorstellen.” Maura kicherte. “Ich wünschte, das Orakel hätte Langbard gesagt, dass ich nicht seine richtige Tochter sein würde. Nachdem seine Frau kinderlos gestorben war, machte er eine schreckliche Zeit durch.”
    “Armer Mann!” Das Mädchen

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