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Das Paradies der Damen - 11

Das Paradies der Damen - 11

Titel: Das Paradies der Damen - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Armen schenken, als daß er auch nur einen Centime in diese Warenhäuser, diese Schandhäuser des Handels, stecke. Übrigens brauche man Millionen für ein derartiges Unternehmen, schloß der junge Mann.
    »Und wenn man sie fände?« sagte ganz einfach Frau Desforges. Er schaute sie an und wurde plötzlich ernst. War das nur das Gerede einer eifersüchtigen Frau? Allein sie ließ ihm nicht Zeit, sie zu fragen, sondern fuhr fort:
    »Sie wissen, wie sehr ich an Ihnen Anteil nehme. Wir werden über die Sache noch sprechen.«
    Draußen klingelte es. Sie erhob sich, und er schob mit einer unwillkürlichen Bewegung seinen Stuhl zurück, als liefen sie Gefahr, von jemandem überrascht zu werden.
    Der Diener trat ein und meldete:
    »Herr Mouret, Herr von Vallagnosc.«
    Henriette konnte eine zornige Gebärde nicht unterdrücken. Warum kam er in Begleitung? Er hatte seinen Freund sicher nur deshalb mitgebracht, weil er ein Alleinsein mit ihr fürchtete. Sie empfing indessen die beiden Herren mit charmantem Lächeln.
    »Wie selten man Sie jetzt sieht! Das gilt auch Ihnen, Herr von Vallagnosc.«
    Sie war seit einiger Zeit verzweifelt, daß sie immer stärker wurde. Sie zwängte sich in enge Seidenkleider, um ihre zunehmende Fülle zu verbergen. Nur ihr hübscher Kopf mit den dunklen Haaren behielt seinen feinen Liebreiz. Mouret umfing sie mit einem zärtlichen Blick und sagte in vertraulichem Ton:
    »Ich brauche mich nicht nach Ihrem Wohlbefinden zu erkundigen: Sie sind frisch wie eine Rose.«
    »Oh ja, es geht mir recht gut«, erwiderte sie. »Übrigens hätte ich auch sterben können, und Sie hätten nichts davon gemerkt.« Jetzt betrachtete sie ihn. Sie fand ihn müde und nervös, die Augen eingefallen, die Gesichtsfarbe bleiern.
    »Ich kann Ihnen das Kompliment nicht erwidern«, sagte sie. »Sie sehen keineswegs gut aus.«
    »Das macht die viele Arbeit«, bemerkte Vallagnosc.
    Mouret machte eine unbestimmte Geste, ohne zu antworten. Er hatte Bouthemont bemerkt und grüßte ihn mit einem freundschaftlichen Kopfnicken. Früher hatte er ihn selbst aus der Abteilung abgeholt und zu Henriette mitgenommen. Allein die Zeiten hatten sich geändert, und er sagte halblaut:
    »Sie sind heute früh fort. Man hat Ihr Weggehen bemerkt und ist wütend auf Sie.«
    Er sprach von Bourdoncle und den übrigen Teilhabern, als wäre nicht er der Chef des Hauses.
    »Wirklich?« murmelte Bouthemont beunruhigt.
    »Ja, ja, ich habe mit Ihnen zu reden. Warten Sie nachher auf mich, wir werden zusammen fortgehen.«
    Henriette hatte sich mittlerweile gesetzt und hörte Vallagnosc zu, der ihr den Besuch Frau von Boves’ ankündigte. Aber sie ließ Mouret nicht aus den Augen. Er war verstummt, betrachtete angelegentlich die Möbel und schien an der Decke etwas zu suchen. Als sie sich lachend beklagte, daß sie nur noch Herren bei ihrem Tee sehe, vergaß er sich so weit, daß er ausrief:
    »Ja, und ich hoffte, Baron Hartmann bei Ihnen zu finden!«
    Henriette wurde blaß. Sie wußte ohne Zweifel, daß er nur zu ihr kam, um hier den Baron zu treffen; aber mußte er ihr seine Gleichgültigkeit so ins Gesicht schleudern? In diesem Augenblick wurde abermals die Tür geöffnet, und der Diener erschien auf der Schwelle. Sie befragte ihn mit einem Blick; er trat näher und flüsterte ihr zu:
    »Es ist wegen des Mantels. Gnädige Frau haben mir befohlen, Sie zu benachrichtigen; das Fräulein ist da.«
    Da erwiderte sie laut, so daß alle es hören mußten, und ihre ganze Eifersucht entlud sich in ihrem geringschätzigen Ton:
    »Sie soll warten.«
    »Soll ich sie in das Ankleidezimmer der gnädigen Frau führen?«
    »Nein, sie soll im Vorzimmer bleiben.«
    Als der Diener hinausgegangen war, setzte sie ruhig das Gespräch mit Vallagnosc fort. Mouret, der in seine Teilnahmslosigkeit zurückgesunken war, hörte mit einem Ohr zu, ohne recht zu begreifen. Bouthemont, den das Abenteuer interessierte, kam ins Grübeln. Jetzt wurde die Tür geöffnet, und zwei Damen traten ein.
    »Denken Sie sich«, sagte Frau Marty, »gerade als ich aus dem Wagen stieg, sah ich Frau von Boves unter den Arkaden herankommen.«
    »Ja«, erklärte diese, »das Wetter ist so schön, und da mein Arzt mir empfohlen hat, viel an die frische Luft zu gehen …«
    Man begrüßte einander herzlich, dann fragte die Gräfin Frau Desforges:
    »Sie nehmen eine neue Zofe?«
    »Nein«, erwiderte Henriette erstaunt. »Wieso?«
    »Ach, ich habe da im Vorzimmer ein junges Mädchen gesehen…«
    Henriette

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