Das Osterman-Wochenende - Ludlum, R: Osterman-Wochenende
gewußt«, sagte Tanner überrascht.
»Es sollte dich nicht stören. Ich würde Ali um alles in der Welt nicht weh tun wollen. Ich glaube nicht, daß es einen zu etwas verpflichtet, wenn man sich körperlich angezogen fühlt, findest du nicht?«
»Jeder hat seine Träume.«
»Du weichst mir aus.«
»Das tu ich allerdings.«
»Ich sagte dir doch, ich würde deine Verpflichtungen nicht stören.«
»Ich bin ein Mensch. Es würde sie schon stören.«
»Ich bin auch ein Mensch. Darf ich dich küssen? Einen Kuß verdiene ich doch wenigstens.«
Ginny legte dem verblüfften Tanner die Arme um den Hals und preßte ihre Lippen auf die seinen, öffnete den Mund dabei. Tanner merkte, daß sie sich redliche Mühe gab, ihn zu erregen. Er konnte das nicht begreifen. Wenn es ihr mit dem, was sie tat, wirklich ernst war, hatte sie hier keine Chance, es zu Ende zu bringen.
Dann begriff er. Das sollte ein Versprechen sein.
Das war ihre Absicht.
»Oh, Johnny! O Gott, Johnny!«
»Schon gut, Ginny. Schon gut. Du sollst nicht...« Vielleicht war sie wirklich betrunken, dachte Tanner. Morgen würde sie sich wie ein Narr vorkommen. »Wir reden später. «
Ginny wich ein wenig zurück. »Natürlich reden wir später. Johnny? – Wer ist Blackstone?«
»Blackstone?«
»Bitte! Ich muß es wissen! Nichts wird sich ändern, das verspreche ich dir! Wer ist Blackstone?«
Tanner hielt sie an den Schultern fest und drehte sie so herum, daß ihr Gesicht vor dem seinen war.
Sie weinte.
»Ich kenne keinen Blackstone.«
»Tu das nicht!« flüsterte sie. »Bitte, um Gottes willen, tu das nicht! Sag Blackstone, er soll aufhören!«
»Hat Dick dich herausgeschickt?«
»Er würde mich umbringen«, sagte sie leise.
»Wir wollen das einmal klarstellen. Du bietest mir an...«
»Was du willst! Laß ihn bloß in Frieden. Mein Mann ist ein guter Mann. Ein sehr, sehr anständiger Mann. Er ist dir ein guter Freund gewesen! Bitte, tu ihm nicht weh!«
»Du liebst ihn.«
»Mehr als mein Leben. Und deshalb darfst du ihm bitte, bitte nicht weh tun. Und sag Blackstone, daß er aufhören soll! «
Sie rannte in die Garage.
Er wollte ihr nachgehen und sie beruhigen, aber der Schemen von Omega hinderte ihn daran. Und dabei fragte er sich die ganze Zeit, ob Ginny, die imstande war, sich als Hure anzubieten, auch zu viel gefährlicheren Dingen imstande war.
Aber Ginny war keine Hure. Leichtlebig vielleicht, selbst auf harmlose Art provozierend, aber weder Tanner noch irgend jemandem, den Tanner kannte, war es je in den Sinn gekommen, daß sie ihr Bett mit irgend jemand außer Dick teilen würde. Das war nicht ihre Art.
Wenn sie nicht Omegas Hure war.
Wieder drang gezwungenes Gelächter aus dem Hause. Tanner hörte die einleitenden Klarinettentöne von >Amapola<. Er kniete nieder und holte das Thermometer aus dem Wasser.
Plötzlich wurde ihm bewußt, daß er nicht alleine war. Leila Osterman stand ein paar Schritte hinter ihm auf dem Rasen. Sie war lautlos herausgekommen, oder er war zu sehr in Gedanken versunken gewesen, um die Küchentür oder ihre Schritte zu hören.
»Oh, du bist’s! Du hast mich erschreckt.«
»Ich dachte, Ginny würde dir helfen.«
»Sie – sie hat sich Kieselgur auf den Rock geschüttet. Schau nur, es hat achtundzwanzig Grad. Joe wird sagen, daß es zu warm ist.«
»Wenn er das noch bemerkt.«
»Ja, ich verstehe«, sagte Tanner und erhob sich lächelnd. »Joe ist kein Trinker.«
»Er gibt sich aber große Mühe.«
»Leila, wie kommt es, daß du und Bernie schon vor zwei Tagen angekommen seid?«
»Hat er dir das nicht gesagt?« Leila zögerte und schien verärgert, daß ihr jetzt die Erklärung zugefallen war.
»Nein. Sonst würde ich nicht fragen.«
»Er sieht sich um. Er hatte Besprechungen und Verabredungen. «
»Wonach sieht er sich um?«
»Oh, alles mögliche. Du kennst ja Bernie; er macht da verschiedene Phasen durch. Er kann nie vergessen, daß die New York Times ihn einmal aufregend genannt hat – oder scharfsichtig, ich weiß das nicht mehr genau. Unglücklicherweise hat er sich einen teueren Geschmack zugelegt.«
»Jetzt komm’ ich nicht mehr mit.«
»Er würde gerne eine Spitzenserie machen; du weißt schon, so einen richtigen Knüller. In den Agenturen wird viel von Qualitätsverbesserung geredet.«
»Wirklich? Davon hab’ ich gar nichts gehört.«
»Du bist auch bei den Nachrichten und nicht bei der Unterhaltung. «
Tanner holte ein Päckchen Zigaretten heraus, bot Leila eine an. Als
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