Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Orakel von Port-nicolas

Das Orakel von Port-nicolas

Titel: Das Orakel von Port-nicolas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
Vom Netzwerk:
du dich das gefragt? Das muß man sich immer fragen.«
    »Grogs im Winter, Cidre im Sommer, kleine Muscadets zu jeder Jahreszeit. Marie teilte ihre Spaziergänge zwischen der Landzunge Vauban, wo niemand sich hinwagte, um ihr ihre unseligen Strandschnecken wegzunehmen, und dem Hafen auf, wo immer ein bißchen was los war.
    Männer, die losfahren, Männer, die zurückkommen, Gespräche über den Regen, der bald kommt oder nicht kommt, Männer, die die Geräte auf der Mole reparieren, jene, die den Fang aus den Reusen sortieren … Hast du den Hafen gesehen?«
    »Wird da wirklich gefischt?«
    »Wenn du die Augen aufgemacht hättest, hättest du in der Ferne zwei große Trawler vor Anker liegen sehen. Sie betreiben Hochseefischerei bis nach Irland. Die meisten Männer hier im Raum kommen vom Hafen, die Abwesenden arbeiten in Büros in Quimper. Siehst du den Typen, der gerade reinkommt? Verdammt noch mal, hör auf, dich jedes Mal umzudrehen, wenn ich dir jemanden zeige!«
    »So bin ich eben, spontan, ich muß mich immer bewegen.«
    »Na, dann lerne zu sehen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. O.k. das ist der, der die Kirche saubermacht, er macht nichts anderes, ich habe ihn neulich an dem alten Kalvarienberg gesehen, eine Art falscher Pfarrer. Was hältst du von ihm?«
    Marc senkte ein wenig den Kopf, um einen Blick in den Spiegel zu werfen.
    »Auch mit dem würde ich nicht schlafen wollen.«
    »Halt die Klappe, da ist Darnas.«
    Darnas lehnte sich mit dem Ellbogen neben Louis an die Theke und streckte Marc die Hand hin.
    »Vandoosler«, sagte Marc.
    »Nun schön«, erwiderte Darnas mit seiner schmächtigen Stimme. »Neuigkeiten von der Polizei?«
    Marc hätte nicht gedacht, daß ein so dicker Hals eine so helle Klangfarbe hervorbringen könnte.
    »Die reden noch mit dem Bürgermeister«, sagte Louis. »Das wird eine Qual mit den Alibis. Und Sie, haben Sie eins?«
    »Ich habe über den späten Donnerstag nachgedacht. Am Anfang geht’s ganz einfach, ich war um zwei in der Werkstatt, um einen neuen BMW in Empfang zu nehmen.«
    »Ich bitte Sie.«
    »Das Vergnügen liegt ganz auf meiner Seite. Ich habe ihn eine Weile auf der Straße ausprobiert, aber es war schreckliches Wetter. Ich habe den Wagen abgestellt und dann allein in meinem Büro gearbeitet. Pauline hat mich zum Abendessen gerufen.«
    »Wertlos«, sagte Louis.
    »Ja.«
    »Und Pauline?«
    »Noch wertloser. Vormittags war sie in der Zeitung, Rückkehr aus Quimper gegen drei Uhr, danach raus, um zu laufen.«
    »Im Regen?«
    »Pauline läuft ständig.«
    »Es wird eine Qual werden«, wiederholte Louis. »Wer sind all die Leute hinter uns?«
    Darnas warf einen raschen Blick durch den Raum und wandte sich wieder Louis zu.
    »In der linken Ecke Antoine, Guillaume und ihr Vater Loic, alle drei Fischer, sowie Bernard, der Typ von der Werkstatt, sehr tüchtig. Am nächsten Tisch, der junge Mann, Gaèl, so ein ganz Stiller, Insich-Gekehrter, und der zarte Typ um die Vierzig ihm gegenüber ist Jean, er kümmert sich um die Kirche, macht sauber, ölt das Schloß, klopft die Steine ab, steht immer ein bißchen neben den Dingen, ist aber dem Pfarrer völlig ergeben. Dann Pauline Darnas, meine Frau, Sie hatten bereits die Ehre, sie zu kennen, brauche ich nicht vorzustellen, machen wir weiter, trennen wir. Am Tisch dahinter, Lefloch, der härteste Bursche unter den Fischern im Ort, der allen Stürmen die Stirn bietet, Eigner des Trawlers Belle de Nuit, zusammen mit seiner Frau, ihm gegenüber, und dem künftigen Liebhaber seiner Frau, Lefloch weiß es noch nicht. Bei ihnen sitzt auch der Eigner des Trawlers L’Atalante. Am Tisch in der rechten Ecke die Pächterin des Supermarktes, ihre Tochter Nathalie, die von Guillaume am Tisch in der linken Ecke angemacht wird, und Pierre-Yves, der Nathalie anmacht, der das aber scheißegal ist. Hinten in der Ecke steht … Achtung, Kehlweiler, da ist er, der Fundamentalist von Port-Nicolas, der Anwärter auf das Rathaus …«
    »René Blanchet«, flüsterte Louis Marc zu, »der Typ mit den Mülltonnen, jetzt dreh dich nicht um.«
    Louis starrte über sein Glas hinweg in den Spiegel, Marc tat das gleiche, und sie sahen einen gedrungenen grauhaarigen Mann eintreten, der geräuschvoll seine Wachsjacke auszog und mit seinen Stiefeln auf den Boden stampfte. Das Wetter draußen wurde nicht besser, der Westwind brachte Regenguß auf Regenguß. Louis verfolgte die Bewegungen von René Blanchet, der Hände schüttelte, Frauen küßte, Pauline

Weitere Kostenlose Bücher